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Altersgemischte Teamarbeit (Pressmaster - Fotolia)
Betriebliche Organisation

Altersgemischte Teamarbeit

Jürgen Wegge und Franziska Jungmann
15.07.2015
Altersgemischte Teams haben sowohl Vor- als auch Nachteile. Welche Faktoren solche Teams effektiver machen, haben die Autoren untersucht und darauf basierend ein Training konzipiert. Richtig umgesetzt fördert es die Arbeits-, Leistungsfähigkeit und Gesundheit in altersgemischten Produktionsteams.

Altersgemischte Teams haben sowohl Vor- als auch Nachteile, wobei letztere im Arbeitsleben wahrscheinlicher sind. Die neuere arbeits- und organisationspsychologische Forschung hat daher untersucht, welche Faktoren solche Teams effektiver machen. Wir fassen die aktuellen Befunde zusammen und stellen anschließend ein neues Training für den Produktionsbereich vor, das hierauf aufbaut. Es richtet sich an Führungskräfte und beschreibt klare Anforderungen an die alter(n)sgerechte Führung und Gestaltung der Arbeitsumgebung von jüngeren und älteren Mitarbeitern.

„Ich möchte, dass die Erfahrung und die Gelassenheit der Älteren eine Verbindung eingeht mit dem Ungestüm und der Neugier der Jugend. Und ich bin sicher: wo das gelingt, da kommt Gutes heraus.“
(Horst Köhler, dt. Bundespräsident a. D., Rede vom 25.12.2007, Berlin)

Altersgemischte Teamarbeit als Chance und als Problem

Folgt man der von einigem Optimismus getragenen Aussage des Bundespräsidenten, sollte man erwarten, dass die psychologische Forschung zur altersgemischten Teamarbeit überwiegend positive Effekte der Zusammenarbeit von „Jung und Alt“ in einem Team gefunden hat. Dem ist allerdings nicht so. In der wissenschaftlichen Forschung werden durchaus positive Effekte, z. B. mit Blick auf das Teamklima und die Leistung, berichtet. Allerdings überwiegen Studien, die keinerlei oder sogar negative Effekte der Altersheterogenität für verschiedene Aspekte der Gruppeneffektivität aufzeigen. Die Nachteile altersgemischter Teamarbeit sind auf Basis der Befunde, die bei realen Arbeitsgruppen gewonnen wurden, zudem wahrscheinlicher als die oft erhofften Vorteile. Potenzielle Nachteile altersgemischter Teamarbeit
können z. B. aufgrund von Konflikten als Folge unterschiedlicher Wert- und Moralvorstellungen sowie Arbeitsweisen Junger und Älterer entstehen, aber auch durch (hiermit verknüpfte) Vorurteile und soziale Kategorisierungs- bzw. Ausgrenzungsprozesse in Teams.

Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Altersunterschiede in einem Team eher positive oder eher negative Wirkungen auf die Gruppeneffektivität haben, wird daher in der aktuellen organisations- und sozialpsychologischen Forschung intensiv diskutiert, auch weil der demographische Wandel zu einer kontinuierlichen Zunahme Älterer bei der Arbeit und der Altersheterogenität in Arbeitssystemen führt.

Eine aktuelle Erkenntnis dieser Forschung ist z. B., dass „Gutes“ durch die Zusammenarbeit von Jung und Alt in einem Team eher dann entstehen kann, wenn die gemeinsam zu bewältigenden Aufgaben komplexere (geistige) Anforderungen stellen und nur mäßiger Zeitdruck bei der Aufgabenbearbeitung im Team besteht, so dass sich die größere Erfahrung und Gelassenheit der Älteren auch auszahlen können. Altersgemischte Teamarbeit wäre demnach insbesondere bei komplexeren, intellektuell anspruchsvollen Aufgaben zu empfehlen, nicht aber bei einfacheren Routineaufgaben.  Hier sind starke, negative Effekte für Leistung und Gesundheit gefunden worden. Bislang ist allerdings nur in Ansätzen empirisch untersucht worden, welche verschiedenen Faktoren für das Gelingen der Zusammenarbeit Älterer mit Jüngeren bei Gruppenarbeit besonders wichtig sind. In zwei Forschungsprojekten, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurden, standen diese Fragen im Mittelpunkt.

