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Finanzaufsichtsbehörde will Pfandleihhäuser als Schattenbanken verhinden (Foto: Thomas Reimer/Fotolia.com)
Pfandleihprivileg

VG Frankfurt: Beleihung von Inhaberpapieren ist erlaubnispflichtiges Bankgeschäft

ESV-Redaktion Recht
18.08.2016
Pfandhäuser besichern ihre Kredite meist mit beweglichen Sachen als Faustpfand. Hierbei unterliegen Sie nicht der Bankenaufsicht. Doch gilt dieses Pfandleihprivileg noch, wenn Darlehen über Inhaberpapiere gesichert werden? Hierüber hat kürzlich das Verwaltungsgericht Frankfurt entschieden.



In dem vorangegangenen Aufsichtsverfahren hatte die Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) einem Pfandhaus verboten, Kredite gegen die Besicherung von Inhaberschuldverschreibungen zu vergeben. Ebenso durfte die Pfandleiherin nicht mehr im Internet damit werben, dass sie ihre Kredite gegen die Ausstellung von Inhabergrundschuldbriefen vergibt. 

BaFin: Nur bewegliche Sache kann Faustpfand sein

Im Rahmen ihrer Ermittlungen stellte die BaFin unter anderem fest, dass die Klägerin dem Unternehmen F ein Darlehen in Höhe von 4.760.000 Euro gegeben hatte. Dieses Darlehen sollte mit Inhaberaktien gesichert werden.

Hierin sahen die Finanzaufseher zunächst mit den folgenden Begründungen ein erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft:
  • Nur bewegliche Sachen fallen unter das Pfandleihprivileg.
  • Ein Inhaberpapier verbrieft dagegen ein Recht. Dessen Wert leitet sich aus einem anderen Gut ab und ist unabhängig vom Zustand des Wertpapiers. 
  • Der typische Gegenstand einer Pfandleihe müsse einen eigenen Material-, Gebrauchs- oder künstlerischen Wert haben, so die Behörde weiter. 
  • Auch die weiteren gewerberechtlichen Pflichten der Pfandleiher sprechen der BaFin zufolge dafür, dass § 2 Absatz 1 Nr. 5 KWG nur bewegliche Sachen erfasst. Gemeint sind die Pflichten zur Lagerung und Versicherung der angenommenen Pfandgegenstände.
Inhaberpapiere, so die BaFin weiter, würden also lediglich wie Sachen übertragen und verpfändet.

Beleihung von Inhaberpapieren kein branchentypisches Geschäft

Darüber hinaus gilt das Pfandleihprivileg nur dann, wenn das betreffende Geschäft branchentypisch im Sinne von § 2 Absatz 3 KWG ist. Dies verneinten die Finanzaufseher ebenfalls und argumentierten wie folgt:
  • Der Wert eines Grundstücks übersteigt den Wert eines typischen Faustpfands regelmäßig um ein Mehrfaches.
  • Die Volumina der ausgereichten Darlehen liegen weit über dem Niveau üblicher Pfandkredite.
  • Wegen der Höhe der abgesicherten Darlehen ist nicht davon auszugehen, dass diese schon nach drei Monaten zurückgezahlt werden, wie im Pfandleihgewerbe üblich. 
  • Keine Umgehung des Regulierungsrahmens: Bei anderer Auffassung könnten Pfandleiher Millionenkredite vergeben, ohne sich an Regulierungsvorgaben für Banken halten zu müssen. 
Schließlich weist die Behörde auf die Gefahr hin, dass Pfandleiher Kredite in der genannten Höhe kaum durch ihr eigenes Geschäft finanzieren können. Vielmehr müssten diese am Finanzmarkt Anlegergelder einwerben. Die Risiken, dass Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden und die verpfändeten Inhabergrundschuldbriefe wertlos sind, tragen dann die Anleger.

Die Gewerbeämter könnten diese Gefahr aufgrund ihrer örtlich begrenzten Zuständigkeit nicht überblicken. 

Im Wortlaut: Kreditwesengesetz (KWG) - § 2 Ausnahmen
(1) Als Kreditinstitut gelten vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 nicht
1. ..
5. Unternehmen des Pfandleihgewerbes, soweit sie dieses durch Gewährung von Darlehen gegen Faustpfand betreiben;

(2) ...

(3) Für Unternehmen der in Absatz 1 Nr. 4 bis 6 bezeichneten Art gelten die Vorschriften dieses Gesetzes insoweit, wie sie Bankgeschäfte betreiben, die nicht zu den ihnen eigentümlichen Geschäften gehören.

Klägerin: Auch Inhaberpapiere sind Faustpfand

Gegen das Verbot der BaFin hatte die Pfandleiherin am 04.03.2016 Klage erhoben. Nach ihrer Auffassung hat die Finanzaufsicht die Sach- und Rechtslage nicht hinreichend aufgeklärt.

Die betreffenden Pfandgegenstände wären als Faustpfänder anzusehen. Dies ergebe sich aus der Gesetzgebungsgeschichte des BGB. Ebenso liegt nach Meinung der Klägerin ein „eigentümliches” Geschäft nach § 2 Abs. 3 KWG vor. Die Sicherung von Krediten durch Inhaberpapiere wäre nämlich inzwischen marktüblich. 

Verwaltungsgericht Frankfurt bestätigt Auffassung der BaFin

Die 7. Kammer des VG Frankfurt ist den Argumenten der BaFin in vollem Umfang gefolgt. Das Gericht hat vor allem die Auffassung der Beklagten geteilt, dass der Begriff des Faustpfands vorrangig im systematischen Zusammenhang des KWG zu bestimmen ist.
  • Auslegung des KWG nach bankaufsichtlichen Maßstäben: Zwar habe das KWG an einer Terminologie angesetzt, die sich im Zivilrecht herausgebildet hat. Der Begriffsinhalt sei hier aber spezifisch nach bankaufsichtlichen Maßstäben ermittelt worden. 
  • Sinn und Zweck von § 2 KWG zutreffend gewürdigt: Die Beklagte habe den Sinn und Zweck der Vorschrift zutreffend in ihre Wertung mit einbezogen. Das Gericht hat die Berufung nicht zugelassen.

BaFin: Grundsatzurteil gegen Schattenbanken

Die BaFin wertet die Entscheidung als Grundsatzurteil gegen die Bildung von Schattenbanken bei Pfandleihern. Daher werde die Behörde auch künftig gegen Pfandleiher vorgehen, die Inhaberpapiere beleihen, heißt es in dem Fachartikel der Behörde vom 15.08.2016.

Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 22.06.2016 – AZ: 7 K 642/16.F

Weiterführende Literatur
Die Datenbank Investment, herausgegeben von Beckmann/Scholz/Vollmer, bietet das Fachwissen für das gesamte Investmentwesen und Kommentierungen zu den Rechtsvorschriften einschließlich der steuerrechtlichen Regelungen, Erläuterungen und Materialien der Kapitalverwaltungsgesellschaften und der Unternehmensbeteiligungs-gesellschaften. Im Einzelnen werden das KAGB, das InvStG, das UBGG oder die DerivateV erläutert. Vertieft behandelt werden aber auch die Schnittstellen zum KWG, WpHG und GwG.

(ESV/bp)

Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht