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AG München: Liegt der Strand laut Beschreibung nur „wenige Gehminuten“ vom Hotel entfernt, muss der Strand bei hochpreisigen Ressorts in maximal 5 Minuten erreichbar sein (Foto: cris / stock.adobe.com – Symbolbild)
Reisemangel

AG München zur Auslegung der Beschreibung „nur wenige Gehminuten vom Strand“ entfernt

ESV-Redaktion Recht
27.06.2024
Ist ein Hotel „nur wenige Gehminuten von wunderschönen Stränden“ entfernt, wenn die Entfernung dorthin fußläufig etwa 1,3 km beträgt? Über diese Frage hat das AG München in einem inzwischen rechtkräftigen Urteil entschieden.
In dem Streitfall hatte die Klägerin für ihre neunjährige Tochter und sich für die Zeit vom von 16.07.2022 bis zum 27.07.2022 bei der Beklagten eine Rundreise durch Costa Rica gebucht. Dazu gehörte auch ein Aufenthalt von vier Nächten in einem Boutique-Hotel am Pazifik.
 
Laut Reisbeschreibung war das Hotel „nur wenige Gehminuten von den besten Restaurants und wunderschönen Stränden […] entfernt“. Da die Entfernung tatsächlich etwa 1,3 km betrug, habe die Angabe nicht der Realität entsprochen, so die Klägerin. Die Hotel-Rezeption hätte ihr mitgeteilt, dass der Strand in etwa 25 Gehminuten zu erreichen wäre. Daher müsse man ein Taxi nehmen.
 
In Abstimmung mit der lokalen Ansprechpartnerin der Reiseveranstalterin buchte die Klägerin dann ein Ersatzhotel.
 

Klägerin: Entfernung von 1,3 km entspricht nicht „nur wenigen Gehminuten“


Nach ihrer Rückkehr verklagte sie die Reiseveranstalterin und verlangte Ersatz der verauslagten Kosten für ein Ersatzhotel von 733 EUR und 1.062 EUR Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit aufgrund des Hotelwechsels.  

Beklagte: Entfernung des Hotels vom Strand war vertraglich nicht vereinbart


Nach dem Vortrag der Beklagten wurde nie eine bestimmte Entfernung oder Gehzeit zum Strand vereinbart. Im Übrigen sei der Strand vom Hotel aus in etwa 15 Minuten zu erreichen gewesen.

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AG München: Entfernung des Hotels vom Strand ist Reisemangel


Die Beklagte hatte mit ihrer Argumentation vor dem AG München keinen Erfolg. Das AG folgte dem Antrag der Klägerin in vollem Umfang und verurteilte die Beklagte zur Erstattung der Kosten des Ersatzhotels sowie zu einem Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit – also insgesamt zu einer Zahlung von 1.795 EUR. Die tragenden Erwägungen des Gerichts:
 
  • Entfernung zum Strand als Mangel: Das AG sah die Entfernung des Hotels zum Strand als mangelhaft an. Zwar war die Länge des Fußwegs umstritten. Unstreitig war aber die Entfernung des Hotels vom Strand von 1,3 km.
  • Fünf Minuten als Orientierungsmaßstab für „wenige Geh-Minuten“: Weiterhin meinte das Gericht, dass bei einer hochpreisigen Luxusreise die Umschreibung „wenige Gehminuten“ grundsätzlich eine Zeit von maximal fünf Minuten bedeutet.
  • Durchschnittstempo von 15,6 km/h erforderlich: Die Entfernung zum Strand von 1,3 km kann dem Gericht zufolge aber nur bei einer Gehgeschwindigkeit von 15,6 km/h in fünf Minuten zurückgelegt werden. Dies wäre selbst für erfahrene Läufer ein ambitioniertes Tempo. Auch war der Beklagten bei der Reiseplanung bekannt, dass die Klägerin mit einem neunjährigen Kind reiste. Daher kann das Einhalten eines solchen Tempos erst recht nicht erwartet werden, führt das AG München weiter aus.
  • Berücksichtigung des Reisepreises: Bei der Auslegung des vertraglich vereinbarten Merkmals „wenige Gehminuten“ berücksichtigte das Gericht auch den Reisepreis von 9.000 EUR, in dem die Flüge nicht enthalten waren.
Abschließend wies das AG München darauf hin, dass die Beklagte sich selbst auch als Anbieter mit „unvergessbare Luxusreisen“ darstellt. Daher müsse sie sich auch an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen.
 
Quelle: PM des AG München vom 24.06.2024 zum Urteil vom 22.11.2023 – 242 C 13523/23


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(ESV/bp)

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