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EU-Kommission will Regulierungsrahmen für Sanierung und Abwicklung von CCPs erweitern (Foto: Pitopia/Rebel)
Weitere Regulierungsstandards für CCPs

EU-Kommission: Neue Vorschläge zur Regulierung von Zentralen Gegenparteien

ESV-Redaktion Recht
01.12.2016
Mit der Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen (EMIR) hatte die EU bereits grundsätzliche Regulierungsstandards für Zentrale Gegenparteien (CCP) gesetzt. Ein neuer Vorschlag der EU-Kommission soll nun einen Rahmen für den Fall schaffen, dass eine CCP in eine finanzielle Schieflage gerät.
Dies teilte die Kommission in ihrer Pressemeldung vom 28.11.2016 mit. Als Folge der Finanzkrise hatten sich die G20-Staaten darüber geeinigt, standardisierte OTC-Derivate durch CCPs zu „clearen”. Seitdem haben sich die Anzahl und die Bedeutung der zentralen Gegenparteien fast verdoppelt.

Wie die Kommission weiter mitteilt, wird ein großer Teil der Derivatekontrakte, die weltweit noch nicht abgewickelt sind, von 17 europäischen CCPs gecleart. Diese Kontrakte hätten ein Volumen von etwa 500 Billionen Euro.

CCPs und OTC-Derivate 
  • CCPs treten zwischen Verkäufer und Käufer von Finanzprodukten. Sie kaufen dem Verkäufer das betreffende Finanzprodukt ab und verkaufen es weiter an den Käufer. Sie sollen auch Ausfälle auffangen, um Kettenreaktion zu verhindern.
  • OTC-Derivate sind außerbörsliche Finanzprodukte. Deren Kurs leitet sich zum Beispiel aus Aktien oder Währungen ab.

Kommission will Finanzstabilität schaffen

EU-weite Vorschriften für den Fall, dass eine CCP in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder ausfällt, gibt es derzeit nicht. Mit ihrem Vorschlag will die Kommission nun einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung dieser systemrelevanten CCPs schaffen. Dieser soll sicherstellen, dass die kritischen Funktionen von CCPs aufrechterhalten werden und die Finanzstabilität gewahrt bleibt.

Gleichzeitig soll verhindert werden, dass die Kosten, die mit der Umstrukturierung und Abwicklung der ausfallenden CCPs verbunden sind, auf die Steuerzahler abgewälzt werden.

Valdis Dombrovskis, zuständiger Vizepräsident der Kommission für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion meint hierzu: „Diese Maßnahme ist wichtig, weil zentrale Gegenparteien, die Unternehmen bei der Steuerung ihrer Risiken unterstützen, ein wesentlicher Bestandteil unseres Finanzsystems sind”.

Die Kernpunkte des Vorschlags

Sanierungspläne
  • CCPs sollen zur Ausarbeitung von Sanierungsplänen verpflichtet werden. Diese Pläne müssen Maßnahmen beschreiben, es möglich machen, finanzielle Schieflagen zu überwinden. 
  • Hierzu gehören auch Szenarien, wie zum Beispiel der Ausfall von Clearingmitgliedern.  
  • Die Aufsichtsbehörden haben die Sanierungspläne zu überprüfen.
Abwicklungspläne

Die zuständigen Behörden für die Abwicklung der CCPs müssen ihrerseits Abwicklungspläne erstellen. Darin haben sie festzulegen, wie CCPs bei einem Ausfall umstrukturiert und wie ihre kritischen Funktionen aufrechterhalten werden können.

Frühintervention

Eine frühe Intervention soll sicherstellen, dass finanziellen Schwierigkeiten entgegengewirkt wird, sobald sie entstehen. Auch wenn ein Ausfall der CCP noch nicht unmittelbar bevorsteht, soll die zuständige Aufsichtsbehörde besondere Interventionsbefugnisse erhalten. Ebenso können die Aufsichtsbehörden von der CCP verlangen, Änderungen an ihrer Geschäftsstrategie oder der rechtlichen oder betrieblichen Struktur vorzunehmen.

Abwicklungsinstrumente und -befugnisse

Die Abwicklung einer CCP ist nach den Leitlinien des Rates für Finanzstabilität an folgende bestimmte Grundvoraussetzungen geknüpft:
  • Ausfall oder drohender Ausfall der CCP
  • Ausfall kann nicht durch privatwirtschaftlich Alternative verhindert werden
  • Gefährdung des öffentlichen Interesses und der Stabilität des Finanzsystems
Darüber hinaus kann eine CCP abgewickelt werden, wenn weitere Sanierungsmaßnahmen die Finanzstabilität gefährden, ohne dass die CCP ausgefallen ist oder auszufallen droht.

Die Vorschläge zur Abwicklung von Börsengeschäften (Clearing) sind auch für die geplante Börsenfusion der Deutschen Börse mit der London Stock Exchange von großer Bedeutung.

Internationale Zusammenarbeit

CCPs operieren regelmäßig über Grenzen hinweg. Nach dem Kommissionsvorschlag sollen daher für sämtliche CCPs sogenannte Abwicklungskollegien eingerichtet werden. In diesen sollen alle einschlägigen Behörden, darunter die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA), vertreten sein.

Die neu eingerichteten Abwicklungskollegien sollen dann die spezifischen Aufgaben gemeinsam mit den Kollegien nach der EMIR-Verordnung wahrnehmen. Hierbei würde die ESMA gemeinsame Maßnahmen koordinieren und bei Bedarf als verbindlicher Vermittler tätig werden.

Wie es weitergeht

Die Kommission wird ihren Vorschlag nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Billigung und Annahme vorlegen.

Weiterführende Literatur
  • In dem ergänzbaren Handbuch von Beckmann/Scholtz/Vollmer finden Sie Kommentierungen zu den Rechtsvorschriften der Kapitalverwaltungsgesellschaften und der Unternehmensbeteiligungsgesellschaften einschließlich der steuerrechtlichen Regelungen, Erläuterungen und Materialien. Das Werk behandelt insbesondere das KAGB, die KAVerOV, das InvStG, das UBGG und die DerivateV. Es bietet aber auch Länderberichte zu Investitionsstandorten (v.a. Luxemburg) sowie vertiefende Erläuterungen bei den Schnittstellen zum KWG, WpHG und GwG.
  • Das Handbuch EMIR von Wilhelmi/Achtelik/Kunschke/Sigmundt, auch als eBook erhältlich, richtet sich in erster Linie an die Rechts- und Compliance-Abteilungen der Kredit-, Versicherungs- und Finanzdienstleistungswirtschaft sowie an Kapitalverwaltungsgesellschaften, Depotbanken, Clearingstellen und Aufsichtsbehörden. Es bietet Ihnen eine ausgewogene Mischung aus Praxis und Wissenschaft, wobei die rechtliche Entwicklung bei den Derivaten unter Berücksichtigung von wichtigen Schreiben der Aufsichtsbehörden dargestellt wird.

(ESV/bp)

Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht