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Von links nach rechts: Andreas Hartl, Anna Ludin und Christina Werthschulte (Foto: privat)
Datennutzungsgesetz: Nachfragt bei Christina Werthschulte, Anna Ludin und Andreas Hartl

Andreas Hartl: „Ohne mehr Nutzung von Daten lassen wir Möglichkeiten liegen“

ESV-Redaktion Recht
27.06.2023
Das Interesse an der Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors wächst stetig. Neben Corona und den technischen Entwicklungen hat auch die Ausweitung des Open-Data-Gesetzes einen großen Anteil daran. Die Verwendung betreffenden Daten soll das Datennutzungsgesetz (DNG) regeln. Hieraus resultierende Fragen beantworten Andreas Hartl, Anna Ludin und Christina Werthschulte im Interview mit der ESV-Redaktion.
Herr Hartl, die Bedeutung der Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors im Rahmen der Digitalisierung nimmt in Lebensbereichen zu. Warum?

Andreas Hartl: Die Corona-Pandemie hatte einen Katapulteffekt für das Thema Datennutzung. Die Corona-Warn-App zum Beispiel hat geholfen, Infektionsketten zu durchbrechen. Das ging im Hintergrund recht einfach durch Datenauswertung. Die Bedeutung der Datennutzung nahm schon vor Corona zu, nur vergleichsweise langsam, aber stetig. Die technologische Entwicklung trägt enorm bei: Speicherung und Rechenleistung sind kaum mehr begrenzende Faktoren, Künstliche Intelligenz ermöglicht eine viel komplexere, verknüpfte Datenverarbeitung. Gleichzeitig wird zunehmend eine Kluft sichtbar: Was technisch möglich wäre, aber wegen fehlender Daten nicht geht. Wo es Daten gibt gilt, dass Daten des öffentlichen Sektors besonders wertvoll sind: Sie sind zuverlässig und „eh da“. Da der Staat keine Geschäfte machen soll, entfallen Kosten für die Erhebung und Speicherung. Das ist nicht nur unternehmerisch attraktiv, sondern auch für die Zivilgesellschaft.

Welche Rolle spielt dabei die Ausweitung des Open-Data-Gesetzes des Bundes und was ist überhaupt unter „Open Data“ zu verstehen, Frau Werthschulte?

Christina Werthschulte: Die Ausweitung des Open-Data-Gesetzes spielt für die öffentliche Verwaltung auf jeden Fall eine große Rolle. Wie Andreas schon angedeutet hat, haben gerade öffentliche Stellen ohnehin bereits eine Fülle an vorhandenen Daten aus den verschiedensten Bereichen. Viele Daten sind natürlich personenbezogen, aber es gibt auch einiges an Open Data. Darunter versteht man grundsätzlich unbearbeitete Rohdaten, an denen keine Rechte Dritter bestehen. Nicht erfasst sind also beispielsweise personenbezogene oder bearbeitete Daten, Daten, die Geschäftsgeheimnisse betreffen oder Daten, die nicht in einem offenen Format vorliegen. Die Frage, wann man noch von Open Data sprechen kann, ist teilweise gar nicht so einfach zu beantworten. Wir hoffen daher, dass wir mit unserer Arbeit einen Teil zum besseren Verständnis bzw. zur leichteren Entscheidungsfindung beitragen konnten.

Frau Ludin, was regelt vor diesem Hintergrund das DNG und welchen Zweck hat es?

Anna Ludin: Das DNG regelt die Nutzungsbedingungen von Daten des öffentlichen Sektors, die uneingeschränkt zugänglich sind. Dies kann unter anderem Geodaten, Wetterdaten, Statistikdaten und vieles mehr betreffen. In Umsetzung der europäischen Open-Data-Richtlinie geht es dabei um die Fortsetzung des Weiterverwendungsrechts für Informationen des öffentlichen Sektors, das EU-weit seit 2003 im Rahmen der PSI-Richtlinie etabliert war.

Heute nimmt der modernisierte Regelungsrahmen insbesondere die digitale Nutzung von Daten in den Blick, auch zu Gunsten von Innovationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Damit verfolgt das DNG den Zweck, mehr Daten des öffentlichen Sektors nutzbar zu machen für die kommerzielle und nicht-kommerzielle Verwendung. Mit der Steigerung verfügbarer Daten und der verbesserten Nutzungsmöglichkeit verbindet die Digitalpolitik das Ziel, europaweite Innovationen zu ermöglichen und neue Wertschöpfungsmöglichkeiten zu schaffen.


