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Insolvenzanfechtung

BGH: Vorsätzliche Benachteiligung im Insolvenzrecht

ESV-Redaktion Recht
12.04.2016
Oft schweigen Schuldner lange auf Mahnungen. Manche wollen erst in einem gerichtlichen Vergleich ihre Verbindlickeit ratenweise begleichen. Für den Gläubiger kann dies die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach § 133 Abs. 1 InsO begründen.
Dies hat der 9. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 25.02.2016 (AZ: IX ZR 109/15) entschieden. Nach dieser Entscheidung konnte der spätere Insolvenzverwalter die Zahlungen des Schuldners zurückfordern. In dem betreffenden Verfahren hatte der klagende Insolvenzverwalter der Schuldnerin Zahlungen von insgesamt 4.500 Euro an die Beklagte nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO angefochten. Die Schuldnerin leistete diese erst nach einem gerichtlichen Ratenzahlungsvergleich. In der streitigen Verhandlung hatte sich die Schuldnerin nicht gegen die betreffende Forderung verteidigt.
 
Im Wortlaut: § 133 InsO - Vorsätzliche Benachteiligung
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

Laut dem Sachverhalt, der der BGH-Entscheidung zu Grunde liegt, beauftragte die Schuldnerin die Beklagte mit einem Materialtransport. Hierfür berechnete sie der Schuldnerin insgesamt einen Betrag von 16.195,70 Euro. Mehrfache Mahnungen der Beklagten blieben ohne Erfolg. Ein anschließend von der Beklagten eingesetztes Inkassounternehmen erwirkte nach einer weiteren erfolglosen Mahnung einen Mahnbescheid gegen die Schuldnerin. Das hieran anschließende streitige Verfahren endete mit einem Vergleich. Dabei erhob die Schuldnerin keinerlei Einwendungen gegen die streitgegenständliche Forderung.

Der Vergleich sah vor, dass die Schuldnerin die betreffende Forderung in monatlichen Raten zu je 1.500 Euro ausgleichen sollte. Insgesamt entrichtete die Schuldnerin 4.500 Euro an die Beklagte. Der Insolvenzverwalter der Schuldnerin nahm die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO auf Rückzahlung dieses Betrages in Anspruch. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Die Revision zum BGH hatte Erfolg und führte zur Verurteilung der Beklagten.

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Wann kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners

Einen wesentlichen Aspekt für die Kenntnis der Beklagten für die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und den Benachteiligungsvorsatz sahen die Karlsruher Richter auch darin, dass die Schuldnerin gewerblich tätig war. Die Beklagte hätte daher erkennen müssen, dass die Schuldnerin noch weitere Gläubiger hatte, deren Forderungen nicht vergleichbar bedient würden. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner besonders hartnäckige Gläubiger bevorzugen würden.

Wie lange hat diese Entscheidung Bestand?

Ob diese Entscheidung dauerhaft Bestand haben wird, erscheint jedoch fraglich. Das Insolvenzrecht wird gegenwärtig reformiert. Danach ist sehr zweifelhaft, ob Zahlungen, die auf Grund eines rechtskräftigen Titels erfolgen, noch angefochten werden können. 

Die Entscheidung im Volltext finden sie hier.     

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(ESV/bp)


Weiterführende Literatur   
Im juris PartnerModul Insolvenzrecht finden Sie die wichtigsten Werke zum Insolvenzrecht. Diese sind umfassend verknüpft mit Rechtsprechung, Gesetzen und Verordnungen von juris. Insgesamt enthält das Modul vier Kommentare zur Insolvenzordnung, darunter das traditionsreiche Standardwerk „Jaeger“. Neben der DZWIR sind zahlreiche weitere Zeitschriften in das Modul integriert. 


Programmbereich: Wirtschaftsrecht