Mit Empathie mehr erfahren
Menschen sind verschieden
Beim menschlichen Naturell gibt es zwei Extreme im Hinblick auf die Fähigkeit zu systematisieren und Empathie zu empfinden. Systematisierende Menschen leiden an einem Mangel zu empfinden. Sie fühlen sich zu technischen Berufen hingezogen. Sollten sie sich hingegen doch für die Betriebswirtschaftslehre entscheiden, neigen sie zu Tätigkeitsfeldern, in denen „richtig” und „falsch” eindeutig festliegen, wie im Bereich der Rechnungslegung.Empathische Menschen hingegen wissen, dass es nicht die „eine”, „richtige” Antwort gibt. Sie neigen allerdings auch zu geringerer Sorgfalt und sind weniger akkurat beim Ausführen von Aufgaben. Nicht selten ergreifen sie daher soziale Berufe.
Systematisierende Menschen lehnen dagegen Vielschichtigkeit und Unsicherheit entschieden ab: „Es kann doch nicht sein, was nicht sein darf.” Nichtsprachliche Signale werden daher kaum verstanden und allenfalls widersprüchlich ausgesendet. Die Prüfung eines Agentenvertrages gelingt ihnen hervorragend. Soll hingegen das Verhalten einer Gruppe von Mitarbeitern vor dem Hintergrund externer Partner-Compliance-Vorgaben hinterfragt werden, fehlt ihnen allerdings oft die Fantasie. Solche Gespräche beschränken sich dann primär auf „technische” Aspekte. Mögliche Indizien werden ignoriert, Hinweisen wird nicht nachgegangen.
Kommt es dann zum sprichwörtlichen Knall, ist das Erstaunen groß. Die Folgen sind nicht eine erhöhte Achtsamkeit, das Aufgreifen schwacher oder widersprüchlicher Signale, sondern die Einführung von weiteren Vorgaben und genaueren Prüfungen. Was nicht funktioniert hat, wird nicht verändert, sondern verschärft. Wo empathische Menschen hinhören und nachfragen, wo sie Unwohlsein beim Gegenüber aufnehmen, nimmt der Systematiker schlicht nichts wahr.
Auf die Mischung kommt es an
Deshalb sollte die Zusammensetzung eines Compliance-Teams Anlass zum Nachdenken geben. Systematisierende Compliance-Officer sind wichtig, ja unverzichtbar. Eine gewisse Anzahl empathischer Mitarbeiter jedoch in gleichem Maße. Vielleicht kann bei der nächsten Einstellung bewusst ein „anderer” Menschentyp gesucht werden, die Soziologin statt der Juristin oder der Politikwissenschaftler anstatt des Betriebswirts. Trauen Sie sich!Serie "Compliance anders"
Teil 1: Compliance Officer: Fortune müssen sie haben!
Teil 2: Nur wenn gesprochen wird, wird der offene Dialog zur Routine
Teil 3: Wenn der Kollege Marotten zeigt
| Weiterführende Literatur |
| Wie sich verhaltensbezogene Einflüsse bei der Entwicklung und Beurteilung der eingesetzten Compliance-Instrumente besser berücksichtigen lassen, stellen Thomas Schneider und Carina Geckert in dem Band „Verhaltensorientierte Compliance: Ansätze und Methoden für die betriebliche Praxis” vor. Und wie Compliance zum Thema aller Mitarbeiter wird, veranschaulichen Thomas Schneider und Maike Becker in dem Band „Mitarbeiter-Compliance: Strategien für die erfolgreiche Einbindung”. |
Zur Person
Diplom-Kaufmann Thomas Schneider ist für die Corporate Compliance eines führenden Distributions-, Service- und Bearbeitungsunternehmen für Stahl und Aluminium verantwortlich.Programmbereich: Management und Wirtschaft