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Messung von Gefahrstoffen (IFA-Arbeitsmappe)
Gefahrstoffe

Grundlagen der Messung und Beurteilung von Biostoffen

IFA
30.09.2015
Biostoffe am Arbeitsplatz können bei verschiedenen Tätigkeiten auftreten – und Beschäftigte können diesen Soffen ausgesetzt sein. Welche Arten von Tätigkeiten infrage kommen und welche Technischen Regeln zum Schutz der Beschäftigten dann zu berücksichtigen sind, erläutert dieser Beitrag.
Zusätzlich stellt der Beitrag grundlegende Begriffe im Zusammenhang mit Biostoffen vor und gibt einen Überblick über die Vorgehensweise bei der Gefährdungsbeurteilung. Eingegangen wird auch auf die Frage, welche Anlässe für Messungen von Biostoffen am Arbeitsplatz vorliegen können.

Biostoffe – Grundlagen

1 Rechtliche Grundlagen – Anwendungsbereich

Die Biostoffverordnung (BioStoffV) trat in Deutschland erstmals am 1. April 1999 in Kraft. Sie stellt die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie 2000/54/EG über den „Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit“ dar. Die Verordnung regelt den Schutz der Beschäftigten bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, im Folgenden kurz „Biostoffe“ genannt.

Ziel der Verordnung ist zum einen die Vermeidung von Infektionen der Beschäftigten bei ihrer Arbeit, zum anderen aber auch der Schutz vor sensibilisierenden, toxischen oder sonstigen die Gesundheit schädigenden Wirkungen bei Tätigkeiten mit Biostoffen.

Solche Tätigkeiten stellen das
  • Verwenden von Biostoffen (isolieren, erzeugen, vermehren, aufschließen, ge- und verbrauchen), sowie das Be- und Verarbeiten, Ab- und Umfüllen, das Befördern im Betrieb, Aufbewahren (einschließlich des Lagerns), Inaktivieren und Entsorgen von Biostoffen, aber auch
  • die berufliche Arbeit mit Menschen, Tieren, Pflanzen, Produkten, Gegenständen oder Materialien dar, wenn aufgrund dieser Arbeiten Biostoffe auftreten oder freigesetzt werden und Beschäftigte damit in Kontakt kommen können.

Die BioStoffV gilt auch für gentechnisch veränderte Organismen oder technisch hergestellte biologische Einheiten mit neuen Eigenschaften, die den Menschen in gleicher Weise gefährden können wie Biostoffe. Sie gilt damit auch für Tätigkeiten, die dem Gentechnikrecht unterliegen, sofern dort keine gleichwertigen oder strengeren Regeln zum Schutz der Beschäftigten bestehen, sowie im Anwendungsbereich der synthetischen Biologie. Seit dem Inkrafttreten der BioStoffV im April 1999 wurden für verschiedene Branchen bzw. Tätigkeiten Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) erarbeitet (siehe Tabelle 1). Eine umfassende und jeweils aktuelle Übersicht über alle TRBA sowie deren Volltexte können über die Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) heruntergeladen werden.

Tabelle 1: Tätigkeitsbezogene Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe in verschiedenen Branchen (Stand 6/2014)

TRBA      Titel/Branche
100 Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien
120 Versuchstierhaltung
130 Arbeitsschutzmaßnahmen in akuten biologischen Gefahrenlagen
212 Thermische Abfallbehandlung: Schutzmaßnahmen
213 Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen
214 Abfallbehandlungsanlagen
220 Sicherheit und Gesundheit bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in
abwassertechnischen Anlagen
230 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und
Forstwirtschaft und bei vergleichbaren Tätigkeiten
240 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut
250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Biostoffe
Biostoffe sind Mikroorganismen, Zellkulturen und humanpathogene Endoparasiten, einschließlich ihrer gentechnisch veränderten Formen, sowie mit übertragbarer, spongiformer Enzephalopathie assoziierte Agenzien (TSE), die den Menschen durch Infektionen, übertragbare Krankheiten, Toxinbildung, sensibilisierende oder sonstige, die Gesundheit schädigende Wirkungen gefährden können. Als Biostoffe bezeichnete Mikroorganismen sind insbesondere Bakterien und Pilze (Schimmelpilze und Hefen). Auch Viren, Protozoen und Ektoparasiten, die beim Menschen eigenständige Erkrankungen verursachen, sowie sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können, werden zu den Biostoffen gezählt.

2.2 Gezielte Tätigkeiten
Gezielte Tätigkeiten im Sinne der BioStoffV liegen vor, wenn
  • die Tätigkeiten auf einen oder mehrere Biostoffe unmittelbar ausgerichtet sind
  • die Biostoffe mindestens der Spezies nach bekannt sind
  • die Exposition der Beschäftigten hinreichend bekannt oder abschätzbar ist.

