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Der Weiterverkauf von Sofware - erlaubt ist dies nur mit dem Originaldatenträger (Foto: destina/Fotolia.com)
Weiterverkauf von Sicherungskopien

EuGH: Verkauf gebrauchter Software nur mit Original-CD erlaubt

ESV-Redaktion Recht
09.11.2016
Wer Software auf einem Originaldatenträger erwirbt, darf diese ohne Zustimmung des Rechteinhabers nur mit dem Originaldatenträger weiterverkaufen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 12.10.2016 entschieden. Das Urteil wirft allerdings Fragen auf.
Laut dem Sachverhalt, der dieser Entscheidung zugrunde liegt, hatte sich Microsoft gegen Geschäfte zweier Letten gewehrt. Diese hatten im Jahr 2004 auf einem Onlinemarktplatz einige tausend Sicherungskopien von verschiedenen Microsoft-Programmen verkauft. Die Originaldatenträger sollen nach den Angaben der beiden Letten verlorengegangen oder beschädigt worden sein.

Verletzt der Weiterverkauf der Sicherungskopien Urheberrechte?

Der Fall ging durch alle Instanzen. Das lettische Ausgangsgericht verurteilte die beiden Männer wegen Urheberrechtsverletzungen. Schließlich gelangte der Fall zum EuGH. Die Richter aus Luxemburg sollten klären, ob der Weiterverkauf der Sicherungskopien Urheberrechte an den Computerprogrammen verletzt, wenn der Originaldatenträger der Software beschädigt oder vernichtet wurde. Dabei stellt sich die Frage, ob ein Verbot des Weiterverkaufs eine unzulässige Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit ist.

EuGH: Erlaubt ist nur der Verkauf mit Originaldatenträger

Der EuGH entschied, dass die Kopie einer Software, die auf einem originalen körperlichen Datenträger erworben wird, sowohl vom Ersterwerber als auch von allen weiteren Erwerbern weiterveräußert werden darf. Dies ist allerdings u.a. an folgende Voraussetzungen geknüpft:
  • Der Ersterwerb der Software mit dem Original-Datenträger ist mit einer zeitlich unbegrenzten Nutzungslizenz verbunden.
  • Der Ersterwerber muss dem Zweiterwerber auch den Originaldatenträger aushändigen.
In diesem Fall könne der Urheberrechtsinhaber dem Weiterverkauf der Originalkopie aufgrund des Erschöpfungsgrundsatzes nicht widersprechen, so der der EuGH.

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Die Regelungen zur Anfertigung von Sicherungskopien sehen die Richter aus Luxemburg als eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht des Urheberrechtsinhabers an, die deswegen eng auszulegen sei. Sicherungskopien hätten den Sinn, die weitere Benutzung der Software zu sicherzustellen. Daher dürfe die Sicherungskopie nicht zum Zweck des Weiterverkaufs des gebrauchten Computerprogramms verwendet werden. Dies gelte auch dann, wenn der Originaldatenträger des Programms beschädigt oder zerstört worden ist.

Der Erschöpfungsgrundsatz

Die Entscheidung erscheint auf den ersten Blick nachvollziehbar. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese Rechtsprechung mit dem Erschöpfungsgrundsatz vereinbar ist. Gesetzlich geregelt ist dieser in Art. 4 der Richtlinie 2009/24. Seine deutsche Umsetzung findet dieses Prinzip in Art. § 69c UrhG.

Im Wortlaut: § § 69c UrhG - Zustimmungsbedürftige Handlungen
Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten:
  1. ..
  2. ..
  3. jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung. Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in Bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts;
  4. ..

Sind Werke oder deren Vervielfältigungsstücke mit Zustimmung des Urhebers in den Verkehr gebracht worden, hat der Urheber später nicht mehr das Recht zu bestimmen, welchen weiteren Weg die Werke nehmen. Der rechtmäßige Erwerber kann also ohne Zustimmung des Urhebers entscheiden, ob und wem er das Werk weiterverkauft oder verschenkt. 

Der Gedanke dahinter ist der, dass der Urheber durch die Erstveräußerung wirtschaftlich hinreichend am Erfolg seines Werkes partizipiert hat. Für die Weiterveräußerung ist er daher insoweit nicht mehr schutzbedürftig.

Widersprüche und offene Fragen

  • Zwar bezieht sich der Erschöpfungsgrundsatz dem Wortlaut nach auf das konkrete Werkstück oder das Vervielfältigungsstück. Unabhängig von der Frage, ob mit dem Vervielfältigungsstück auch Sicherungskopien gemeint sein können, hat der EuGH diese Begrifflichkeit in seinem Used-Soft-Urteil vom 03.07.2012 (C-128/11) selber aufgeweicht. 
  • Danach gilt der Erschöpfungsgrundsatz auch beim Onlinevertrieb von Software. Hierbei gibt es keinen Originaldatenträger. Wird nach der obigen Entscheidung ein Lizenzvertrag abgeschlossen, der dem Käufer den Download der Software gestattet, so erhält der Käufer das Recht, seine Nutzungsrechte in vollem Umfang weiter zu veräußern. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass der Erstkäufer seine Programmkopie nicht mehr verwendet oder löscht.
  • Der EuGH hat in dieser Entscheidung ausdrücklich betont, dass eine unbefristete Überlassung einer Software durch die rechtliche Trennung in Lizenzvertrag und Download nicht anders zu sehen sei als der Kauf einer materiellen Kopie. Der Verkaufsbegriff sei im Sinne der Richtlinie und im Ziele der Harmonisierung unionsrechtlich einheitlich zu interpretieren.
  • Unbestritten erwirbt der Ersterwerber auch beim Kauf eines Computerprogramms in Form eines Datenträgers ein zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht, und zwar losgelöst von der Verkörperung der Software auf dem Datenträger. 
  • Ist Microsoft also wirtschaftlich wirklich schlechter gestellt, wenn der Weitervertrieb der Sicherungskopie zulässig wäre? Diese Frage stellt sich jedenfalls dann, wenn der Erstwerber wirksam einen Lizentschlüssel erworben hat und der Originaldatenträger tatsächlich defekt ist.

EuGH-Urteil vom 12.10.2016 - Az. C-166/15

Weiterführende Literatur
Das Berliner Handbuch Urheberrecht, herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Marcel Bisges, bietet eine umfassende Darstellung des Urheberrechts. Dabei geht das Werk vor allem auf die Aspekte ein, die für die Praxis wesentlich sind. Besonders hervorzuheben sind die digitalen Verwertungsmöglichkeiten. Zudem bezieht es die neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie die jüngste europäische Richtlinien-Gesetzgebung mit ein.

Das Buch Software- und Arbeitsverträge für die IT-Branche, Vertragsmuster mit Erläuterungen und Checklisten, herausgegeben von Sabine Sobola, Rechtsanwältin und Gerhard Dobmeier, Rechtsanwalt, ist für Führungskräfte und Entscheidungsträger der IT-Branche konzipiert. Es wird besonderer Wert auf eine praxisnahe Darstellung der relevanten Probleme gelegt. Jedem Vertragsmuster ist ein konkreter Beispielsfall vorangestellt, um den Anwendungsbereich aufzuzeigen. Checklisten und Erläuterungen geben dem Praktiker Hilfen zum Verständnis einzelner Klauseln, deren Änderungsmöglichkeiten und Grenzen.

 (ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht