
AG Köln: Kein Ersatz von Abmahnkosten nach ungefragtem Retweet eines Twitter-Beitrags mit Foto
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AG Köln: Retweets entsprechen dem Wesen von Twitter
- Weder Vervielfältigung noch öffentliche Zugänglichmachung: Retweets erfolgen im Rahmen eines sogenannten „Embeddings“. Dabei werden keine fremden Inhalte kopiert. Vielmehr werden schon vorhandene Inhalte in das eigene Social-Media-Profil eingebunden. Damit scheidet dem Gericht zufolge sowohl eine Vervielfältigung nach § 16 UrhG als auch noch eine öffentliche Zugänglichmachung nach § 19 UrhG aus.
- Keine öffentliche Wiedergabe: Ebenso wenig ist dem AG Köln zufolge in dem Retweet – der ja über die eigene Profilseite erfolgt – eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 UrhG zu sehen. Würde jeder Retweet eines Werks eine zustimmungspflichtige Wiedergabehandlung sein, müsste der Twitter-Nutzer vor einem Retweet recherchieren, ob die betreffenden Inhalte rechtmäßig hochgeladen wurden. Dies hält das Gericht für nicht praktikabel, so dass eine entsprechende Recherche in den Fällen, in denen ein Retweet ohne Gewinnerzielungsabsicht erstellt wird, nicht verlangt werden kann. Zudem scheitert die Annahme einer öffentlichen Wiedergabe daran, dass mit dem streitgegenständlichen Retweet kein neues Publikum erreicht wurde, denn die vom Kläger hochgeladenen Inhalte waren von vornherein öffentlich gestellt. Das heißt, sie waren bereits jedem Twitter-Nutzer zugänglich.
- Auch Nutzung des Bildes erfolgte mit konkludenter Zustimmung des Klägers: Der Kläger hatte auch der Nutzung des Bildes zwar nicht ausdrücklich zugestimmt. Das AG Köln sah aber eine konkludente Zustimmung des Klägers, weil dieser sein Profilbild selbst hochgeladen hat. Demnach willigt derjenige, der Texte und Fotos auf Social-Media-Plattformen hochlädt und diese im Profil öffentlich stellt, konkludent in deren Weiterverbreitung auf der betreffenden Plattform ein. Dem AG Köln zufolge ist es gängige Praxis von Twitter, dass Inhalte und Bilder geteilt bzw. retweetet werden. Jeder Twitter-Nutzer kann deshalb davon ausgehen, dass auch die anderen Nutzer in diese Verwendungspraxis eingewilligt haben und auch mit dem Retweeten ihrer Inhalte einverstanden sind.
- Wesen der Social-Media-Plattformen auf Teilen von Inhalten ausgerichtet: Dieses Ergebnis folgert das AG Köln aus dem grundsätzlichen Wesen der Social-Media-Plattformen. Denn diese haben das Ziel, aufgrund ihrer Breitenwirkung möglichst viele Nutzer zu erreichen. So auch bei Twitter: Wer also dort öffentlich zugängliche Inhalte einstellt, muss damit rechnen, dass andere Nutzer von den Funktionen der Plattform Gebrauch machen. Jedenfalls ist dem Gericht zufolge entsprechend des Empfängerhorizonts der Plattformnutzer nach den §§ 133, 157 BGB davon auszugehen, dass sich der Nutzer mit den Funktionen und Nutzungsmöglichkeiten der Plattform auseinander gesetzt hat. Deshalb muss er damit rechnen, dass die von ihm öffentlich gestellten Inhalte von anderen Nutzern retweetet werden.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht