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Staatsbürger in Uniform (© 2011 Bundeswehr / Ströter)
Serie Mitarbeiter-Compliance, Teil 3

Die Welt vor Compliance

Thomas Schneider
18.05.2015
Compliance ist ein junger Begriff, die Probleme dahinter sind alt. Ein Blick über den Tellerrand liefert interessante Einblicke, wie anhand des Bundeswehr-Konzepts der „Inneren Führung“ deutlich wird.
Im dritten Teil der Serie "Mitarbeiter-Compliance" geht Thomas Schneider auf das in der Bundeswehr praktizierte Konzept der "Inneren Führung ein". Seine These lautet, dass die dort gefundenen Lösungen Impulse für die Compliance auch in anderen Organisationen versprechen. Die Grundideen, die hinter dem Konzept der "Inneren Führung", liegen, sollten nach Auffassung von Schneider ohne Berührungsängste auf die Anwendung im Unternehmen hin überprüft werden. Bereits im zweiten Teil der Serie hat Schneider Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Compliance-Abteilungen und Geheimdiensten identifiziert.

Bundeswehr: Staatsbürger in Uniform

Bei der Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 musste die neue Armee bei ihren Führungspositionen auf Menschen zurückgreifen, die bereits im "Dritten Reich" aktive Soldaten waren. Viele von Ihnen hatten dem totalitären, menschenverachten Regime über Jahre gedient, und dem Führer "unbedingten Gehorsam geschworen". Diese Menschen sollten nun dem demokratischen, rechtsstaatlichen Deutschland dienen, als "Staatsbürger in Uniform". Die Bundeswehr entwickelte vor dieser Herausforderung das Konzept der „Inneren Führung“.

Zwar gibt es keine offizielle Definition der Inneren Führung. Die Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) 10/1 verwendet allerdings folgende Beschreibung: "Grundsätze der Inneren Führung bilden die Grundlage für den militärischen Dienst in der Bundeswehr und bestimmen das Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldaten. Sie sind Leitlinie für die Führung von Menschen und den richtigen Umgang miteinander."

Folgende Prinzipien sind in den Leitlinien fest verankert:
  • Primat der Politik, sowohl über das Militär, als auch die Wirtschaft. Die Politik hat Vorrang, diese gibt die Gesellschaftsordnung vor, was auch Entscheidung über Produktionsverbote oder Auflagen, Embargos und Exportverbote beinhaltet. Innerhalb einer Demokratie können und sollen Unternehmen dafür werben, dass ihre Ansichten gehört und übernommen werden, ist dies nicht der Fall, können die eigenen Ideen nicht umgesetzt werden.
  • Bindung des Handelns an Recht und Gesetz, insbesondere das Grundgesetz. Das Unternehmen, das anfängt, Gesetze „flexibel“ auszulegen, muss seine Mitarbeiter nicht mit Compliancevorgaben behelligen. Wer stolz darauf ist, seine Steuerzahlungen in Deutschland zu minimieren und sich vor seiner Verantwortung für das Gemeinwesen drückt, darf nicht von den Mitarbeitern erwarten, dass diese Unternehmensinteressen vor die eigenen Belange stellen.
  • Leitbild des Staatsbürgers in Uniform. Mitarbeiter bleiben Staatsbürger, die Compliance kehrt nichts unter den Teppich. Das Unternehmen trägt die Folgen von Fehlverhalten und arbeitet bei Gesetzesverstößen aktiv mit den Ermittlungsbehörden zusammen.
  • Ausgleich zwischen Rechten und Pflichten und Achtung der Menschenwürde. Wer gegen die Menschenwürde verstößt, hat keinen Platz im Unternehmen. Dies betritt die Diskriminierung anderer aufgrund von Rasse, Geschlecht, politischer oder sexueller Orientierung unabhängig davon, ob Verstöße im, oder außerhalb des Unternehmens begangen werden.

Innere Führung und Compliance

Welche Rückschlüsse lassen sich für die Compliance-Diskussion aus dem Konzept der Inneren Führung ziehen? Vorgesetzte und Mitarbeiter sind in einen gemeinsamen ethischen Kontext eingebunden. Der Treuepflicht des Mitarbeiters entspricht eine Fürsorgepflicht des Vorgesetzten. Durch die Verankerung in einem übergeordneten Wertesystem werden Auswüchse wie "Kadavergehorsam" und vorauseilender Gehorsam ausgeschlossen; dies rechtfertigt das Recht und sogar die Pflicht des Mitarbeiters zur Untreue, also zum Ungehorsam, sofern die Ausführung von Anweisungen übergeordnete Werte verletzen würde.

Unklar ist allerdings, welche Werte vom Arbeitnehmer als übergeordnet betrachtet werden dürfen und ob er zum Whistleblower werden darf. Untreue im Sinne strafrechtlichen Sinne ist gemäß Paragraph 266 Strafgesetzbuch selbstverständlich nie gestattet.

Mehr zum Thema Loyalität finden Sie in dem Band "Mitarbeiter -Compliance Strategien für die erfolgreiche Einbindung“ von Thomas Schneider und Maike Becker.

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