
Governance im öffentlichen Sektor deutlich ausbaufähig
Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von PwC Deutschland und der Zeppelin Universität Friedrichshafen, die am 8.9.2022 auf der Tagung „Zukunftssalon Public Corporate Governance“ vorgestellt wurde.
Demnach erfüllt keiner der untersuchten Kodizes alle einschlägigen Anforderungen hinsichtlich international anerkannter Governance-Standards. Entsprechenserklärungen seien kaum auffindbar. Regelungen zu Governance-Systemen wie Risikomanagementsystem, Internes Kontrollsystem und Compliance-Management-System seien oft nicht vorhanden. Offenbar seien diese Systeme häufig nicht eingerichtet oder würden nicht umfassend gelebt, resümieren die Studienautorinnen und -autoren.
Dennoch seien die untersuchten Kodizes „trotz des eindeutigen Nachbesserungsbedarfs ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagt Marco Galioto, Partner Öffentlicher Sektor bei PwC. Denn obwohl PCGKs sowohl in der Gesamtkonzeption als auch in der Umsetzung der Public Corporate Governance eine besondere Rolle spielten, verfügten von den mehr als 2.000 deutschen Gebietskörperschaften bislang nur rund 60 tatsächlich über einen entsprechenden Kodex. Nach Einschätzung von Björn Blischke, Director Öffentlicher Sektor bei PwC, ist die Einführung neuer PCGKs oder die Evaluierung bestehender Regelwerke angesichts der aktuellen Krisenlage ein wichtiges Instrument, um eine reflektierte Führungskultur zu fördern.
Qualitätsdefizite bei Entsprechenserklärungen
Ein besonderer Schwerpunkt des PCGK-Reports 2022 liegt auf der repräsentativen Analyse der Umsetzungsqualität des Comply-or-explain-Prinzips. Dies besagt, dass Empfehlungen des PCGK grundsätzlich befolgt (comply), erforderliche Abweichungen explizit begründet (explain) und in Entsprechenserklärungen veröffentlicht werden. Vor allem kommunale Gebietskörperschaften tun sich damit jedoch schwer: Nur 38 Prozent der Städte oder Stadtstaaten stellen laut Studie entsprechende Erklärungen zur Verfügung. Dagegen sieht es auf Landes- und Bundesebene etwas besser aus: 55 Prozent der landeseigenen Gebietskörperschaft und jedes bundeseigene Unternehmen veröffentlicht Entsprechenserklärungen.
Allerdings weisen alle Entsprechenserklärungen Defizite hinsichtlich ihrer Struktur und Gestaltung auf: „Keine der analysierten Erklärungen erfüllt alle Qualitätsanforderungen“, so Marco Galioto. Außerdem würden öffentliche Unternehmen nur selten Abweichungsbegründungen formulieren und somit die Möglichkeit zur freiwilligen Stellungnahme zum PCGK kaum nutzen.
„Es stellt sich die Frage, inwieweit das Thema Public Corporate Governance in den öffentlichen Unternehmen überhaupt angemessen reflektiert wird“, gibt Björn Blischke zu bedenken. Um zu einer nachhaltigen Entwicklung im öffentlichen Sektor beizutragen, soll der PCGK-Report in den kommenden Jahren weiter fortgeschrieben werden. Eine verantwortungsvolle Steuerung öffentlicher Unternehmen sei für Staat und Gesellschaft auf allen föderalen Ebenen von besonderer Bedeutung. Ein PCGK biete wichtige Instrumente, um in Bund, Ländern und Kommunen die Weichen für eine transparente und regelkonforme Unternehmenssteuerung zu stellen.
Die vollständige Studie hat PwC hier veröffentlicht.
(ESV/fab)
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Strategisches Handeln in der öffentlichen VerwaltungAutor: Prof. Dr. Thomas DeelmannAktionismus und Durchwursteln, so scheint es manchmal, sind die beiden vornehmlichen Handlungsmuster in öffentlichen Verwaltungen. Ersterer setzt oft dann ein, wenn unerwartetes Ungemach droht oder negative Effekte plötzlich bemerkbar werden, Letzteres ist zu fast allen anderen Zeiten zu beobachten.
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