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Was bedeutet das digitale Monitoring für das Wohlbefinden von Beschäftigten? (Foto: Luke Chesser/Unsplash)
Digitales Monitoring

Big Boss is watching you

ESV-Redaktion Arbeitsschutz/BAuA
10.01.2023
Die BAuA hat in einem Forschungsprojekt den Zusammenhang zwischen der automatische Datenspeicherung von Arbeitsschritten und dem Wohlbefinden von Beschäftigten in deutschen Großbetrieben untersucht.
Im Zuge der Digitalisierung wird eine zunehmende Anzahl von digitalen Daten über Arbeitsschritte von Beschäftigten automatisch gespeichert. Die Verwendung dieser Daten für das Controlling und die Steuerung von Prozessen, aber auch im Personalmanagement wird kontrovers diskutiert. Auswertungen einer Befragung von Beschäftigten aus deutschen Großbetrieben (LEEP-B3) verdeutlichen nicht nur, dass die automatische Datenspeicherung von Arbeitsschritten bereits verbreitet ist, sondern zeigt auch einen negativen Zusammenhang mit dem Wohlbefinden vieler  Beschäftigter.

Digitales Monitoring in der digitalen Arbeitswelt

Die Digitalisierung von Arbeit ist ein weitfassender Begriff, der häufig im Sinne spezifischer Technologien wie Informations- und Kommunikationstechnologien, mobiler Endgeräte oder künstlicher Intelligenz diskutiert wird.

Für Beschäftigte kann die Digitalisierung von Arbeit dabei auch Formen des digitalen Monitorings ihrer Arbeitsschritte durch automatische Speicherung von Daten bedeuten. Monitoring beinhaltet dabei die Sammlung, Speicherung, Analyse und Wiedergabe von Handlungen oder Leistung im Job (Nebeker & Tatum, 1993: 508). Innerhalb der letzten Jahre haben die Generierung und Speicherung von Daten im Privat- und Arbeitsleben zunehmend an Bedeutung gewonnen. Im Arbeitskontext können diese auch zur Leistungsbewertung und -kontrolle verwendet werden. Prominente Beispiele sind die Erhebung von abgeschlossenen Arbeitsschritten, die Zeiterfassung von Prozessen oder die Leistungsbewertung durch Auftraggebende auf Online-Plattformen, von Liefer- und Fahrdiensten oder im Handel. So kann beispielsweise anhand von tragbaren Geräten die Pickrate, d. h. die Anzahl entnommener Packstücke pro Zeiteinheit, in Warenhäusern erfasst und ausgewertet werden (Wood, 2021).

Damit einhergehend stellen die digitale Erfassung und Auswertung bestimmter Arbeitsschritte von Beschäftigten neue (datenbasierte) Management- bzw. Führungsmöglichkeiten für Organisationen dar. Dabei werden neben Potenzialen der Effizienzsteigerung auch verringerte Handlungsspielräume und neue Belastungen für Beschäftigte diskutiert, die die Gesundheit der Beschäftigten gefährden können.

Im Folgenden wird näher betrachtet, inwiefern die automatische Datenspeicherung in der Arbeitswelt eingesetzt wird, wie Beschäftigte sie wahrnehmen und ob es einen Zusammenhang mit deren Wohlbefinden gibt. Dazu werden Daten des Digitalisierungsmoduls der dritten Welle des Linked Employer-Employee Panels B3 (LEEP-B3) ausgewertet, die 2018/2019 erhoben wurden (Reimann, Abendroth & Diewald, 2020). Die Daten der dritten Welle umfassen Beschäftigte in Großbetrieben (≥ 500 Beschäftigte) und sind repräsentativ für abhängig Beschäftigte in deutschen Großbetrieben bezüglich deren Geschlecht, Alter, Arbeitsmarkterfahrung und Betriebszugehörigkeit sowie der Region und des Wirtschaftssektors der Betriebe. Die folgenden Auswertungen beinhalten die Informationen von 4.391 Beschäftigte aus 160 Großbetrieben.

[...]

