Geht es - wie bei Abmahnungen - nicht um die Teilnahme an einem Wettbewerb und erfolgen die Zahlungen nicht für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses, ist die mögliche Ungewissheit einer Zahlung nicht geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben.
Die Klägerin des Urteilsfalls, eine Tonträgerherstellerin, ließ mit Hilfe einer beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Personen abmahnen, die Tonaufnahmen im Internet rechtswidrig verbreitet hatten. Gegen Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Zahlung von pauschal 450 Euro (netto) bot sie an, von der gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche abzusehen. Sie ging dabei davon aus, dass die erhaltenen Zahlungen als Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzungen anzusehen seien und daher keine Umsatzsteuer anfalle. Die ihr von der Rechtsanwaltskanzlei in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zog sie gleichzeitig als Vorsteuer ab.
Das Finanzamt hingegen war der Auffassung, dass das von der Klägerin durch die Kanzlei betriebene Abmahnverfahren zu einem Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Rechtsverletzer führe und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage teilweise statt. Es entschied, dass die Abmahnungen der Rechtsverletzer durch die Klägerin nicht umsatzsteuerbar seien. Allerdings sei im Gegenzug der Vorsteuerabzug aus den Leistungen der beauftragten Kanzlei zu versagen.
Abmahnung zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs ist eine umsatzsteuerpflichtige Leistung
Der BFH folgte dem indes nicht und hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Das Finanzgericht habe die Abmahnungen zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs zu Unrecht als nicht steuerbar angesehen. Im Gegenzug sei der Klägerin der Vorsteuerabzug zu gewähren. Die Klage sei deshalb abzuweisen.Aktuelle Meldungen |
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Abmahnung zur Vermeidung eines kostspieligen Rechtsstreits auch im Interesse des Rechtsverletzers
Die Richter des Bundesfinanzhofs stellen in ihrer Entscheidungsbegründung klar, dass - unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung durch die Beteiligten und der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage – Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs als umsatzsteuerpflichtige Leistungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Abmahner und den von ihm abgemahnten Personen zu qualifizieren sind. Die Abmahnung erfolge, so der BFH weiter, zumindest auch im Interesse des jeweiligen Rechtsverletzers, weil er die Möglichkeit erhalte, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dies sei als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen. Für das Ergebnis sei es unerheblich, dass im Zeitpunkt der Abmahnung nicht sicher festgestanden habe, ob die Abmahnung erfolgreich sein werde: Auch wenn ungewiss sei, ob die abgemahnte Person ein Rechtsverletzer sei und zahlen werde, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung als sonstige Leistung und der dafür erhaltenen Zahlung.BFH überträgt Rechtsprechung zu Abmahnungen nach dem UWG auf Abmahnung nach dem UrhG
Mit dieser Entscheidung überträgt der BFH seine ständige Rechtsprechung zu Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Abmahnungen nach dem Urheberrechtsgesetz. Zwar handele es sich beim verletzten Urheberrecht um ein absolutes und individuelles Recht, bei dem - aufgrund der konkreten Rechtsverletzung - die Ermittlung des Verletzers, der nicht immer der Anschlussinhaber ist, aufwändiger sein mag. Allerdings unterschieden sich Abmahnschreiben bei einem Wettbewerbsverstoß und bei einer Urheberrechtsverletzung in ihrem wesentlichen Inhalt nicht. Die Abmahnung diene in beiden Fällen insofern den gleichen Zwecken, als mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Möglichkeit eröffnet werde, einen Prozess zu vermeiden, und der Kostenerstattungsanspruch auf einer (spezialgesetzlich kodifizierten) Geschäftsführung ohne Auftrag gründe.Quelle: PM des Bundesfinanzhofs Nr. 28/2019 vom 08.05.2019
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(ESV/fl)