Im ersten Forschungsprojekt ADIGU (kurz für „Altersheterogenität von Arbeitsgruppen als Determinante von Innovation, Gruppenleistung und Gesundheit“) wurden als weitere Einflussfaktoren das Teamklima, die subjektive Wahrnehmung (Salienz) von Altersunterschieden im Team sowie die persönlichen Einstellungen gegenüber altersgemischter Teamarbeit (die Wertschätzung von Altersunterschieden) in zahlreichen Arbeitskontexten untersucht. Auch das individuelle Alter der Teammitglieder wurde als wichtiger Faktor aufgenommen und in den Analysen berücksichtigt. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der deutschen Erwerbsbevölkerung zeigten, dass jüngere (unter 30 Jahren) und ältere Personen (über 50 Jahren) mehr darunter leiden, in einem altersdiversen Team zu arbeiten, als dies bei mittelalten Personen (zwischen 30 und 50 Jahren) der Fall ist. Das zugrunde liegende theoretische Modell ist in Abbildung 1 (s. PDF) dargestellt und weiterführend dazu ist in Kasten 1 verdeutlicht, was dies für die Praxis altersgemischter Teamarbeit und das Management altersgemischter Teams bedeutet.

Faktoren der Effektivität altersgemischter Teamarbeit

Das Modell postuliert, dass Altersheterogenität in der Regel mit einer verringerten Gruppeneffektivität einhergeht, da die Altersvielfalt oft mit kontraproduktiven, emotionalen Konflikten im Team assoziiert ist. Der Zusammenhang zwischen der Altersheterogenität und den Konflikten wird dabei durch die Salienz (gedankliche Auffälligkeit) der Altersunterschiede vermittelt. Sobald Alter ein Thema wird (salient wird), drohen deutliche Nachteile fur die Kooperation im Team. Ob solche Nachteile entstehen, hangt von vier Bedingungen ab, die als bedeutsame Faktoren der Effektivität altersgemischter Teamarbeit im Modell aufgefuhrt sind. Die Arbeit in altersgemischten Teams sollte demnach effektiver ausfallen, wenn

  • das Teamklima positiv ausgeprägt ist,
  • die Wertschätzung für Altersunterschiede bei den Teammitgliedern hoch ausgeprägt ist,
  • die Vorurteile gegenüber älteren Mitarbeitern im Team gering sind, sodass auch wenig Altersdiskriminierung erlebt wird,
  • die Arbeitsaufgaben eine hohe Komplexität aufweisen und kontinuierliche Lernanforderungen (möglichst ohne Zeitdruck) stellen.

Diese vier Bedingungen unterstützen einen zielorientierten Austausch aufgabenrelevanter Inhalte, d.h. unterschiedliche sachbezogene Auffassungen oder Perspektiven werden im Team offen und konstruktiv erörtert und haben dann – vermittelt über kognitive Konflikte im Team – auch den oft erhofften positiven Effekt auf die Teameffektivität.

Angesichts der vielfältigen Befunde, die das ADIGU-Modell stützen, wurde ein darauf aufbauendes Training für Führungskräfte entwickelt und in einer größeren Landesverwaltung in Nordrhein-Westfalen durchgeführt und evaluiert. Das Training richtet sich an Führungskräfte, da vor allem deren Einstellung und Verhalten einen wichtigen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit älterer Mitarbeiter und die Zusammenarbeit der Teams (u. a. Konflikte) haben. Zudem neigen Vorgesetzte selbst zu hohen Ausprägungen von Altersdiskriminierung und Vorurteilen gegenüber Älteren, die sich über ihr Verhalten bzw. in ihrer Kommunikation an die Mitarbeiter überträgt. Führungskräfte sind als Mitgestalter betrieblicher Prozesse und Manager eine wichtige Zielgruppe im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Sie agieren als Vorbilder für Mitarbeiter und beeinflussen nachhaltig die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Angestellten.

Die positive Wirkung des Trainings in den 47 untersuchten Verwaltungsteams hat uns motiviert, einen Transfer dieser Ergebnisse in den Bereich der Produktion anzustreben. Hier ist das Problem des demografischen Wandels ebenfalls schon lange ein Thema.

Arbeitstätigkeiten in der Automobilproduktion sind aufgrund der oft kurzzyklischen Arbeitsaufgaben, der physischen Arbeitsanforderungen und der Schichtarbeit von den Problemen des demographischen Wandels (z. B. Zunahme von Fehlzeiten und Leistungseinschränkungen im Alter) besonders betroffen. Im zweiten DFG-Forschungsprojekt TED (kurz für „Teamarbeit und Führung im demographischen Wandel“) wurden die Inhalte und Methoden des Trainings daher auf den Bereich der Produktion angepasst. Neben der Förderung  der Teamarbeit lag der Fokus dabei insbesondere auf der Gesundheitsförderung altersgemischter Teams. Nachfolgend stellen wir beispielhaft Inhalte dieser Intervention sowie erste Befunde zur Nützlichkeit vor.

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Programmbereich: Arbeitsschutz