Digitales Monitoring und das Wohlbefinden von Beschäftigten

Die digitale Kontrolle und Leistungsbewertung durch automatische Speicherung von Daten und Informationen können mit digitalem Stress einhergehen (Dragano & Lunau, 2020). Zudem lässt sich annehmen, dass die Autonomie von Beschäftigten durch ein höheres Ausmaß an digitaler Überwachung und antizipierter Konformität potenziell eingeschränkt wird (Gensler & Abendroth, 2021; Nies, 2021; Wood, 2021). Die vorliegenden Aus wertungen bieten hierfür ebenfalls erste Hinweise. Dementsprechend sind Beschäftigte, die der Aussage zur Datenspeicherung (voll und ganz) zustimmen, eher von einer geringeren Autonomie betroffen: 55 % der Beschäftigten mit automatischer Datenspeicherung berichten von wenig Autonomie bei ihrer Arbeit, verglichen mit 39 % der Beschäftigten ohne automatische Datenspeicherung. Zudem berichten Beschäftigte, deren Arbeitsschritte automatisch gespeichert werden, etwas häufiger von einer eher schlechten mentalen, d. h. geistigen Gesundheit (44 % vs. 38 %). Noch stärker ausgeprägt zeigen sich die Unterschiede, wenn man die Wahrnehmung der Beschäftigten betrachtet, inwiefern die Datenspeicherung zur Leistungsbewertung genutzt wird oder die Beschäftigten sich durch die Speicherung ständig überwacht fühlen.

Zusammenfassung

Digitales Monitoring wird aktuell für bestimmte Erwerbsformen oder Branchen diskutiert, beispielsweise den Logistiksektor. Die vorliegenden  Auswertungen einer Beschäftigtenbefragung zeigen, dass die automatische Speicherung von Daten und Informationen zu Arbeitsschritten in vielen deutschen Großbetrieben aus unterschiedlichen Sektoren genutzt wird. Die Ergebnisse deuten jedoch auf tätigkeitsspezifische Unterschiede bezüglich der Verbreitung einer automatischen Datenspeicherung hin. So berichten besonders Beschäftigte mit einem geringen Anforderungsniveau von einer automatischen Datenspeicherung der Arbeitsschritte. Zudem wird die Datenspeicherung bei Beschäftigten in  weniger komplexen Tätigkeiten auch eher zur Leistungsbewertung und Überwachung genutzt. Überdies gehen die automatische Datenspeicherung von Arbeitsschritten, die damit zusammenhängende Leistungsbewertung und das Gefühl ständiger Überwachung mit einer geringeren Autonomie und schlechteren mentalen Gesundheit der Beschäftigten einher. Die Ergebnisse weisen dementsprechend darauf hin, dass digitales Monitoring  von den Beschäftigten als belastend wahrgenommen werden kann. Für eine menschengerechte Gestaltung von Arbeit erscheint es wichtig, dass bei der Datenspeicherung Kriterien wie faire Bewertungsprozesse sowie technische Systemtransparenz berücksichtigt werden (Weber et al., 2022). Es bedarf jedoch weiterer Forschung, um eine vertiefende Betrachtung der Verbreitung und Auswirkungen digitalen Monitorings zu  unternehmen. So lässt sich abschließend schlussfolgern, dass die automatische Datenspeicherung, die grundsätzlich Vorteile wie eine verbessere Prozessoptimierung, erhöhte Transparenz in der Leistungsbewertung und eine Hilfestellung in Arbeitsprozessen für Beschäftigte mit sich bringen  kann, auch neue Belastungen für diese beinhalten kann und mögliche (vorhandene) Ungleichheiten nach Anforderungsniveau der beruflichen  Tätigkeit verstärkt.

Lesen Sie den kompletten Bericht: HIER

Marx, Charlotte K.; Abendroth, Anja-Kristin; Meyer, Sophie-Charlotte, 2022. Automatische Datenspeicherung von Arbeitsschritten und das Wohlbefinden von Beschäftigten. Ergebnisse einer Befragung in deutschen Großbetrieben. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. baua: Bericht kompakt.

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Programmbereich: Arbeitsschutz