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WhatsApp leitet Kontaktdaten aus der Telefonliste an Unternehmenssitz weiter (Foto: fgnopporn/Fotolia.com)
Datenschutz

AG Bad Hersfeld: Jeder WhatsApp-Nutzer begeht Rechtsverstoß

ESV-Redaktion Recht
29.06.2017
WhatsApp ist wohl der beliebteste Messenger für Smartphones. Allerdings ist dessen Einsatz rechtlich umstritten. Betrafen diese Schwierigkeiten bisher vor allem den Anbieter der App, so hat das Amtsgericht Bad Hersfeld nun die Verantwortung eines Privatnutzers in den Fokus gerückt.
Wer WhatsApp in seinem Smartphone einsetzt und den AGB zugestimmt hat, leitet regelmäßig die Telefonnummern aus seiner Kontaktliste an den Sitz des Messenger-Dienstes nach Kalifornien weiter. So auch der 11-jährige Sohn einer  Mutter, die sich in einem Sorgerechtsstreit befand. Dabei entschied das Amtsgericht (AG) Bad Hersfeld auch über die Smartphone-Nutzung des Jungen und verpflichtete dessen Mutter dazu, die Smartphone-Nutzung ihres Kindes im Rahmen ihrer elterlichen Sorge zu kontrollieren. Der Sohn hatte das Smartphone zum Geburtstag bekommen und dieses exzessiv genutzt.

Konkret muss die Mutter von allen Personen, deren Telefonnummern sich aktuell im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes befinden, entsprechende schriftliche Zustimmungserklärungen einholen.

Auf dem Gerät waren über 20 Kontakte von Familienangehörigen, Mitschülern, Freunden und Nachbarskindern gespeichert. Den Geschäftsbedingungen von WhatsApp zufolge ist die Nutzung dieser Daten aber erst ab dem 13. Lebensjahr gestattet.

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AG Bad Hersfeld: Weiterleitung von Kontaktdaten an WhatsApp unzulässig

Nach Ansicht des Gerichts begeht jeder Nutzer der App einen Rechtsverstoß, weil über sein Gerät Daten ohne Zustimmung an Dritte weitergeleitet werden. Hierdurch werde das Recht der Kontaktdateninhaber auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, das als Teil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch das BGB geschützt ist. Damit, so das Gericht weiter, wären auch Abmahnungen möglich, die ihre konkrete Grundlage in den §§ 823 und 1004 BGB haben.
  • Jeder, der also WhatsApp auf seinem Smartphone installiert hat, würde dieser Rechtsauffassung zu Folge gegen deutsches Recht verstoßen, und zwar unabhängig davon, ob die Weitergabe der Daten vorsätzlich oder fahrlässig erfolgte.
  • Zwar wurden die Daten der Mutter nicht von ihrem Smartphone weitergeleitet, dennoch hat das Gericht eine Aufsichtspflicht der Mutter gegenüber ihrem Sohn angenommen, gegen die sie verstoßen habe. 
Quelle: Beschluss des AG Bad Hersfeld vom 20.03.2017 - Az: F 111/17 EASO

Standpunkt: Argumentation des AG Bad Hersfeld nicht zwingend (Assessor jur. Bernd Preiß)
Die Argumentation des AG Hersfeld erscheint nicht zwingend. Gegen die Auffassung des Gerichts sprechen folgende Gründe:
  • Auch die Handlungsfreiheit des WhatsApp-Nutzers ist grundrechtlich geschützt
  • Abwägung erforderlich: Handlungsfreiheit gegen informationelles Selbstbestimmungsrecht
  • Grundentscheidung hierzu im BDSG?
  • BDSG erlaubt Nutzung personenbezogener Daten durch Privatpersonen
Lesen Sie mehr dazu in unserem Spezialbeitrag auf DATENSCHUTZdigital.de

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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht