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Urheberrechtsverletzung: Access-Provider haftet grundsätzlich als Störer (Foto: karandaev/Fotolia.com)
Urheberrecht

Access-Provider können grundsätzlich haftbar gemacht werden

ESV-Redaktion Recht
11.12.2015
Der Anbieter von Internetzugängen kann in Ausnahmefällen dazu verpflichtet werden, den Zugang zu urheberrechtswidrigen Inhalten zu sperren. Das hat der Bundesgerichtshof mit zwei Urteilen entschieden. Doch die Anforderungen sind hoch.
Geklagt hatte im ersten Fall (I ZR 3/14) die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) gegen Deutschlands größtes Telekommunikationsunternehmen, das als Internetdienstanbieter (Access-Provider) seinen Kunden Zugang zu einer Seite mit urheberrechtswidrigen Inhalten verschafft hat.

Im zweiten Fall (I ZR 174/14) hatten Tonträgerhersteller geklagt. Die Beklagte betreibt ein Telekommunikationsnetz, über das Kunden einen Zugang zum Internet erhalten und damit auf eine Website mit urheberrechtswidrigen Inhalten zugreifen können. In beiden Fällen hatten die Kläger die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in beiden Verfahren die Revision zurückgewiesen.

Provider-Haftung bei adäquat-kausalem Tatbeitrag


Laut BGH können Rechteinhaber einen Access-Provider grundsätzlich darauf in Anspruch nehmen, den Zugang zu solchen Internetseiten zu unterbinden, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. Der Access-Provider haftet als Störer auf Unterlassung, wenn er willentlich und adäquat-kausal dazu beiträgt, ein geschütztes Rechtsgut zu verletzen und dabei zumutbare Prüfungspflichten vernachlässigt. Nach dem Urheberrecht ist es möglich,  Sperranordnungen gegen Access-Provider zu verhängen. Das deutsche Recht muss vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG richtlinienkonform ausgelegt werden. Durch den Zugang zu Internetseiten mit urheberrechtswidrigen Inhalten war in den verhandelten Fällen der notwendig adäquat-kausale Tatbeitrag des Access-Providers zu den Rechtsverletzungen gegeben.

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Sperrung durch Access-Provider verlangt Prüfung


Vor der Sperrung der betreffenden Internetseite muss jedoch eine Zumutbarkeitsprüfung stattfinden. Bei dieser erforderlichen Prüfung müssen die einschlägigen EU-rechtlichen und nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Rechteinhaber, die Berufsfreiheit des Access-Providers sowie die Informationsfreiheit und die informationelle Selbstbestimmung der Internetnutzer abgewogen werden. Demnach ist eine Sperrung dann zumutbar, wenn ausschließlich urheberrechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite angeboten werden oder wenn insgesamt die rechtswidrigen Inhalte die rechtmäßigen überwiegen. Das war in den vorliegenden Fällen gegeben. Selbst bestehende Umgehungsmöglichkeiten machen eine Sperranordnung zumutbar, sofern durch die Sperrung der Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindert oder zumindest erschwert wird.

Prinzipiell haftet der Seitenbetreiber


Bevor jedoch der Access-Provider als Störer haftet und Internetseiten mit urheberrechtswidrigen Inhalten zu sperren hat, muss der Rechteinhaber in zumutbarer Weise versucht haben, gegen diejenigen vorzugehen, die die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder geholfen haben, sie zu begehen. Denn der Seitenbetreiber und der Hosting-Provider, der den Webspace anbietet, sind näher an der Rechtsverletzung als das Unternehmen, das lediglich den Zugang zum Internet ermöglicht. Erst wenn die Ermittlung des Rechteverletzers erfolglos verlaufen ist und somit ein Vorgehen gegen ihn scheitert, kann der Access-Provider als Störer in Anspruch genommen werden, damit keine Rechtsschutzlücke entsteht. In den vorliegenden Fällen hatten die Kläger aber versäumt, Nachforschungen in zumutbarem Umfang vorzunehmen. Allein die Feststellung, dass die Adressen des Seitenbetreibers sowie des Hosting-Providers falsch sind, genügte nicht. Vielmehr hätten die Kläger weiter nachforschen müssen, etwa mithilfe eines Unternehmens, das bei rechtswidrigen Angehboten im Internet ermittelt.

Folgen für W-LAN-Anbieter


Bieten Hotels, Cafés, Kaufhäuser usw. kostenfreies, unverschlüsseltes W-LAN an, zählen auch sie zu den Access-Providern. Deshalb müssen auch sie sich nach derzeitiger Rechtslage der Verantwortung stellen, wenn über ihre Systeme Urheberrechtsverletzungen begangen werden und die obigen Voraussetzungen gegeben sind. Ein Haftungsrisiko besteht dann, wenn der Betreiber nach einer konkreten Aufforderung durch den Rechteinhaber keine Sperre einrichtet. (ESV/bm)

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Literaturhinweise

Der Berliner Kommentar TKG berücksichtigt alle einschlägigen Rechtsentwicklungen im Telekommunikationsgesetz und bereitet sie auf Grundlage der aktuellen Entscheidungspraxis der Bundesnetzagentur und der Gerichte praxisorientiert und anschaulich auf.

Mit dem Werk „WLAN und Recht “ zeigen die Autoren Dr. Thomas Sassenberg und Dr. Reto Manz die je nach Betreibermodell entstehenden Rechtsfragen und daraus resultierende Handlungsoptionen. Nach einer allgemeinen und einer technischen Einführung werden die aus dem Telekommunikationsrecht für den Betreiber folgenden Anforderungen dargelegt.


Programmbereich: Wirtschaftsrecht