Nun doch: Steuerfreie Sanierungsgewinne!
Gesetzgebungsexpress gestartet
Nachdem der Große Senat des BFH entschieden hatte (BFH, Beschluss vom 28.11.2016, GrS 1/15), dass der sogenannte Sanierungserlass des BMF (Schreiben vom 27.3.2003, BStBl 2003 I S. 240, ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22.12.2009, BStBl 2010 I S. 18) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt, war die Branche der Sanierer und Restrukturierer in Aufruhr geraten. Dies hat ungewöhnlich schnell den Gesetzgeber auf den Plan gerufen und auch eine aktuelle Stellungnahme des BMF bewirkt.Gesetzliche Festschreibung
So hatte der Bundesrat im Rahmen des Entwurfs eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen um Prüfung einer gesetzlichen Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen (mit verfassungsrechtlich zulässiger steuerlicher Rückwirkung) gebeten. Zudem hatte es in der Begründung des Änderungsantrags des Finanzausschusses dazu geheißen, dass Sanierungsgewinne, die durch Schuldenerlass im Insolvenzverfahren entstehen, seit über 80 Jahren steuerfrei seien. Durch das o.g. BFH-Urteil seien daran Zweifel entstanden, sodass jetzt durch eine Gesetzesänderung die Rechtssicherheit für Unternehmen erhöht werde, „da die Steuerbefreiung ohne Ermessenspielraum seitens der Finanzverwaltung zu gewähren ist“.BMF betont Vertrauensschutz
Diese gesetzgeberische Entwicklung (grundsätzliche Zustimmung des Bundestags ist am 27. April erfolgt) und vor dem Hintergrund des o.g. Beschlusses des Großen Senats des BFH hat das BMF im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zur (Nicht-)Anwendung der Grundsätze des BFH-Beschlusses das Schreiben vom 27. April 2017 veröffentlicht.Aus Gründen des Vertrauensschutzes gilt demnach für den Schuldenerlass bis zum 8. Februar.2017 (Tag der Veröffentlichung des BFH-Beschlusses): In den Fällen, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) zum 8. Februar 2017 endgültig vollzogen wurde, sind die BMF-Schreiben vom 27. März 2003 und 22. Dezember 2009 weiterhin uneingeschränkt anzuwenden. Ist der Forderungsverzicht Gegenstand eines Insolvenzplans, gilt er mit der Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts über die Bestätigung des Insolvenzplanes als endgültig vollzogen.
Weitere Regelungsbereiche
Noch weitergehende BMF-Regelungen betreffen das Vorliegen einer verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage, ferner Billigkeitsmaßnahmen unter Widerrufsvorbehalt, verbindliche Auskünfte nach der Veröffentlichung dieses Schreibens vom 27. April 2017 sowie Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall: Die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen aus besonderen, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegenden sachlichen oder persönlichen Gründen des Einzelfalls bleibt unberührt.Hinweis: Allerdings muss die Zustimmung der EU-Kommission zur gesetzlichen Neuregelung abgewartet werden. Das könnte sich noch hinziehen.
| Weiterführende Literatur |
| Die Praktiker-Zeitschrift Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI) richtet sich an Unternehmen und ihr Berater, denn sie vermittelt das zentrale Know-how für die erfolgreiche Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung. |