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BVerfG äußert sich zur Befristung von Arbeitsverträgen (Foto: Klaus Eppele und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht 23/2018

Neues aus Karlsruhe, Kassel, Hamm und Hamburg

ESV-Redaktion Recht
15.06.2018
BVerfG in Karlsruhe kippt Rechtsprechung des BAG zu Kettenarbeitsverträgen. Wann eine Alzheimerkrankheit, die zu Sehverlust führt, einen Anspruch auf Blindengeld begründen kann, hat das BSG entschieden. Weitere Entscheidungen betreffen die Haftung bei Verkehrsunfällen mit Straßenbahnen und die Mietpreisbremse in Hamburg.

BVerfG kippt Rechtsprechung des BAG zu Kettenarbeitsverträgen

Nach einem aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dürfen Arbeitsverträge nicht mehrmals sachgrundlos befristetet werden. Vorangegangen waren mehrere Klagen auf Entfristung von Arbeitsverträgen. In den Streitfällen beriefen sich die Kläger gegenüber ihren jeweiligen Arbeitgebern darauf, dass die jeweils zuletzt vereinbarten sachgrundlosen Befristungen ihrer Arbeitsverhältnisse unwirksam wären.

Das Arbeitsgericht Bamberg, das Landesarbeitsgericht Nürnberg und auch das Bundesarbeitsgericht wiesen die Klage des betreffenden Beschwerdeführers dennoch ab. In einem weiteren Verfahren legte das ArbG Braunschweig diese Frage dem BVerfG vor. Vor allem nach Auffassung des BAG ist eine Befristung zulässig, wenn die letzte Beschäftigung länger als drei Jahre zurückliegt. Diese Auffassung teilte der 1. Senat des BVerfG nicht. Danach bleiben wiederholte befristete Arbeitsverhältnisse ohne sachlichen Grund unzulässig. Dem Senat zufolge ist das gesetzlich verankerte Verbot einer längeren grundlosen Befristung verfassungsgemäß. Das BAG habe bei seiner Auslegung von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten, befanden die Verfassungshüter aus Karlsruhe.

Quelle: PM des BVerfG vom 13.06.2018 zum Beschluss vom 06.06.2018 – AZ: 1 BvL 7/14, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 - Beschluss des BVerfG

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BSG: Auch Alzheimerkrankheit, die zu Sehverlust führt, kann Anspruch auf Blindengeld begründen

Dies hat der 9. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) aktuell entschieden. Danach führen sogenannte cerebrale Störungen grundsätzlich zur Blindheit im Rechtssinne, wenn der Betroffene aufgrund dieser Störung nichts mehr sieht, obwohl keine augenspezifische Sehstörung nachweisbar ist. Die Klägerin ist aufgrund ihrer Alzheimer-Demenz schwerst hirngeschädigt. Sie kann Sinneseindrücke nicht mehr kognitiv verarbeiten und hat keine visuelle Wahrnehmung mehr. Dennoch lehnte die zuständige Behörde ihren Antrag auf Blindengeld ab. Die hiergegen gerichtete Klage war vor dem Landessozialgericht Bayern allerdings erfolgreich, woraufhin der Freistaat Bayern jedoch in Revision ging.

Das BSG teilte die Auffassung des Freistaates nicht. Danach greift der sogenannte Einwand der anspruchsvernichtenden Zweckverfehlung des Blindengeldes erst dann, wenn aufgrund der Eigenart des Krankheitsbildes gar kein blindheitsbedingter Aufwand entstehen kann. Ob ein solcher Ausschlussgrund vorliegt, muss nun die Vorinstanz neu prüfen. 

