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Criminality and Business Strategy

14.02.2023
Similarities and Differences. Von John Zinkin / Chris Bennett. DeGruyter, Berlin | Boston 2022, 202 Seiten, 39,95 Euro, ISBN 978-3-11-071189-9.
Die Autoren dieses außerordentlich spannenden Buches warnen ihre Leser vor enttäuschenden Erkenntnissen. Diese bestehen darin, dass die Unterschiede in der Führung zwischen legitimen Unternehmen und organisierter Kriminalität nur graduell und nicht grundsätzlicher Natur sind. Dies zeigt sich auch in dem Ziel des Buches. Die Autoren wollen aufzeigen, welche Erkenntnisse aus der kriminologischen Forschung zur Führung von organisierter Kriminalität auch in der legalen Unternehmensführung genutzt werden können.

Zunächst zeigen die Autoren auf, dass der Staat bestimmt, was Kriminalität ist. Dies illustrieren sie an dem Beispiel des ersten Opiumkriegs zwischen dem Vereinigten Königreich und China. Der Handel mit Opium war für die Britische Ostindienkompanie und Jardine Matheson, als Anfang des 19. Jahrhunderts auf private Initiative hin gegründetem Wettbewerber, extrem profitabel. Die sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen des dadurch beförderten Opiumkonsums in China, veranlasste die chinesischen Autoritäten den Handel mit Opium zu verbieten, das Rauschgift zu beschlagnahmen und zu vernichten. Dies wiederum veranlasste Großbritannien zum Krieg gegen China. Diesen gewannen die Briten. Heute wird Rauschgifthandel in der westlichen Welt überall als kriminell angesehen und eine staatliche Förderung des Handels würde abgelehnt. Damals galten im britischen Staat andere Maßstäbe.

Im Folgenden werden die teilweise erstaunlichen Parallelen zwischen organisierter Kriminalität und Unternehmen dargestellt. So ist die Mafia entstanden, da der Staat nicht in der Lage war, Sicherheit im Königreich Neapel und Sizilien zu garantieren. Man ersetzte den schwachen Staat. In der Folge bediente sich der Staat sogar der Mafia, zum Beispiel nach der italienischen Vereinigung, nach dem die Zentralregierung die Mafia zur Kontrolle von Banditen und anderen Kriminellen einsetzte. Ganz anders ist die Geschichte der japanischen Yakuza. Die Yakuza waren Unberührbare, die nach dem Shinto- Glauben unrein waren. Sie haben sich zusammengetan, was vom Staat gefördert wurde. Bis heute sind die Yakuza in Japan an sich legal, ihre Aktivitäten im Glücksspiel, Drogenhandel und Prostitution sind allerdings verboten.

Nach dieser interessanten Einführung wird das Instrumentarium des strategischen Managements auf die organisierte Kriminalität angewandt. Wie Unternehmen auch, werden kriminelle Organisationen durch ihre Umwelt in ihren Entscheidungen beeinflusst. Der fundamentale Unterschied besteht natürlich in der Illegalität der kriminellen Organisationen. Allerdings führen Veränderungen in den Rahmenbedingungen genauso zu veränderten Handlungen. Welche Folgen Fehleinschätzungen der Umwelt für kriminelle Organisationen haben, wird anhand der Ermordung der beiden sizilianischen Mafiajäger Borsalino und Falcone im Jahr 1992 dargestellt. Dies führte dazu, dass der italienische Staat seine bisherige Zurückhaltung aufgab und einen entschlossenen Kampf gegen die Mafia begann, der bis heute anhält.

Eine Parallele ziehen die Autoren auch zwischen Verhaltenskodizes, Mission und Vision sowie Purpose. Auch die Mafia und andere Organisationen mit kriminellem Hintergrund haben Werte – so die Mafia: Ehre, Loyalität und Gehorsam. Die Autoren kommen zu der interessanten, sicherlich streitbaren Schlussfolgerung, dass legale und illegale Organisationen die gleichen strategischen Überlegungen anstellen müssen. Der entscheidende Unterschied wird bei der gesetzlichen Klassifikation der einen Organisationsform als illegal gesehen. Das letzte kurze Kapitel beschreibt die drei Vorteile von organisierter Kriminalität gegenüber legalen Organisationen:

1. Organisierte Kriminalität ist nicht der Ambiguität der Welt in der gleichen Form ausgesetzt wie legale Unternehmen, da man weniger komplexe Stakeholder-Strukturen hat und nicht auf Änderungen in der Gesetzgebung reagieren muss.

2. Die Prozesse und der Purpose von organisierter Kriminalität ist wegen der unter 1. genannten Situation einfacher und damit klarer.

3. Organisierte Kriminalität ist risikofreudiger und hat weniger Schwierigkeiten, mit risikobehafteten Situationen umzugehen.

Ein spannendes Buch mit vielen sehr originellen Ideen, denen man große Verbreitung wünscht.

Prof. Dr. Stefan Behringer, Hochschule Luzern

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Ausgabe 1/2023

Programmbereich: Management und Wirtschaft