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Digitale Forensik

28.02.2023
Die Zukunft der Verbrechensaufklärung. Von Dirk Labudde (mit Heike Vowinkel). Bastei Lübbe AG, Lübbe Sachbuch, April 2022, 240 Seiten, 16,99 Euro, ISBN 978-3-431-05032-5.
Wenn Wissenschaftler versuchen, populäre Bücher zu schreiben, kann das häufig schiefgehen. Ein Feld, was sich dafür allerdings besonders gut eignet, sind Verbrechen, ihre Aufklärung und Bekämpfung. Ein solches Buch ist nun von Dirk Labudde erschienen. Er ist Professor für Bioinformatik an der Hochschule Mittweida. Bekannt ist er einer breiten Öffentlichkeit, aber auch als Gutachter in zahlreichen spektakulären Kriminalfällen. Für sein populärwissenschaftliches Werk hat sich Labudde Hilfe für das Schreiben besorgt. Heike Vowinkel ist eine Journalistin. Ihr Wirken erkennt man am journalistischen Duktus des Buches, der für eine leichte Lesbarkeit sorgt. Auf wissenschaftliche Begrifflichkeit wird folgerichtig daher auch weniger Wert gelegt.

Forensik ist die Wissenschaft von den Spuren, also den Hinweisen, die man am Tatort findet und die Hinweise auf einen Täter liefern können. Methoden der Informatik finden dabei weite Anwendung. Allerdings wird der Anwendungsbereich zumeist auf Taten in der digitalen Welt beschränkt. Labuddes Spezialität ist aber die Anwendung der Methoden auf analoge Taten, also Diebstahl, Mord etc. Spektakulär, aber auch umstritten ist die Arbeit Labuddes im Goldmünzen-Prozess, dem Raub der Big-Maple-Leaf-Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum. Mithilfe eines virtuell modellierten Skeletts hat er die Übereinstimmung der Person auf einem Video mit dem Tatverdächtigen geprüft. Seine Methode wird von der Gegenseite als unwissenschaftlich bezeichnet. Im Buch gibt der Autor selbst starke handwerkliche Fehler zu. Bei der Verurteilung der Tatverdächtigen wurde das Gutachten nicht als beweiskräftig eingestuft. Interessant für den Compliance-Praktiker (und noch viel mehr für den Compliance-Wissenschaftler) sind an dieser Stelle die Aussagen zur Kommunikation. Der Autor führt aus, wie ein Freund, der die Gerichtsverhandlung verfolgt hat, ihm die Gründe für das Scheitern seines Gutachtens schildert: „Die Ausdrucksweise ist zu kompliziert, zu technisch.“ Diese Aussage kann man sicher auch auf alle internen Compliance-Dokumente und Gutachten übertragen. Auch hier ist es wichtig, Begriffe zu erklären, die Chancen und Grenzen von verwendeten Methoden ausführlich darzustellen.

Neben spektakulären eigenen Fällen geht der Autor auch auf die Gefahren neuer Technologien ein. Insbesondere die Gesichtserkennung ist dabei problematisch. Zwar würde sie erhebliche Chancen bei der Auswertung von Videomaterial bei der Strafverfolgung bieten, allerdings sind die Risiken durch zu große Kontrollen zu stark.

Insgesamt ein interessantes Buch, dass immer wieder die Chancen und Risiken der digitalen Forensik in spannenden Fallstudien darstellt. An der ein oder anderen Stelle gibt es Erkenntnisse, die auch für den betrieblichen Alltag in der Revision und im Compliance-Management relevant sind.

Prof. Dr. Stefan Behringer, Hochschule Luzern

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Ausgabe 6/2022

Programmbereich: Management und Wirtschaft