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Bereits geringe Absturzhöhen können lebensgefährlich sein. (Foto: miredwor/Pixabay)
Untersuchung der BAuA

Absturzunfälle bilden den großen Teil tödlicher Arbeitsunfälle

ESV-Redaktion Arbeitsschutz
23.10.2023
Rund 30 Prozent der tödlichen Arbeitsunfälle, die die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in den Jahren 2009 bis 2022 erfasst hat, sind auf Absturzunfälle zurückzuführen. Besonders besorgniserregend ist, dass rund 25 Prozent der Betroffenen von Dächern stürzten oder durch Lichtkuppeln brachen, oft aufgrund mangelnder Sicherheitsvorkehrungen. Es wurden auch Unfallfaktoren und Absturzursachen untersucht. Dies kann dazu beitragen, die Zahl der Absturzunfälle zu reduzieren.
Seit 2010 sinkt die Zahl der jährlich gemeldeten tödlichen Arbeitsunfälle nahezu kontinuierlich. Im Jahr 2022 wurden der BAuA 105 tödliche Arbeitsunfälle gemeldet, im Jahr 2012 waren es noch 184. Gleichzeitig liegt der Anteil der Absturzunfälle in den Jahren 2009 bis 2023 bei rund 31 Prozent (717 Fälle).

Schon geringe Absturzhöhen sind lebensgefährlich

In 80 Prozent der Fälle stürzten die verunglückten Personen durch nicht tragende Bauteile, 13 Prozent der tödlichen Stürze ereigneten sich von Leitern und Tritten. Dabei zeigt sich, dass auch Stürze aus geringer Höhe tödlich sein können: 78 der 717 tödlichen Stürze ereigneten sich aus einer Höhe von weniger als 2 Metern. Mit 219 Unfällen und einem Anteil von 31 Prozent waren Stürze aus einer Höhe von 5 bis 10 Metern am häufigsten.

Auf Baustellen ereignen sich die meisten Abstürze

Die häufigsten tödlich verlaufenen Absturzunfälle ereigneten sich bei Fertigungs- und Montagearbeiten (26 %), gefolgt von Transportarbeiten (12 %) und Demontagearbeiten (11 %). Auf Baustellen ereignete sich allerdings die Mehrzahl der erfassten Unfälle. Bei einem Großteil der Verunglückten handelte es sich um Facharbeiter (54 Prozent), bei 27 Prozent um angelernte und bei 10 Prozent um ungelernte Arbeitskräfte. Lediglich 2 Prozent der Verunfallten befanden sich noch in Ausbildung.

Aufschlussreich sind das Alter und die Berufspraxis der Verunfallten: 63 Prozent der Verunfallten hatten zum Zeitpunkt des Unfalls mindestens 3 Jahre Berufspraxis, 73 Prozent waren über 40 Jahre alt.

Die überwiegende Mehrheit der Verunglückten war in Kleinstbetrieben mit bis zu 9 Beschäftigten (38 %) oder in Kleinbetrieben mit bis zu 50 Beschäftigten (33 %) tätig.

Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter der Lupe

Unternehmer haben die gesetzliche Pflicht, Schutzmaßnahmen umzusetzen, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben. Diese müssen sowohl technische und organisatorische als auch personenbezogene Maßnahmen umfassen und sind regelmäßig auf ihre Umsetzung und Wirksamkeit hin zu überprüfen und zu dokumentieren.

In 61 Prozent der untersuchten Fälle existierte eine Gefährdungsbeurteilung zwar, allerdings war diese lückenhaft oder nicht an die aktuellen Arbeitsabläufe angepasst. Eine vollständige und aktuelle Gefährdungsbeurteilung lag lediglich bei 24 Prozent der Unfälle vor.

Meist wird im Zuge der Unfalluntersuchung auch festgestellt, dass Sicherheitsvorschriften wie das Arbeitsschutzgesetz oder die Betriebssicherheitsverordnung missachtet wurden (72 %). In einigen Fällen hätten die Unfallfolgen durch Beachtung vermutlich verringert werden können: 145 Unfallopfer trugen nicht die vorgesehene Schutzausrüstung. Bei 213 Abstürzen (29,8 %) hätte zudem eine Absturzsicherung die Unfallfolgen mindern können.

Schlussfolgerungen für die Praxis

Für Arbeiten mit Absturzgefahr ist eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung gesetzlich vorgeschrieben. Diese Beurteilung ist Grundlage für die Ableitung und Umsetzung geeigneter Schutzmaßnahmen. Die Bedeutung der Unterweisung und Sensibilisierung für die Gefahren wird durch die Auswertung der Absturzunfälle besonders deutlich: Ältere, erfahrene Beschäftigte sind besonders häufig von Absturzunfällen betroffen, wobei zu vermuten ist, dass sie im Laufe der Jahre ihr Gefahrenbewusstsein verloren haben. Diese These wird auch durch die hohe Zahl von Absturzunfällen aus geringer Höhe gestützt.

Nach dem beliebten STOP-Prinzip sind weitere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Abstürzen möglich:
  • Substitution: Vermeidung oder Substitution von Arbeiten mit Absturzgefahr, wo immer dies möglich ist. Als Alternativen kommen in Frage: Verlängerungen (z. B. Teleskopstangen), Drohnen oder Roboter, Vormontage am Boden.
  • Technisch: Geländer, Handläufe, Umwehrungen, Abdeckungen, Hubarbeitsbühnen, Auffangnetze, adäquate Beleuchtung.
  • Organisatorisch: Betretungsverbote, Absperrungen, Unterweisungen, Berücksichtigung von Witterungseinflüssen, Rettungskonzept.
  • Personenbezogen: Persönliche Schutzausrüstung, Rückhalte- oder Auffangsysteme.
Quelle: Haufe

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(ESV/FG)

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