 
„Die Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors und die Rolle des DNG“


Und wie fügt sich das nationale DNG in das Gesamtgeflecht der Datengesetze ein, vor allem auch vor dem supranationalen Hintergrund und Stichworten, wie DA, DGA, DSA oder DMA?

In Umsetzung der Open-Data-Richtlinie bildet das DNG eine Säule der europäischen und nationalen Datenpolitik. Das DNG betrifft, wie die Richtlinie, lediglich Daten des öffentlichen Sektors. Damit soll auch der öffentliche Sektor einen Beitrag leisten zur breiteren Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Daten. Im Zusammenspiel mit den weiteren europäischen Vorhaben ist ein europäischen Daten- und Digitalrecht im Entstehen.

Der Data Governance Act (DGA) dient der Steigerung des Vertrauens zwischen Akteuren, die freiwillig Daten teilen. Im Hinblick auf Daten des öffentlichen Sektors ergänzt der DGA das DNG in Bezug auf die Nutzungsbedingungen für eingeschränkt zugängliche Daten des öffentlichen Sektors. Diese Daten sind nicht frei zugänglich, weil unterschiedliche Gründe der offenen Zugänglichkeit entgegenstehen (z.B. Gründe des Datenschutzes, der statistischen Geheimhaltung oder entgegenstehender Immaterialgüterrechte Dritter).

Der Vorschlag eines Data Act (DA) ergänzt den Datenrechtsrahmen: Er dient der Gestaltung einer fairen Datenökonomie, indem Zugangsrechte in den Verhältnissen B2B, B2C und B2G, also business to government, aufgestellt werden. Im Übrigen geht es u.a. um vertragliche Fairness, Interoperabilitätsanforderungen sowie um den Cloudanbieterwechsel.

Demgegenüber befassen sich der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA) nicht ausschließlich, sondern auch mit datenbezogenen Regelungen. Der DSA regelt den Umgang mit illegalen Inhalten auf Plattformen; der DMA ist ein wettbewerbsnahes Instrument, das erstmals EU-weite Regeln für die größten Akteure der Digitalwirtschaft, sogenannte Gatekeeper, aufstellt.

Zu den Personen
  • Andreas Hartl ist seit Oktober 2022 Leiter des Referates Telekommunikation, Medienwirtschaft, Post im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Davor hat er mehr als fünf Jahre das Referat Künstliche Intelligenz, Datenökonomie, Blockchain geleitet. Zu seinen Aufgaben zählten unter anderem die federführende Verhandlung der EU-Richtlinie über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors sowie deren Umsetzung in Bundesrecht durch das Datennutzungsgesetz.
  • Anna Ludin ist Referentin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Seit September 2021 ist sie als Nationale Expertin bei der Europäischen Kommission im Bereich Datenpolitik eingesetzt. Zuvor war sie im Bundeswirtschaftsministerium für den Themenbereich Datenökonomie zuständig, wo sie u.a. das Gesetzgebungsvorhaben zum Datennutzungsgesetz federführend betreute.
  • Christina Werthschulte ist Referentin im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Sie ist seit 2016 in der Bundesverwaltung tätig, unter anderem in den Bereichen Beschaffung und Digitalisierung, und war federführend für den Themenbereich Open Data in der Bundesverwaltung und die Erweiterung des OpenData-Gesetzes des Bundes zuständig.

Die Erstellung des Werkes erfolgte nicht im Rahmen der dienstlichen Tätigkeiten als Beamte für BMWK bzw. BMI.


Wie grenzen sich Datennutzungs- und Datenschutzrecht denn voneinander ab, Herr Hartl?

Andreas Hartl: Das Datennutzungsrecht zielt darauf ab, die Bedingungen für die Nutzung von bereitgestellten, insbesondere offen verfügbaren Daten des öffentlichen Sektors zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Dadurch soll der sozio-ökonomische Mehrwert von steuerfinanzierten Daten gehoben werden, um weiteren gesamtwirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Wert zu stiften.

Das Datenschutzrecht hingegen hat zum Ziel, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren und zu konkretisieren. Die Grundidee ist: Jeder Mensch soll grundsätzlich über seine personenbezogenen Daten selbst verfügen dürfen.

Im Fall von personenbezogenen Daten setzt das DNG voraus, dass eine Befugnis zur Bereitstellung vorliegt. Wichtig ist: Bereitgestellte personenbezogene Daten sind von dem Recht auf Datennutzung umfasst. Nur soweit der Schutz personenbezogener Daten entgegensteht, gelten die Daten als nicht oder nur eingeschränkt zugänglich und sind damit vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.

Eine zentrale Rolle spielen ja die öffentlichen Stellen. Was sind denn öffentliche Stellen im Sinne des DNG und wie ist dieser Begriff auszulegen?