Solche Tätigkeiten werden beispielsweise in mikrobiologischen Laboratorien ausgeübt: So stellt z. B. das Überimpfen einer Reinkultur von Legionella pneumophila eine solche Tätigkeit dar. Der erste Name Legionella bezeichnet dabei die Bakteriengattung, der zweite Name L. pneumophila  die Bakterienart (Spezies = lateinisch für Art). Der Biostoff, auf den die jeweilige Tätigkeit (das Überimpfen der Reinkultur) unmittelbar ausgerichtet ist, ist somit bis zur Art bekannt. Weiterhin ist bekannt, dass Bakterien der Art Legionella pneumophila beim Einatmen in großer Zahl aus feinstverteilten Tröpfchen eine Atemwegserkrankung verursachen können. Die  Exposition der Person, die die entsprechende Tätigkeit ausführt, ist somit hinreichend bekannt und sehr gut abschätzbar.

2.3 Nicht gezielte Tätigkeiten
Nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der BioStoffV liegen vor, wenn mindestens eine der oben genannten Bedingungen für gezielte Tätigkeiten nicht gegeben ist. Meistens ist das die Tatsache, dass die Tätigkeit nicht unmittelbar auf die biologischen Arbeitsstoffe ausgerichtet ist, selbst wenn die Mikroorganismen

  • Teil des Produktionsprozesses sind wie z. B. bei der Kompostierung oder bei der Abwasserbehandlung mit biologischen Reinigungsstufen oder
  • wenn sie mit den jeweils verwendeten Materialien in den Arbeitsbereich verbracht werden wie beispielsweise bei der Verarbeitung von Natur- oder Recyclingmaterialien (z. B. Baumwolle, Tierhaare, Stroh, Lehm, Kompost, Altpapier) oder
  • wenn sie als Verunreinigung im Arbeitsbereich vorkommen z. B. bei Arbeiten mit mikrobiell besiedelten Kühlschmierstoffen oder Prozesswässern.

Bei der Ausübung solcher Tätigkeiten sind die Beschäftigten meist gegenüber Mischpopulationen verschiedener Biostoffe exponiert, die nicht alle bis zur Art bekannt und in unterschiedlichen Anteilen in der Gesamtpopulation vertreten sind, sodass die Exposition gegenüber den Biostoffarten nicht eindeutig beurteilt werden kann.

2.4 Schutzstufe
Eine Schutzstufe im Sinne der BioStoffV ist ein Maßstab zur Beurteilung der Infektionsgefährdung einer Tätigkeit. Je nachdem, ob gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten Schutzstufen zugeordnet werden, orientiert sich die Schutzstufe an der höchsten vorkommenden Risikogruppe oder an der Risikogruppe der jeweils vorherrschenden Biostoffe.

2.5 Technischer Kontrollwert (TKW)
Ein TKW legt diejenige Biostoffkonzentration in der Luft für einen Arbeitsbereich fest, gegebenenfalls auch für ein bestimmtes Verfahren oder einen bestimmten Anlagentyp, die grundsätzlich nach dem Stand der Technik erreicht werden kann. Solch ein Wert dient der Beurteilung von technischen Schutzmaßnahmen und wird vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) bestimmt. Er kann als Summenwert oder bezogen auf Mikroorganismengruppen definiert werden. Ein TKW ist an die jeweils dafür festgelegte Messstrategie gebunden.

2.6 Toxine
Toxine im Sinne der BioStoffV sind Stoffwechselprodukte oder Zellbestandteile von Biostoffen, die beim Einatmen, Verschlucken oder bei der Aufnahme über die Haut beim Menschen toxische Wirkungen hervorrufen und dadurch akute oder chronische Gesundheitsschäden oder den Tod bewirken können. Solche Stoffe sind z. B. Mykotoxine, von Bakterien erzeugte Exotoxine wie Botulinumtoxin oder Endotoxine.

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Anmerkung:
Quellennachweise sowie Tabellen finden Sie im PDF zum Donload.

IFA - Institut für Arbeitsschutz der deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung

Die komplette IFA-Arbeitsmappe Messung von Gefahrstoffen steht im Internet zur Verfügung. Die enthaltenen Informationen gelten als praktische Arbeitshilfe für die Planung und Durchführung von Messungen sowie zur Beurteilung von Messergebnissen. Neben Grundlagen der Messtechnik und der Beurteilung enthält die Arbeitsmappe Beispiele für die Durchführung von Arbeitsbereichsanalysen sowie zur Betriebsdatenerfassung und zur Messberichterstattung. 

www.IFA-ARBEITSMAPPEdigital.de

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Programmbereich: Arbeitsschutz