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Überraschende Ergebnisse zum Thema Führung (Foto: Olu Eletu - unsplash.com)
Hays-Studie

Direkte Demokratie und neue Führung gefragt

Hays / ESV-Redaktion Arbeitsschutz
19.10.2016
„Die Lunte brennt. Die Digitalisierung treibt die Demokratisierung voran – auch in Unternehmen. Jetzt sehen wir: Die Erwartung der Arbeitenden, selbst- ­ und mitbestimmen zu dürfen, ist bereits hoch und wird weiter wachsen. Wer den Weg zu mehr Teilhabe und Selbstbestimmung im Arbeitsumfeld blockiert, liefert vor allem eines: hochex­plosiven Zündstoff für die Debatte.“
Die Studie von Hays, der ZukunftsAllianz Arbeit & Gesellschaft e. V. (ZAAG) und der Gesellschaft für Wissensmanagement e. V. (GfWM) ging der Frage nach, wie innovationsförderliche Arbeitswelten aus Sicht der Arbeitenden aussehen müssten.

„Die Lunte brennt. Die Digitalisierung treibt die Demokratisierung voran – auch in Unternehmen. Jetzt sehen wir: Die Erwartung der Arbeitenden,
selbst ­ und mitbestimmen zu dürfen, ist bereits hoch und wird weiter wachsen. Wer den Weg zu mehr Teilhabe und Selbstbestimmung im Arbeitsumfeld blockiert, liefert vor allem eines: hochex­plosiven Zündstoff für die Debatte.“

Dieses Zitat von Thomas Sattel­berger, Vorstandsvorsitzender der ZukunftsAllianz Arbeit & Gesellschaft e. V. (ZAAG) macht deutlich, worum es zukünftig geht: "Der Ruf nach Freiheit" und dessen Anhörung entscheiden über die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.

Überraschende Ergebnisse zum Thema Führung

Ein beachtlicher Teil der Befragten (24 %) erlebt, dass Mitarbeiter in ihrer Organisation keine eigenen Interessen in Bezug auf ihre Arbeit einbringen können. Jede Dritte (32 %) und jeder Vierte (25 %) tun heute nicht das, was sie oder er kann, weil die Arbeit nicht auf die Fähigkeiten und Begabungen zugeschnitten ist. Und 57 Prozent – vor allem der Älteren und der Akademiker – wünschen sich vielfältigere Aufgaben sowie unterschiedlichere Projekte.

Führung ist Hindernis für Innovation

Noch größer ist die Unzufriedenheit mit der Führung. Tatsächlich halten die Befragten ihre Führungskräfte für ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zu Innovation, Erfolg und Zufriedenheit. Zwei von fünf Befragten (39 %) finden, dass die Führungskräfte in ihrem Unternehmen Veränderungen generell blockieren. Annähernd so viele (38 %) haben den Eindruck, dass neue Ideen an ihrer Führungskraft abprallen. Dieses Gefühl ist in größeren Unternehmen und unter den Jüngeren (bis 39-Jährigen) deutlich verbreiteter (46 %) als bei den Älteren (33 %).

Andere Führung und direkte Demokratie gefordert

85 Prozent der Befragten, unabhängig von Altersgruppe, Geschlecht, Bildungsstand oder Unternehmensgröße, würden schlechte Führungskräfte gerne abwählen können. Sieben von zehn Befragten (69 %) sind überzeugt, dass die Wahl von Führungskräften durch Mitarbeiter zu einer nachhaltig erfolgreichen Unternehmensentwicklung beiträgt. Interessant: Frauen und Menschen mit Berufsausbildung (beide 75 %) sind von der Erfolgswirksamkeit dieses Mehrs an Beteiligung noch überzeugter als Männer (64 %) und Befragte mit Studienabschluss (63 %). 70 Prozent der Befragten würden es begrüßen, wenn sie ihre Führungskräfte nur auf Zeit wählen könnten (mit Berufsausbildung: 74 %, mit Studium: 66 %).

Stärkere Partizipation an Unternehmensentscheidungen und Unternehmenserfolg kann Engagement und Unternehmenserfolg steigern

Mehr als 80 Prozent der Befragten glauben, dass mehr Einfluss auf unternehmensrelevante Entscheidungen und die Beteiligung am Unternehmensgewinn die Unternehmensproduktivität erhöhen würde. Und drei von vier (76 %) Befragten, insbesondere der Jüngeren (80 %), würden das eigene Engagement erhöhen, wenn sie an Entscheidungen über neue Produkte beteiligt würden. Aber 38 Prozent der Befragten fürchten auch, dass ein hoher Grad an Freiheit und Selbstbestimmungsmöglichkeiten für Mitarbeiter die Stabilität eines Unternehmens gefährden könnte.

