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Auch bei Kohlekraftwerken findet FFH-Verträglichkeitsprüfung statt (Foto: photofranz56/Fotolia.com)
FFH-Verträglichkeitsprüfung

BVerwG zum maßgeblichen Prüfungzeitpunkt

ESV-Redaktion Recht
03.06.2019
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat sich aktuell dazu geäußert, wann Projekte, die immissionsschutzrechtlich bedeutsam sind, sogenannte „Natura 2000-Gebiete“ beeinträchtigen.
Gegenstand des Verfahrens war die Klage gegen die Genehmigung des Steinkohlekraftwerks in Lünen. Geklagt hatte ein anerkannter Naturschutzverein. Dieser wendete sich gegen einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid, der dem beigeladenen Energieversorgungsunternehmen erteilt wurde. Zudem ging der Verband gegen die Teilgenehmigungen für das Steinkohlekraftwerk Lünen vor. Dieses wurde mittlerweile errichtet und läuft bereits im Regelbetrieb.

OVG NRW: FFH-Verträglichkeitsprüfung setzt prüffähigen Genehmigungsantrag voraus  

Das OVG Münster hat die Klage abgewiesen. Dazu führte es Folgendes aus:
  • Für die Prüfung, ob das Steinkohlekraftwerk – zusammen mit anderen Projekten – Gebiete beeinträchtigen kann, die als „Natura 2000“ ausgewiesen sind, ist entscheidend, wann ein prüffähiger Genehmigungsantrag eingegangen ist. Projekte, die später beantragt, aber inzwischen genehmigt worden sind, bleiben unberücksichtigt.
  • Für die Bestimmung des Einwirkungsbereichs der geplanten Anlage ist für den in Betracht kommenden Lebensraumtyp ein Wert in Höhe von höchstens 0,5 Prozent der Grenzbelastung (sog. Critical Loads) zugrunde zu legen. Bei der Prüfung der Zusatzbelastung müssen alle Projekte seit Unterschutzstellung der Natura 2000-Gebiete im Dezember 2004 einbezogen werden.
Gegen die Entscheidung des OVG Münster legte die Klägerin Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ein.

Der Hintergrund: Stickstoffeintrag und Abschneidekriterium
  • Die Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist in Deutschland Gegenstand einer intensiven Fachdiskussion.
  • Die Fachkonvention basiert grundsätzlich auf dem Maßstab der Critical Loads zur Beschreibung der Empfindlichkeit von FFH-Lebensräumen gegenüber dem Stickstoffeintrag.
  • Liegt die gebietsspezifische Gesamtbelastung mit Stickstoffeinträgen über dem standort- und vegetationstypspezifisch zu ermittelnden Critical Load, so wird für die FFH-Verträglichkeitsprüfung ein mehrstufiges Schwellenwertkonzept zur Bestimmung von irrelevanten bzw. bagatellhaften Zusatzbelastungen empfohlen.
  • Unterschieden wird ein vorhabenbezogenes absolutes Abschneidekriterium von 0,3 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr und eine rezeptorbezogene Bagatellschwelle von 3 Prozent des jeweiligen Critical Loads. Dieser Bewertungsansatz soll alle Anforderungen berücksichtigen, die sich aus den fachlichen und rechtlichen Maßstäben für die FFH-Verträglichkeitsprüfung ergeben.

BVerwG: Auch Projekte, die später beantragt wurden, sind bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen

Das oberste deutschen Verwaltungsgericht hat das OVG-Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Die Leipziger Entscheidung basiert auf folgenden Überlegungen:
  • Berücksichtigung aller Projekte bei Summationswirkung: Bei der Einbeziehung weiterer Vorhaben in die FFH-Verträglichkeitsprüfung sind grundsätzlich alle Projekte zu berücksichtigen, die bereits genehmigt waren.
  • Ansatz des OVG verstößt gegen EU-Recht: Die Auffassung des OVG Münster, nach der Projekte unberücksichtigt bleiben, die zwar schon genehmigt, aber später beantragt wurden, verstößt gegen unionsrechtliche Vorgaben. 
  • Keine Feststellungen zu Kupferrecyclingbetrieb: Da das OVG zu einem einzubeziehenden Kupferrecyclingbetrieb keine Feststellungen getroffen hatte, der vor dem Kraftwerk Lünen genehmigt wurde, muss die Berufungsinstanz diese nun nachholen. 
Quelle: PM des BVerwG vom 15.05.2019 zum Urteil vom selben Tag – AZ: BVerwG 7 C 27.17

 

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(ESV/cw/bp)

Programmbereich: Energierecht