„Wasserskisportclub“: Alle Vokale in alphabetischer Reihenfolge
Aussprache lehren und lernen
Der Verlauf und die erreichte Kompetenz beim Erwerb der Aussprache sind von verschiedenen Faktoren abhängig, die sich zum einen aus der Lernsituation und Gruppenspezifik und zum anderen aus den individuellen und sprachlichen Voraussetzungen der Lernenden ergeben. Betrachten wir zuerst einige wichtige Aspekte der Lernsituation.DaF oder DaZ?
Beim Spracherwerb unterscheidet man zwischen Fremd- und Zweitsprache, obwohl häufig das Kürzel L2 für beide Formen verwendet wird. Die Unterscheidung zwischen Deutsch als Fremdsprache (DaF) und Deutsch als Zweitsprache (DaZ) erfolgt üblicherweise auf Basis der kommunikativen Funktion der Sprache, des Lernortes und des Grades der institutionellen Steuerung. Wer innerhalb des deutschen Sprachraums Deutsch erwirbt, hat natürlich einen höheren sprachlichen Input und zahlreiche Gelegenheiten, mit Erstsprachlern zu kommunizieren, was dem Erwerb zuträglich ist.
Aus der Lernsituation ergeben sich auch Unterschiede in der Zusammensetzung von Lerngruppen: Lehrende in anderen Ländern haben meist mit sprachlich recht homogenen Gruppen zu tun und können sich auf die spezifischen Ausspracheprobleme bei Lernenden mit einer gemeinsamen Erstsprache konzentrieren. Im deutschsprachigen Raum stehen Lehrende häufig vor dem Problem, sehr unterschiedliche Erstsprachen in einer Gruppe vorzufinden, und müssen Übungen anbieten, mit denen sie allen Lernenden gerecht werden.
Die Rolle des Unterrichts
Wird Deutsch im institutionellen Rahmen gelernt, haben die Lehrperson, das gewählte Lehrwerk und die Vermittlungsmethoden Einfluss auf den Erfolg des Ausspracheerwerbs. Wichtig ist zuallererst, dass überhaupt Aussprachetraining stattfindet. Im Rahmen des kommunikativen Ansatzes werden Wortschatz und Grammatik von den Lernenden in gesteuerten kommunikativen Kontexten üblicherweise selbst „entdeckt“ und angeeignet.Es ist aber nicht selbstverständlich, dass Lernende ohne explizite Anleitung Lautkontraste und prosodische Strukturen wahrnehmen und produzieren. Diese Kontraste und Strukturen müssen ihnen bewusst gemacht werden, und gerade bei der Artikulation von Lauten brauchen sie konkrete Hinweise, wie sie ihre Lippen, Zunge und Kiefer bewegen müssen, um die gewünschten Laute zu erzeugen.
Hierbei spielt die Lehrperson eine entscheidende Rolle. Um beispielsweise die Stellung der am Sprechen beteiligten Organe (Artikulatoren) erklären zu können, muss sie selbst phonetisch geschult sein. Deutschlernende sollten sich an den Aussprachestandards des Deutschen orientieren, rezeptiv sollten auch unterschiedliche regionale Varianten eingesetzt werden.
Außerdem stellt die Lehrperson das sprachliche Vorbild für die Lernenden dar und sollte deshalb selbst eine möglichst standardnahe Aussprache beherrschen, also keine dialektgefärbte Aussprache verwenden. Die Lehrperson muss sich dessen bewusst sein und verstärkt andere sprachliche Vorbilder, zum Beispiel in Form von Hörtexten auf CDs, deutschsprachigem Radio, Fernsehen oder Videos, in den Unterricht einbringen. Auch die Unterrichtsmethoden sind ein wichtiger Einflussfaktor: Phonetikübungen müssen interessant und motivierend sein.
Starre Drillübungen nach dem Muster „Hör zu und sprich nach!“ sind für Lernende nicht motivierend, Phonetikübungen in Verbindung mit Musik, Bewegung, kreativen Darstellungsformen oder im Rahmen eines Unterrichtsprojekts, bei dem die Aussprache selber das Thema ist, sind spannend und wecken das Interesse an der Aussprache.
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Nicht zuletzt ist die Wahl der Unterrichtsinhalte entscheidend: Für die Verständlichkeit spielen im Deutschen neben Lautkontrasten, die für die Unterscheidung von Wortbedeutungen wichtig sind (z. B. die Vokale in Staat und Stadt) vor allem prosodische bzw. suprasegmentale Aspekte eine Rolle. Dazu gehören die Sprechmelodie (Intonation im engeren Sinne), der Rhythmus (die Anordnung betonter und unbetonter Silben in Äußerungen), die Akzentuierung und die Reduktion von nichtakzentuierten Silben in Wörtern und Sätzen sowie die im Deutschen sehr komplexe Silbenstruktur.
Verschiedene Studien haben danach gefragt, was effektiver ist: Das Einüben prosodischer Aspekte oder das Training einzelner Laute. Man hat herausgefunden, dass das Training der Prosodie die Verständlichkeit der Aussprache durch Erstsprachler viel stärker fördert. Die globale Sprachkompetenz der Lernenden wird dadurch insgesamt positiver wahrgenommen. Bei der Auswahl des Lehrwerks sollte dieser Aspekt bedacht werden.
Ausschnitt aus Fremdsprache Deutsch, Heft 55, Phonetik in der Unterrichtspraxis
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Die Ausgabe Phonetik in der Unterrichtspraxis der Zeitschrift Fremdsprache Deutsch erscheint Ende Oktober. Einige Zusatzartikel sowie Videomaterial finden Sie hier. Zu den Personen Silvia Dahmen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Englischen Seminar II der Universität zu Köln und Lehrbeauftrage am Institut für Linguistik (Phonetik). Ihre Schwerpunkte sind Phonetik und Phonologie des Deutschen und Englischen, Ausspracheinterferenzen bei DaF- und EaFLernenden, Didaktik und Methodik des Aussprachetrainings in Deutsch und Englisch; Promotion im Fach Phonetik. Ursula Hirschfeld ist Professorin für Phonetik am Seminar für Sprechwissenschaft und Phonetik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind Phonetik und Phonologie des Deutschen, kontrastive und angewandte Phonetik, Aussprachenormen und -varianten im Deutschen, Didaktik und Methodik des Aussprachetrainings in Deutsch als Fremdsprache. |
(ESV/Philologie)
Programmbereich: Deutsch als Fremdsprache