Einordnung von Gerüchten in der Compliance
- Wie weit ist das Gerücht im Unternehmen verbreitet?
- Stammt die Information von einer vertrauenswürdigen Quelle?
- Welche Auswirkung hat das Gerücht für den „Informanten” und den „Beschuldigten”?
- Ist es plausibel?
- Kann das Schadenrisiko eingeschätzt werden?
- eine klare Kategorisierung und
- eine Filterung.
Kategorisierung von Gerüchten
| Kategorie | Mögliche beispielhafte Fragen/Erläuterung |
| Glaubwürdigkeit | Woher kommt das Gerücht? Ist die Person, die das Gerücht in die Welt gesetzt hat, glaubwürdig? Ist die Person vielleicht dafür bekannt, dass sie gerne „Geschichten erzählt”? Hat die Person gegebenenfalls aus Rache oder anderen Motiven ein Interesse daran, das Gerücht zu streuen? |
| Plausibilität/ Glaubhaftigkeit |
Ist der Sachverhalt offensichtlich unmöglich und sind bloße Verwechslungen ausgeschlossen? Hat man das Gerücht zuvor bereits gehört? |
| Risikostruktur/ Schadenrisiko |
Ist, wenn das Gerücht wahr wäre, mit einem wirtschaftlichen Schaden und/oder einer Rufschädigung zum Nachteil des Unternehmens zu rechnen? Und wenn ja, wie hoch könnte der Schaden sein? |
| Risikozusammenhang/ Gesamtkontext |
Passt das Gerücht „ins Bild”? Ist es so, dass es weitere Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Gerücht wahr ist? Solche Anhaltspunkte können der Compliance bekannt sein aus: anderen Gerüchten, Informationen aus Audits, Gesprächen mit Kollegen, etc. |
Vergleichbar ist die beschriebene Vorgehensweise mit dem Prozedere zum Umgang mit „offiziellen” Hinweisen auf nicht regelkonformes Verhalten. Der Unterschied zwischen dem Umgang mit einem Gerücht und einem offiziellen Hinweis ist, dass kein formalisierter, dokumentierter Prozess den Umgang mit den Informationen regelt. Außerdem erfährt die Compliance ein Gerücht in der Regel nicht in seiner Funktion, sondern z.B. beim Mittagessen in der Kantine. Hierin liegt die besondere Brisanz. Der Compliance-Officer ist nicht nur Fachvertreter, sondern auch Kollege und Vertrauensperson. Das Gleichgewicht zwischen Verbündetem und Kollege einerseits und investigativem „Organ” andererseits zu finden, ist eine Herausforderung für jeden Compliance-Beauftragten.
Die Fortsetzung dieses Beitrages werden wir in der nächsten Woche für Sie veröffentlichen.
Serie „Compliance anders”
Teil 1: Compliance Officer: Fortune müssen sie haben!Teil 2: Nur wenn gesprochen wird, wird der offene Dialog zur Routine
Teil 3: Wenn der Kollege Marotten zeigt
Teil 4: Mit Empathie mehr erfahren
| Weiterführende Literatur |
| Wie sich verhaltensbezogene Einflüsse bei der Entwicklung und Beurteilung der eingesetzten Compliance-Instrumente besser berücksichtigen lassen, stellen Thomas Schneider und Carina Geckert in dem Band Verhaltensorientierte Compliance: Ansätze und Methoden für die betriebliche Praxis vor. Wie Compliance zum Thema aller Mitarbeiter wird, veranschaulichen Thomas Schneider und Maike Becker in dem Band Mitarbeiter-Compliance: Strategien für die erfolgreiche Einbindung. Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus dem Artikel Wo Rauch ist, ist auch Feuer (?) von Thomas Schneider und Dr. Ingo Bäcker, erschienen in der Ausgabe 01/2017 der ZRFC. |
Zur Person
Diplom-Kaufmann Thomas Schneider ist für die Corporate Compliance eines führenden Distributions-, Service- und Bearbeitungsunternehmen für Stahl und Aluminium verantwortlich.(ESV/ps)
Programmbereich: Management und Wirtschaft