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AG München: Mit dem Abstellen ihres Gepäcks im Kofferraum des Busses übertrugen die Kläger ihre Sorgfaltspflichten auf den Reiseveranstalter (Foto: wittayayut / stock.adobe.com – Symbobild)
Reiserecht

AG München zur Kündigung einer Pauschalreise nach Verlust wichtiger Medikamente

ESV-Redaktion Recht
30.07.2025
Kann der Verlust von notwendigen Medikamenten während einer Pauschalreise den Reisenden zur Kündigung des Reisevertrags berechtigen? Bei einem mitgebuchten Bustransfer kamen einem Ehepaar unter anderem Blutdruck- und Cholesterinsenker abhanden. Über ein hierauf gestütztes Kündigungsrecht und die Rückzahlung des Reisepreises hat das AG München nun rechtskräftig entschieden.
In dem Streitfall hatte ein Ehepaar im Alter von 75 und 77 Jahren bei einem Münchner Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt ab Hamburg zu einem Reisepreis von 1.678 EUR gebucht. Zu der Reise gehörte auch ein Bus-Transfer vom Busbahnhof in Hamburg zum Schiff.
 
Bevor der Bus losfuhr, deponierten die Kläger im Gepäckraum des Busses einen Trolley. In diesem befanden sich unter anderem Medikamente wie Blutdrucksenker und Cholesterinsenker. Angekommen im Hafen mussten sie feststellen, dass der Trolley nicht mehr in dem Gepäckraum war.  
 
Ohne ihre täglich benötigten Medikamente verweigerte das Ehepaar den Antritt der Kreuzfahrt. Später verlangte es neben der Rückzahlung des Reisepreises noch 460 EUR Ersatz für verloren gegangene Gegenstände.
 

Beklagte: Abhandenkommen der Medikamente gehört zum allgemeinen Diebstahlsrisiko

 
Der Reiseveranstalter zahlte wegen ersparter Aufwendungen aber nur 216,90 EUR an die Reisenden und verweigerte jegliche weitere Zahlung. Nach Auffassung des Veranstalters lag kein Reisemangel vor. Vielmehr habe sich das nur das allgemeine Risiko eines Diebstahls verwirklicht, so der Veranstalter. Die Kläger hätten ihre Medikamente auch bei sich in der Handtasche transportieren oder das Gepäckfach beobachten können. Daraufhin zogen die Eheleute vor das AG München.

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AG München: Kündigung des Reisevertrages setzt kein Verschulden des Reiseveranstalters voraus

 
Die Klage hatte in weiten Teilen Erfolg. Das AG München verurteilte den beklagten Reiseveranstalter zur Zahlung von 1.551,10 EUR. Dem Gericht zufolge ist das Abhandenkommen der Medikamente ein Reisemangel. Die wesentlichen weiteren Erwägungen des AG:
 
  • Bustransfer als Bestandteil einer Pauschalreise: Der Transfer mit dem Bus zum Hafen gehörte neben der Kreuzfahrt zur gebuchten Pauschalreise und war deren Bestandteil im Sinne von § 651a BGB.
  • Antritt der Kreuzfahrt unzumutbar: Der Verlust der Medikamente hat die Pauschalreise erheblich beeinträchtigt, denn die Kläger mussten diese regelmäßig und zuverlässig einnehmen. Ansonsten hätten ihnen körperliche Beeinträchtigungen und sogar Gesundheitsschäden gedroht. Daher war es den Klägern nicht zuzumuten, die Kreuzfahrt anzutreten.
  • Kein Verschulden des Reiseveranstalters erforderlich: Die Kündigung der Reise setzt gerade kein Verschulden des Reiseveranstalters voraus. Auch die Haftung für Reisemängel ist verschuldensunabhängig.
  • Keine Pflichtverletzung der Kläger: Auch die Kläger hatten keine Vertragspflicht verletzt und insbesondere den Reisemangel nicht verschuldet. Durch das Abstellen ihres Gepäcks im Kofferraum übertrugen sie ihre Sorgfaltspflichten auf den Reiseveranstalter. Entgegen der Auffassung des Beklagten mussten die Kläger ihr Gepäck nach dem Verstauen im Gepäckraum auch nicht weiter beobachten. Ein weiterer Vortrag des Beklagten, aus dem sich eine solche Verpflichtung der Reisenden ergeben könnte, ist nicht ersichtlich, so das Gericht weiter. Ebenso wenig ist den Klägern vorzuwerfen, dass sie ihre Medikamente nicht bei sich behielten. Die Kläger durften darauf vertrauen, dass der Veranstalter das Reisegepäck ordnungsgemäß sichert.
  • Aber – kein ausreichender Vortrag zum Wert der verlorenen Gegenstände: Hinsichtlich der verloren gegangenen Gegenstände sprach das Gericht den Klägern jedoch nur einen Teilbetrag von insgesamt 90 Euro zu. Die Kläger hatten weder zum Anschaffungspreis noch zum Zeitwert der verlorenen Gegenstände einen substantiierten Vortrag geliefert, sodass dem AG München letztlich auch eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung des Werts fehlte.
 
Die Entscheidung des AG München ist rechtskräftig.
 
Quelle: PM des AG München vom 28.07.2025 zum Urteil vom 11.01.2025 223 – C 12480/23


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(ESV/bp)

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