Korruptionsbekämpfung auf unterschiedlichem Niveau
Auch in Deutschland ist die Krankheit Korruption noch nicht ausgerottet – und mit Blick auf den Korruptionspatienten BER-Flughafen schwindet auch die Hoffnung, dass dies in naher Zukunft noch geschehen könnte. Und auch der oberlehrerhafte Hinweis, dass die „Anderen“, wie z.B. Griechenland oder Italien, im Kampf gegen Korruption noch viel schlechter seien, hilft nicht wirklich weiter. Die Reaktion erinnert eher an die Lehrer in der Schule, die den Schülern das Rauchen verboten haben – nur um dann selber im Lehrerzimmer sich genüsslich eine Zigarette anzuzünden. Die Patienten sind – was die Disziplin anbetrifft – nicht wirklich compliant. Korruption ist und bleibt daher eine globale Epidemie – trotz vielversprechender Therapieansätze.
Deutschland bemüht sich
Im Vergleich mit den OECD-Staaten steht die Bundesrepublik allerdings nicht so schlecht da – trotz BER und CO. Das zeigt der aktuelle Transparency International-Bericht „Exporting Corruption“ zum Stand der Strafverfolgung bei Auslandsbestechung von Amtsträgern im Geschäftsverkehr. Neben Großbritannien, der Schweiz und den USA wird Deutschland eine aktive Verfolgung bestätigt. Das sind immerhin vier von 41 Staaten.20 Mitgliedsstaaten machen dagegen keine Fortschritte. Ihnen wird bescheinigt, dass sie in Sachen Korruptionsbekämpfung in den letzten 16 Jahren – also seit dem Inkrafttreten der OECD-Konvention – kaum vorangekommen sind.
Eine geringe bzw. keine aktive Verfolgung von Auslandsbestechung wird dagegen sechs G20-Staaten attestiert. Damit verstoßen diese gegen ihre eigens gesetzten Ziele des G20-Aktionsplans zur Korruptionsbekämpfung für 2015-2016.
Fortschritte – auch wenn auf unterschiedlichem Niveau – sind aber auch zu verzeichnen. Norwegen wird mittlerweile eine moderate statt eine eingeschränkte Verfolgung bescheinigt. Auch Griechenland, die Niederlande und Südkorea konnten sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessern. Lediglich Argentinien hat sich als einziges Land verschlechtert und kann nur eine sehr begrenzte Umsetzung der OECD-Konvention vorweisen.
Mittel gegen Korruption
Trotz der positiven Diagnose für Deutschland besteht für Transparency International Deutschland (TI) kein Grund dafür, die Bemühungen einzustellen. TI Deutschland fordert daher schon seit längerem die Einführung eines Unternehmensstrafrechts.Im deutschen Recht existiere immer noch ein Missverhältnis, wie die Geschäftsführerin von TI-Deutschland, Anna-Maija Mertens, im Interview mit COMPLIANCEdigital bereits im Dezember letzten Jahres bekräftigte. Unternehmen werden bei Korruptionsverstößen – wenn sie denn aufgedeckt werden – lediglich durch das Ordnungswidrigkeitenrecht belangt. Dagegen handelt es sich beim Fahrraddiebstahl um eine Straftat. „Ordnungswidrigkeit klingt nach Lappalie; man zahlt sein Bußgeld wie beim Falschparken. Das wird den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden der Korruption nicht gerecht“, so Mertens.
Auch im aktuellen Koalitionsvertrag stehe zwar, dass zumindest für multinationale Unternehmen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts geprüft werde. Dies reiche aber in den Augen von TI-Deutschland nicht für einen erfolgreichen Therapieverlauf aus. Zudem empfehle der Bericht, dass in kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) das Bewusstsein für Compliance- und Antikorruptionsmaßnahmen erhöht werden müsse. Dies würde ebenfalls im Kampf gegen die Volkskrankheit Korruption helfen.
Empfehlungen von TI-Deutschland
Ferner empfiehlt der Bericht, die Praxis der Anonymisierung von Falldarstellungen zu überprüfen, insbesondere in Bezug auf die Namen der Unternehmen und die ausländischen Staaten, deren Amtsträger bestochen wurden. Zudem regt TI-Deutschland an, auf Bundesebene einen Lagebericht zur Auslandsbestechung mit Fallschilderungen zu erstellen. Auch der Schutz für Hinweisgeber im privaten Sektor ist nach Auffassung der Anti-Korruptionsorganisation TI-Deutschland noch unzureichend.„Die Bundesregierung muss endlich ihrer Verpflichtung im Koalitionsvertrag, die Gesetzgebung zum Whistleblowerschutz zu überprüfen, nachkommen, so Prof. Dr. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland. „Bislang wurden alle Initiativen der Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag von den Koalitionsfraktionen abgelehnt, diese sollten dringend einen eigenen Vorschlag zur Verbesserung des rechtlichen Schutz des Hinweisgebers vorlegen.“