Quelle: PM des BSG vom 14.06.2018 zur Entscheidung vom selben Tag – AZ: B 9 BL 1/17 R

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OLG Hamm zur Haftung bei Straßenbahnunfall

Straßenbahnen haben auch dann Vorrang, wenn die Ampel für eine Fahrspur, die über Schienen führt, auf grün zeigt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) kürzlich entschieden und damit die Schadensersatzklage eines Pkw-Fahrers abgewiesen. Der Kläger fuhr im November 2015 mit seinem Pkw auf der Artur-Ladebeck-Straße in Bielefeld in Richtung Innenstadt und wollte mit einem sogenannten U-Turn wenden. Hierfür musste er auf einer Linksabbiegerspur Straßenbahngleise überfahren, die sich in der Straßenmitte befanden und fuhr bei Grün in den Gleisbereich ein. Dabei erfasste ihn eine Straßenbahn, die aus der gleichen Richtung kam. Aufgrund des Unfalls wurde das Fahrzeug des Klägers beschädigt. Der Kläger erlitt erhebliche Verletzungen.

Das OLG sah in dem Unfallhergang keinerlei Verschulden der Verkehrsbetriebe oder des Straßenbahnfahrers. Auch auf eine Änderung der Ampelphasenschaltung hätten die Verkehrsbetriebe nicht hinwirken müssen. Ebenso sei die zum Zeitpunkt des Unfalls vorhandene Ampelphasenschaltung – Grün für Linksabbieger, die die Schienen kreuzen und ebenfalls Grün für die Straßenbahn – rechtlich zulässig. Bei einer derartigen Ampelphasenschaltung greife der Vorrang zu Gunsten der Schienenbahn. Dieser, so das Gericht, würde auch gegenüber Linksabbieger gelten, der bei Grün abbiegen will. Auch Verkehrsverstöße des beklagten Straßenbahnfahrers konnte das OLG nicht feststellen. Danach ergab sich aus der Beweisaufnahme, dass der Kläger sein Fahrzeug zu einem Zeitpunkt auf das Gleisbett gelenkt hatte, als die Straßenbahn schon so nah war, das sein Anhalten nicht mehr war.

Quelle: PM des OLG Hamm vom 13.06.2018 zum Urteil vom 13.04.2018 – AZ: 7 U 36/17

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LG Hamburg: Mietpreisbremse in Hamburg gilt nicht für Mietvertrag aus 2015

Dies hat das Landgericht (LG) Hamburg aktuell entschieden. In dem Streitfall ging es um einen Mietvertrag, der am 01.09.2015 geschlossen wurde. Die vereinbarte Nettokaltmiete betrug 14,01 Euro pro qm. Nach Auffassung klagenden Mieters hätte der Vermieter aufgrund der auch in Hamburg geltenden Mietpreisbremse zu Beginn des Mietverhältnisses aber nur eine Miete verlangen dürfen, die die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigt. Danach hätte der maximale Mietzins lediglich 9,63 Euro pro qm betragen dürfen. Den Differenzbetrag verlangte der Kläger vom beklagten Vermieter zurück. Die Mietpreisbremse richtet sich in Hamburg nach § 556d ff. BGB in Verbindung mit der Hamburger Mietpreisbegrenzungsverordnung, veröffentlicht im HmbGVBl. 2015, 122. Diese Verordnung hatte die Stadt Hamburg am 23.06.2015 erlassen und kurz darauf veröffentlicht.

Nach Auffassung des LG machte die Stadt ihre Mietpreisbegrenzungsverordnung entgegen den Vorgaben des Bundesgesetzgebers aber ohne Begründung bekannt. Dies hatte zur Folge, dass die Mietpreisbegrenzung in Hamburg nicht wirksam wurde. Spätere Veröffentlichungen zur Mietpreisbegrenzung – wie die am 01.09.2017 veröffentlichte Bekanntmachung der Begründung des Senats – hätten diesen Mangel allenfalls für die Zukunft geheilt. Eine Rückwirkung auf den früher geschlossenen Mietvertrag habe die später veröffentlichte Bekanntmachung jedoch nicht, so Hamburger Richter.

Quelle: PM des OLG Hamburg vom 14.06.2018 zum Urteil des LG Hamburg vom selben Tag – AZ: 333 S 28/17

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht