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Keine Kostenübernahme für Nachhilfe ohne günstige Lernprognose (Foto: Kristian Sekulic/Fotolia.com)
Sozialrecht

LSG Baden-Württemberg: Kein Anspruch auf Lernförderung durch das Jobcenter

ESV-Redaktion Recht
15.06.2016
Bezieher von Leistungen nach ALG-2 haben zwar grundsätzlich einen Anspruch auf die Übernahme von Kosten für Nachhilfeunterricht. Die Lernförderung muss aber dazu geeignet sein, die wesentlichen Lernziele zu erreichen. Hierüber hatte das LSG zu entscheiden.
An einer günstigen Lernprognose fehlte es in dem vorliegenden Fall, wie die Pressestelle des Landessozialgerichts Baden-Württemberg am 23.05.2016 mitgeteilt hat. Die Meldung weist auf einen Beschluss des Gerichts vom selben Tag hin (AZ: L 12 AS 1643/16 ER-B). Darin hatte das Gericht entschieden, dass eine 11-jährige Realschülerin keine Kosten für Nachhilfe vom Jobcenter beanspruchen kann.

Die Richter waren der Auffassung, dass die betreffende Schülerin auch mit Nachhilfe die Versetzung in die nächste Klassenstufe aller Wahrscheinlichkeit nicht schaffen wird. Somit hätten also die Voraussetzungen von § 28 Absatz 5 SGB II nicht vorgelegen.

Im Wortlaut: § 28 Absatz 5 SGB II 
Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.

Jobcenter lehnte Lernförderung ab

Nach einem schlechten Halbjahreszeugnis hatte die Mutter der Schülerin im Februar 2016 beim Jobcenter mehrere Anträge auf Bildung und Teilhabeleistungen in Form von Lernförderung gestellt. Diese hatte das Jobcenter abgelehnt. Die betreffende Schülerin stand u.a. in den Fächern Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaftliches Arbeiten auf der Note 5.

Das Sozialgericht Freiburg verpflichtete das Jobcenter in einem Eilverfahren dazu, der Schülerin Nachhilfe im Umfang von sechs Stunden pro Woche zu gewähren. Gegen diese Eilentscheidung hatte das Jobcenter Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben und eine ausführliche Stellungnahme der Lehrkräfte vorgelegt. Diese ging davon aus, dass eine Versetzung auch mit zusätzlicher Lernförderung nicht zu erwarten wäre. 

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Landessozialgericht folgt Argumenten des Jobcenters

Das Landessozialgericht gab daraufhin der Beschwerde des Jobcenters statt und hob die Entscheidung des Sozialgerichts auf.

Die Richter aus Stuttgart wiesen darauf hin, dass hin, dass eine Einzelfallprüfung unter Einbeziehung der Schule und der Lehrkräfte erforderlich ist. Abzustellen wäre dabei auf die wesentlichen Lernziele. Es müsse also zunächst untersucht werden, welche Defizite in versetzungsrelevanten Fächern vorliegen. Anschließend sei zu klären, ob und wie diese behoben werden können. Im vorliegenden Fall war die Prognose negativ. Die Einschätzung der Lehrer, nach der eine Versetzung auch unter erheblichem Nachhilfeaufwand nicht möglich gewesen wäre, hielt das Gericht für plausibel. 

Die betreffende Schülerin habe gravierende strukturelle Defizite, die auf eine grundsätzliche Überforderung beim Besuch einer höheren Schule schließen lassen. Somit wäre es angezeigt, dass die Schülerin in eine geeignetere Schulform wechselt. Einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für eine Lernförderung sah das Gericht deshalb nicht.

Pressemeldung des LSG Baden-Württemberg vom 23.05.2016

Weiterführende Literatur
Der bewährte Kommentar Sozialgesetzbuch (SGB) II: Grundsicherung für Arbeitsuchende, herausgegeben von Hauck/Noftz, versteht sich als Erläuterungswerk für die Praxis. Er wendet sich an Praktiker in der Sozialverwaltung und den Kommunen, an die Anwaltschaft, die Gerichte sowie an die Sozialpartner. Das Werk enthält alle notwendigen Informationen rund um die aktuellen Regelungen und zeigt die Zusammenhänge des SGB II zum übrigen Sozialrecht auf.
 
(ESV/bp)

Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung