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Paneldiskussion auf der 11. Handelsblatt Jahrestagung Compliance (Foto: Stefanie Hergenröder)
11. Handelsblatt Jahrestagung Compliance

Compliance zwischen Rechtsprechung und Politik

ESV-Redaktion COMPLIANCEdigital
15.09.2016
Zum Compliance-Pflichttermin luden das Euroforum und das Handelsblatt Experten aus der Praxis zur 11. Jahrestagung nach Düsseldorf. Neben dem neuen ISO 37001 wurden vor allem die Auswirkungen der Reform der §§ 299 ff StGB diskutiert.
Die Welt der Compliance ist in Bewegung. Getrieben von immer neuen rechtlichen Vorgaben sind Unternehmen und Organisationen auf der Suche, das richtige Maß an Compliance zu finden.
Aber auch die Zahl der Compliance-Fälle, wie der Diesel-Skandal bei VW oder sog. Cum-Cum-Geschäfte bei der Commerzbank, geben immer wieder Anlass zur Diskussion – auch was die Rolle der Politik hierbei sein soll. Auf der 11. Handelsblatt Jahrestagung Compliance, die vom 12. bis 13. September 2016 in Düsseldorf stattfand, wurde vor allem die Neufassung des §§ 299 ff. Strafgesetzbuch (StGB) diskutiert. Die einhellige Meinung der Referenten hierzu war, dass es sich – außer im Gesundheitswesen – hierbei größtenteils um „Kosmetik“ handele. Auch seien die Auswirken für die Compliance-Praxis überschaubar. Neue Regelungen könnten daher gut in die bestehenden Systeme integriert werden.

Im Gesundheitswesen wurde hingegen eine wichtige Lücke geschlossen, so Dr. Rolf Raum, Vorsitzender Richter des 1. Strafsenats beim BGH, während der Paneldiskussion: „Korruption“, so Raum, „ist immer strafbar!"

Auch Wolf-Tilman Baumert, Oberstaatsanwalt in Wuppertal, betonte, dass die Strafverfolgungsbehörden hier  eingreifen werden. Allerdings habe der Gesetzgeber keine festen Grenzen für Zuwendungen vorgegeben, so dass die Frage nach der jeweiligen Angemessenheit durch die Rechtsprechung noch geklärt werden müsse.

Funktionstrennung von Compliance und Interner Revision

Während die Teilnehmer der Tagung die strikte Trennung zwischen Compliance und Interner Revision mehrheitlich befürworteten, schilderten die Referenten Dr. Frank Hülsberg und Dr. Oliver Engels, dass insbesondere die mittelständische Praxis damit oft überfordert sei: „Schon wieder eine Prüfung", heißt es oft bei den Mitarbeitern, wenn nach der Internen Revision noch eine Compliance-Prüfung und anschließend noch ein Risk Assessment bewältigt werden müssen.

Auf der Leitungsebene gebe es zudem bereits Tendenzen, die beiden Bereiche zu einem „Superreferat“ zusammenzulegen, das darüber hinaus (nur) bei einer Person angesiedelt ist.

Allerdings sei die Trennung der Funktionen, die in regulierten Bereichen wie z.B. dem Finanzdienstleistungssektor zwingend vorgeschrieben ist, auch für KMU sinnvoll, so Hülsberg und Engels. Gegebenenfalls könnten auch Externe hinzugezogen werden. Für einen verbesserten Ablauf sei es jedoch dringend erforderlich, die jeweiligen Systeme aufeinander abzustimmen bzw. idealerweise zu verzahnen, und die notwendigen Prüfungen bereits bei der Planung aufeinander abzustimmen.

Noch ein Standard für Compliance-Management-Systeme

Weiterhin wurde auf der Tagung über den neuen ISO 37001 diskutiert. Dieser befindet sich aktuell noch in der Abstimmungsphase und soll Ende 2016 veröffentlich werden. Der ISO 37001 basiert auf dem UK Bribery Act und fokussiert primär auf Management-Systeme zur Korruptionsprävention. Von der Struktur her ist dieser dem erst Ende 2014 veröffentlichen ISO 19600 ähnlich. Allerdings soll die neue Norm zertifizierbar sein. Im Vergleich zum IDW PS 980 sind die ISO-Normen zudem international anwendbar, so Gesa Heinacher-Lindemann. Auf dem anschließenden Podiumsgespräch wurde auch Sinn und Unsinn von Zertifizierungen kontrovers diskutiert. Die Bewertungen schwankten zwischen „Scheinsicherheit für Unternehmen“ und „Geschäftsmodell für Beratungsgesellschaften.“ Ob sich Zertifizierungen für CMS durchsetzen werden, hänge letztendlich davon ab, ob diese von den Geschäftspartnern nachgefragt werden, so die Panelteilnehmer.

CMS auf einen Blick

Bei den Berichten aus der Unternehmenspraxis zur Umsetzung von CMS fiel besonders das „Dashboard“ auf, das von einem großen Handelskonzern in Kürze eingesetzt werden wird. Ähnlich dem Steuerungs-Cockpit eines CFO, soll damit ein „Reporting auf Knopfdruck“ zum Stand der Compliance-Aktivitäten im Unternehmen ermöglicht werden. So lässt sich z.B. ein Spinnendiagramm zum Grad der Erfüllung der Elemente des PS 980 erzeugen, ein Risk Exposure Index für einen bestimmten Bereich erstellen u.v.m. Die Vorteile einer zentralen Dokumentation: Abrufbarkeit in Echtzeit, individualisierbare Auswertungen, übersichtliche Grafiken usw. wiegen die Nachteile, wie Kosten- und Pflegeaufwand, vermutlich mehr als auf. Ein nützliches Tool, das auf großes Interesse stieß.

Insgesamt bot die Veranstaltung eine rundum spannende und gelungene 11. Ausgabe der jährlichen Tagung von Handelsblatt und Euroforum, unter der bewährten Moderation von Frau Prof. Dr. Katharina Beckemper und Raimund Röhrich.

 
Weiterführende Literatur
Der Praxisleitfaden „Compliance für KMU“, herausgegeben von Prof. Stefan Behringer, „macht Lust, tiefer in das Thema Compliance einzutauchen“ und ist „vor allem für Praktiker sehr zu empfehlen“, so ein Rezensent der ersten Auflage. Die zweite Auflage können Sie hier bestellen.

Einen Überblick über den ISO 19600-Standard bietet Peter Fissenewert in dem "Praxishandbuch internationale Compliance-Management-Systeme: Grundsätze - Checklisten - Zertifizierung gemäß ISO 19600".

Und wie Sie ein effektives, auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes Risikomanagement mit Compliance-Fokus, implementieren, beschreiben Dr. Maik Ebersoll und Dr. Florian Stork in dem Band „Smart Risk Assessment. Effiziente Risikoidentifizierung und –bewertung“.

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(ESV/cs)