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AG München: Zwar muss eine Hotelküche die üblichen Hygieneregeln einhalten. Dennoch verspricht das Hotel keine aseptische Umgebung (Foto: Halfpoint / stock.adobe.com – Symbolbild)
Reiserecht

AG München zu Ansprüchen auf Schadenersatz oder Erstattung des Reisepreises aufgrund einer Magen-Darm-Erkrankung

ESV-Redaktion Recht
06.06.2024
Wird eine Pauschalreise wegen Krankheit abgebrochen, kann der Reisende Schadenersatzansprüche gegen den Veranstalter haben, wenn dieser für die Erkrankung verantwortlich ist. Mit den Anforderungen an den Zurechnungszusammenhang und an den Vortrag des Anspruchstellers hat sich das AG München in einem inzwischen rechtskräftigen Urteil befasst. Dabei ging es um den Abbruch einer Pauschalreise in die Türkei.
In der Streitsache hatte der Kläger bei der Beklagten für seine Familie und sich eine einwöchige Pauschalreise nach Antalya gebucht – zu einem Preis von 3.922 EUR. Die Reise fand im Juli 2022 statt.
 
Allerdings brach der Kläger die Reise ab, weil vor allem sein Sohn nach einigen Tagen über Erbrechen und Übelkeit klagte. Nach Auffassung des Klägers lag die Ursache hierfür in der unzureichenden Hygiene des Hotels, was der Kläger wie folgt begründete:
 
  • Gesundheitsbedenkliches Essen: Schon äußerlich machte das Essen dem Kläger zufolge keinen frischen Eindruck. Zudem  erschienen ihm einige Speisen – vor allem Ei- und Fischgerichte durchweg gesundheitsbedenklich, weil diese unvollständig gegart und teilweise sogar noch roh und damit zum Verzehr ungeeignet serviert wurden.

  • Erbrochenes am Pool: Kurz nach Anreise habe er im Bereich des Swimming-Pools Erbrochenes vorgefunden, das nicht sofort beseitigt worden wäre.
  • Erkrankung weiterer Gäste: Darüber hinaus hätten weitere Hotelgäste an derselben Krankheitssymptomatik gelitten.
Gegenüber seiner Reiseveranstalterin forderte der Kläger nach seiner Rückkehr die Erstattung der Hälfte des Reisepreises, Ersatz für vertane Urlaubszeit sowie den Ersatz der Arztbehandlungskosten vor Ort und der Kosten für die vorzeitige Rückreise.
 

Reiseveranstalterin: Speisen unbedenklich

Die beklagte Reiseveranstalterin wies diese Ansprüche zurück. Sie bestritt die Gesundheitsbedenklichkeit sowie die vorgetragenen unhygienischen Zustände im Zusammenhang mit dem Essen. Die Reiseleitung, die auch für die Sprechstunden vor Ort war, habe die Qualität der Speisen ohne Beanstandungen in Rundgängen geprüft. Schließlich zog der Kläger wegen seiner Ansprüche vor das AG München.
 
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AG München: Kein ausreichender Klägervortrag für Verantwortung des Hotels

Das AG München wies die Klage ab. Im Kern reichten dem Gericht die klägerischen Behauptungen über das Essen sowie der Vortrag, dass auch andere Hotelgäste an ähnlichen Symptomen litten, nicht aus. Demnach legte der Klägervortrag nicht den zwingenden Schluss nahe, dass ausschließlich das Hotel hierfür verantwortlich ist. Die weiteren Erwägungen des Gerichts:  
 
  • Viele andere Krankheitsursachen möglich: Bekanntermaßen sind dem Gericht zufolge zahlreiche Magen-Darm-Erkrankungen nicht auf kontaminiertes Essen zurückzuführen, sondern auf Schmier- oder Tröpfcheninfektionen. Hierbei haften Krankheiterreger an kleinen aerosolen Partikeln und werden über Kontaktflächen oder über das das Ein- und Ausatmen, Husten, Gespräche oder Lachen übertragen. Zwar würde dann schon ein einzelner infizierter Gast genügen, um zu zahlreichen weiteren Ansteckungen zu führen – zum Beispiel bei hochansteckenden Noro-Viren. Ein Hotel könne aber auch dann, wenn es alle Hygieneregeln einhält, keine aseptische Umgebung versprechen, meint das Gericht weiter. Vielmehr realisiert sich demzufolge dann eher ein allgemeines Lebensrisiko.
  • Keine ausreichenden Anzeichen für Verantwortung des Hotels: Nur dann, wenn so viele Gäste erkranken, dass vernünftigerweise andere Ursachen ausscheiden, die den Verantwortungsbereich des Hotels nicht tangieren, können Erkrankungen anderer Gäste ein hinreichendes Anzeichen für einen Verursachungszusammenhang sein. Vorliegend ist aber schon offen, wieviele andere Hotelgäste überhaupt erkrankt waren.
  • Reiseabbruch dem Veranstalter nicht zurechenbar: Ohne ausreichenden Verursachungszusammenhang sind eigene Entscheidungen – wie der Reiseabbruch wegen schwerer Erkrankungen – zwar nachvollziehbar. Diese sind dann aber nicht der Beklagten zuzurechnen.
  • Kein Rückzahlungsanspruch aufgrund einfachen Reisemangels: Auch, soweit die Klage auf einem Mangel beruhen würde und deswegen der Reisepreis zurückzuzahlen wäre, ist die Klage nach Auffassung des Gerichts unbegründet. Würde die Kausalität der bemängelten Hygiene für die Erkrankung der Reisenden außen vor bleiben, wäre der Klägervortrag nur noch als einfacher Reisemangel zu werten. Dann aber wäre eine rechtzeitige Anzeige des Mangels erforderlich. Diese Anzeige müsste aber auch gegenüber dem Veranstalter erfolgen – also gegenüber einem vor Ort tätigen Reiseleiter. Die Beklagte bestreitet eine solche Anzeige aber und der Kläger hatte eine solche nicht näher substanziiert. Eine Anzeige allein gegenüber dem Hotel als Leistungserbringer reicht hierfür nicht aus, so das Gericht weiter.
  • Kein ausreichendes Abhilfeverlangen: Zwar trug der Kläger vor, er habe sich an die Reiseleitung gewendet. Dies soll nach seinem eigenen Vortrag aber  frühestens am 08.07.2022 geschehen sein – also an dem Tag, als er die Reisen abbrach. Damit nahm er der Beklagten die Möglichkeit der Abhilfe.
Quelle: PM des AG München vom 03.06.2024 zum Urteil vom 02.08.2023 – 132 C 230/23


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(ESV/bp)

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