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Frauenquote: Nun doch oder doch wieder nicht?

16.11.2012
Der am 14. November 2012 von der EU-Justizkommissarin Vivian Reding vorgelegte Gesetzesvorschlag sieht für ca. 5000 börsennotierte Unternehmen in Europa die Pflicht vor, dass bis 2020 40 Prozent der Aufsichtsratsposten weiblich besetzt werden müssen – was wie ein Durchbruch aussieht, entpuppt sich aber bei näherem Hinsehen als Scheitern.

Der am 14. November 2012 von der EU-Justizkommissarin Vivian Reding vorgelegte Gesetzesvorschlag sieht für ca. 5000 börsennotierte Unternehmen in Europa die Pflicht vor, dass bis 2020 40 Prozent der Aufsichtsratsposten weiblich besetzt werden müssen – was wie ein Durchbruch aussieht, entpuppt sich aber bei näherem Hinsehen als Scheitern.

Zwar sprach Reding von einem „historischen Tag für die Gleichberechtigung der Geschlechter“. Sie hat aber so massive Änderungen an ihrem ursprünglichen, Ende Oktober im Kollegium der 27 Kommissare scharf kritisierten Plan hinnehmen müssen, dass z.B. das Handelsblatt schon am 15. November 2012 einen Leitartikel präsentiert, der in der Headline klar ausführt: „Die Frauenquote ist gescheitert“ (vgl. Handelsblatt vom 15. November 2012, S. 21).

So bleiben Vorstandsetagen völlig ausgespart. Und beispielsweise sieht jetzt auch auf Aufsichtsratsebene eine Klausel vor, dass EU-Staaten auf verbindliche Frauenquoten verzichten dürfen, wenn sie das Ziel auf anderem Wege erreichen könnten. Dazu könnte nach Angaben im FAZ-Leitartikel vom 15. November 2012 (S. 1) zu diesem Thema auch die von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) befürwortete sog. Flexiquote gehören, nach der sich Unternehmen selbst Ziele für den Frauenanteil bei Spitzenposten setzen können. Allerdings müsse durch eine verbindliche Regelung nachprüfbar dargelegt werden, wie sich das Ziel erreichen lasse.

Die von Reding geforderten Sanktionen bei Nichterreichung der gesteckten Ziele könnten sich zudem als zahnloser Tiger erweisen. So wurde auf Anraten der Rechtsabteilung der Kommission und unter Berücksichtigung der EU-Rechtsprechung schon mal klargestellt, dass Unternehmen, die die Quote verfehlen, nicht automatisch mit den als „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ bezeichneten Sanktionen der Mitgliedstaaten belegt werden. Diese Strafen sind beispielsweise nicht zwingend vorgesehen, falls ein Unternehmen zwar den Frauenanteil von 40 Prozent im Aufsichtsrat verfehlt, sich andererseits aber im Auswahlverfahren an die Kriterien zur angemessenen Berücksichtigung weiblicher Kandidaten gehalten hat. Von der Möglichkeit, säumige Unternehmen von öffentlichen Aufträgen auszuschließen (vgl. hierzu die Vorberichterstattung auf COMPLIANCEdigital vom 14. September 2012) oder Fördermittel zu streichen, ist gar keine Rede mehr. Andere Sanktionen wie Bußgelder oder Nichtigkeitserklärungen von Aufsichtsratswahlen erzeugen schon auf den ersten Blick so massive Bedenken, dass sich allenfalls Wirtschaftskanzleien noch bedeckt halten, weil sie sich freuen könnten, von entsprechenden gerichtlichen Auseinandersetzungen nur profitieren zu können, wenn sie auf der Seite der Unternehmenspraxis stehen.

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern