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Vorbild Flugverkehr: Weniger Fehler durch mehr Kommunikation (Foto: Jürgen Effner/Fotolia.com)
Serie Compliance anders, Teil 2

Nur wenn gesprochen wird, wird der offene Dialog zur Routine

Thomas Schneider
10.11.2016
Compliance anders – das bedeutet auch über den Tellerrand zu schauen. Was Compliance z.B. von Flugzeugpiloten lernen kann, beschreibt ESV-Autor Thomas Schneider im zweiten Teil der Serie.
Interessante Analogien für die Compliance lassen sich z.B. aus der Analyse von Flugunfällen gewinnen. Für vermeidbare Flugunfälle sind meistens mangelhafte Kommunikation und undurchsichtige Entscheidungsprozesse an Bord verantwortlich. Um dieses Sicherheitsrisiko zu minimieren, haben die Flugsicherheitsbehörden das Cockpit- oder Crew Resource Management Program (CRM) entwickelt.

Unter Stress richtig entscheiden

Ziel dieses Kommunikations- und Verhaltenstraining ist es, die mentalen Prozesse der Piloten zu unterstützen. CRM soll dazu beitragen, Krisensituation zu vermeiden und im Ernstfall den Überblick zu behalten, um unerwartete Probleme zu lösen und richtige Entscheidungen zu treffen. Die Schulungen sensibilisieren Piloten dafür, ihre physischen und psychischen Grenzen zu erkennen. Sie helfen ihnen darüber hinaus
  • Probleme deutlich zu artikulieren,
  • auf Team-Mitglieder zu hören,
  • Konflikte zu lösen,
  • Notfall-Pläne zu entwickeln und
  • für Entscheidungen in Extremsituationen alle verfügbaren Ressourcen zu mobilisieren.
Die Grundlagen hierfür liefern standardisierte Checklisten und Protokolle, sowie eine eindeutig geregelte Kommunikation, in der alle Teammitglieder, unabhängig von ihrer hierarchischen Stellung, nicht alleine das Recht – sondern die Pflicht – haben, Bedenken zu äußern. Und die Erfolge sprechen für sich: Nach Einführung von CRM reduzierten sich die Unfallzahlen im Luftverkehr drastisch. Nicht zuletzt deshalb ist Fliegen heute eine sichere Angelegenheit.

„See it, say it, fix it“

Bei allen Unterschieden zu einem Flugzeug vertritt auch die Compliance den Anspruch, dass keine Fehler bzw. Verstöße vorkommen sollen. Wo bislang ein Einziger das Sagen hatte, müssen künftig auch andere mitreden wollen und dürfen.

Wo bisher nur Fakten und sichere Erkenntnisse gefragt waren, sollen auch Ahnungen, Unsicherheiten oder schlicht ein mulmiges Gefühl relevant sein. Und: Wer etwas zu sagen hat, muss es deutlich sagen, zaghaft geflüsterte Einwände oder ein besorgtes Gemurmel im Hintergrund sind nicht zielführend.

Mit dem Erlernen des Piloten-Verhaltens wird immer öfter nach dem Motto: „See it, say it, fix it.“ – „sieh es, sag es, behebe es“ vorgegangen. Dies kann die Compliance durch die Einführung einer regelmäßigen Abschlussbesprechung nach jeder Prüfung erreichen.

Viele mögen eine derartige Prozedur für Zeitverschwendung halten, weil im Normalfall alles planmäßig läuft. Dann wird ganz einfach deshalb geredet, um das Reden zu lernen. Wenn ein Team ausschließlich zusammenkommt, um Fehler zu diskutieren, bleiben diese tabu. Dann stellt eine Abschlussbesprechung eine einschüchternde Bedrohung dar. Nur wenn über alles gesprochen wird, wird der offene Dialog zur Routine.

Am 18. November 2016 fand mit den Autoren des Bandes „Verhaltensorientierte Compliance“, Thomas Schneider und Carina Geckert, die Veranstaltung „Compliance anders“ im Unperfekthaus in Essen statt. Der ESV war mit einem Stand vor Ort.

Serie Compliance anders

Teil 1: Compliance Officer: Fortune müssen sie haben!

 
Weiterführende Literatur
Wie sich verhaltensbezogene Einflüsse bei der Entwicklung und Beurteilung der eingesetzten Compliance-Instrumente besser berücksichtigen lassen, stellen Thomas Schneider und Carina Geckert in dem Band "Verhaltensorientierte Compliance: Ansätze und Methoden für die betriebliche Praxis" vor.

Und Wie Compliance zum Thema aller Mitarbeiter wird, veranschaulicht Thomas Schneider und Maike Becker in dem Band "Mitarbeiter-Compliance:Strategien für die erfolgreiche Einbindung".

Zur Person

Diplom-Kaufmann Thomas Schneider ist für die Corporate Compliance eines führenden Distributions-, Service- und Bearbeitungsunternehmen für Stahl und Aluminium verantwortlich.