Wunsch nach direkter Demokratie wächst

Der Ruf nach Einfluss und der Glaube an die positiven Effekte direktdemokratischer Verfahren sind beträchtlich. Doch nur etwa die Hälfte der Unternehmen lässt nach Einschätzung der Befragten mehr Demokratie zu (51 %). Und das, obwohl sie, basierend auf der hier beschriebenen
Befragung, unter erhöhtem Druck stehen müssten, Freiheit, Beteiligung und die dazugehörigen Vernetzungs- und Austauschprozesse zu fördern: Nur etwa die Hälfte der Befragten hält ihr Unternehmen für agil genug, Strukturen und Aufgaben schnell sich verändernden Marktbedingungen anzupassen. Zwar gebe es in drei Vierteln der Organisationen Möglichkeiten für den formellen und informellen Austausch, doch nur die Hälfte rege Vernetzung aktiv an.

Freiheit: Bekenntnis oder Zwang

Im Rahmen eines Gesprächs am 11. Mai 2016 diskutieren die Projektpartner ihre Ergebnisse in einem Kreis von acht Experten. Einige Schlüsselaussagen der Experten sind in dieser Studie in Form von Zitaten dokumentiert.

Im Experten-Dialog wurden sieben Thesen herausgearbeitet:

1. Freiheit in der Arbeit stärken
Arbeitende wollen für Innovation Freiheit in ihrer Arbeitswelt. Es braucht viel mehr neue Gestaltungsfreiräume sowie weniger Kontrolle und Innovationsbarrieren durch die Führung.

2. Experimentierkulturen forcieren
Neben dem Abarbeiten heute noch nötiger Arbeitsroutinen braucht es Spiel- und Freiräume für kreatives Erproben, Prototypen, Designen und iterative Kommerzialisierung – für Intrapreneure wie Entrepreneure.

3. Entscheidungsprozesse für direkte Demokratie öffnen
Arbeitende wollen mehr Bereiche und Formen direkter Teilhabe an Unternehmensentscheidungen – auch in komplexen und kritischen Situationen. Wichtige Voraussetzung dafür ist volle Transparenz für alle Beteiligten.

4. Überholte Führungsmodelle ersetzen
Wir brauchen demokratischere Formen der Führung, die Führung zeitlich begrenzen und den Geführten Wahl- und Vetorechte bei der (wiederkehrenden) Besetzung von Führungspositionen einräumen.

5. Freiheits- und Partizipationsrechte auch vertraglich verankern
Der Wandel vom abhängig Beschäftigten zum Bürger (auch in der Wirtschaft) geht einher mit dem Wandel von Arbeitgeber- und -nehmerverhältnissen zu Leistungs- und Innovationspartnerschaften, die diese neue Rolle und Sinngebung auch in den Vertragsformen beinhalten – beispielsweise das Recht auf freie Meinungsäußerung oder auf diskriminierungsfreie Auswahl und Förderverfahren.

6. Hierarchiearme, vertrauensbasierte Netzwerkstrukturen fördern
Wir brauchen hierarchiearme Formen partnerschaftlicher Zusammenarbeit zum Wohle von Mitarbeitern, Kunden, Eigentümer und weiterer Stakeholder: Kompetenzen und Ressourcen von Menschen wie Organisationen entwickeln sich immer stärker zu agilen Wertschöpfungsnetzwerken und müssen systematisch unterstützt werden.

7. Jede Form von Arbeit wertschätzen – es gibt keine atypische Arbeit
Wir brauchen ein umfassendes Verständnis von Arbeit: Es gilt, ausnahmslos alle Formen der Arbeit unter Einhaltung von Mindeststandards wertzuschätzen. Der Begriff „atypische“ Beschäftigung ist diskriminierend. Innovationsarbeit, Produktionsarbeit, abhängige Beschäftigung, Zeitarbeit, Freiberuflichkeit, (Solo-)Unternehmertum und ziviles Engagement sind Arbeit.


Literaturempfehlung zum Thema beim Erich Schmidt Verlag

Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber/-innen dazu, auf der Basis einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen erforderliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes festzustellen, umzusetzen und im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu kontrollieren. Bei dieser Gefährdungsbeurteilung sind auch psychische Belastungen der Arbeit zu berücksichtigen.

Das vorliegende Fachbuch vermittelt dazu Erfahrungen und Empfehlungen, die auf der Basis eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erarbeitet wurden. Dargestellt werden fachlich angemessene und praktikable Vorgehensweisen unter Berücksichtigung aller Schritte der Gefährdungsbeurteilung: Von der Ermittlung und Beurteilung der psychischen Belastung bis hin zur Entwicklung, Umsetzung und Wirksamkeitskontrolle von Gestaltungsmaßnahmen. Beispiele „Guter Praxis“ machen anschaulich, wie einzelne Unternehmen die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung umgesetzt haben. Darstellungen von Methoden sowie Porträts beispielhaft ausgewählter Instrumente und Verfahren vermitteln einen Eindruck davon, wie psychische Belastungen der Arbeit ermittelt und beurteilt werden können. Grundsätzliche Hinweise und Empfehlungen bieten bei der Planung und Organisation der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung Orientierung.

Das Fachbuch richtet sich an Akteure aus betrieblicher Praxis, Politik und Wissenschaft, die sich für den Umgang mit psychischer Belastung im Kontext des betrieblichen Arbeitsschutzes interessieren.

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