Der typische Fall sind Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen. Dann kommen als sogenannte „andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts“ die öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Körperschaften sowie Gesellschaften nach bürgerlichem Recht in Frage, die als Auftraggeber dem Vergaberecht unterliegen.

Der europäische Gesetzgeber hat bewusst das Vergaberecht als Unterscheidungsmerkmal herangezogen. Die Faustformel ist: Wenn eine Organisation bei der Beschaffung das Vergaberecht anwenden muss, dann gilt bei bereitgestellten Daten auch das Datennutzungsgesetz. Wichtige Kriterien sind: Finanzierung, Kontrolle oder Aufsicht durch den Staat.

Frage an Frau Werthschulte und Frau Ludin, was müssen Behörden und Unternehmen der Daseinsvorsorge bei der Bereitstellung von Daten besonders beachten?

Christina Werthschulte: Für die Behörden, die öffentliche Daten initial bereitstellen, sollte aus meiner Sicht vor allem das Konzept „open by design“ beachtet werden. Man soll sich dabei bestenfalls schon vor Erhebung oder Erfassung der Daten fragen „Was können wir tun, um aus dem Prozess möglichst viele Daten als Open Data veröffentlichen zu können?“. Der Umgang mit den umfänglichen Datenschutzregelungen gestaltet sich oft schwierig und Datenerhebung und -nutzung hat in vielen Verwaltungsprozessen nicht unbedingt Priorität. Wenn man sich diese Frage daher schon zu Beginn eines Projekts stellt, kann man sich viele Folgeprobleme ersparen und Daten bestmöglich nutzen.

Anna Ludin: Nach dem DNG gelten die Nutzungsbedingungen nunmehr auch für Unternehmen der Daseinsvorsorge, soweit sie Daten zugänglich machen. Das bedeutet insbesondere, dass sie unterschiedliche Nutzer nicht diskriminieren dürfen und grundsätzlich keine unterschiedlichen Bedingungen auferlegen dürfen, z.B. Entgelte, Formate, Lizenzbedingungen.

Wie sind die Daten bereitzustellen und wer trägt hierfür die Kosten, Frau Ludin?

Anna Ludin: Soweit der öffentliche Sektor Daten bereitstellen muss, sollte die Bereitstellung nach dem DNG auch maschinenlesbare Formate mit entsprechenden Metadaten umfassen. Die Bereitstellung sollte auch über das Metadatenportal Govdata auffindbar sein. Unterschiedliche Nutzer zugänglicher Daten des öffentlichen Sektors sollten gleichbehandelt werden.

Grundsätzlich trägt der öffentliche Sektor die Kosten der Bereitstellung, diese gehen allerdings bei digitaler Bereitstellung gegen null. Die datenbereitstellende Stelle kann jedoch bestimmte entstandene Grenzkosten vom Nutzer verlangen. Ausnahmen bestehen insbesondere für hochwertige Datensätze, die in einem Durchführungsrechtsakt gelistet sind, zum Beispiel Wetterdaten oder Geodaten. Diese sozioökonomisch besonders relevanten Daten müssen vollständig kostenlos bereitgestellt werden.

Wieder an Herrn Hartl, welche Rechte haben die Datennutzer und wie dürfen die bereitgestellten Daten genutzt werden?

Andreas Hartl: Das ist ein wenig spiegelbildlich zu dem, was Anna gerade sagte: Also Maschinenlesbarkeit, Metadaten, Auffindbarkeit über Govdata. Generell ist zu sagen:

Das grundlegende Recht des DNG ist die gesetzliche Erlaubnis der Datennutzung für jeden kommerziellen oder nichtkommerziellen Zweck. Von öffentlichen Stellen und Unternehmen der Daseinsvorsorge bereitgestellte Daten dürfen also unabhängig vom konkreten Zweck genutzt werden. Daten dürfen in allen angefragten und vorhandenen Formaten und Sprachen genutzt werden. Dynamische Daten sind darüber hinaus in Echtzeit nach Erfassung über eine Anwendungsprogrammierschnittstelle, also eine API, bereitzustellen.

Datenbereitsteller dürfen die Datennutzung unter Bedingungen stellen, also eine Lizenz vorsehen. Diese Bedingungen müssen diskriminierungsfrei sein, die Datennutzung darf nur in engen Grenzen und zeitliche befristet exklusiv erlaubt werden.

Und die Datennutzung ist grundsätzlich unentgeltlich. Sind ausnahmsweise Entgelte zulässig, zum Beispiel für Bibliotheken, Museen, Archive und Unternehmen der Daseinsvorsorge, dann gelten Regeln für die Entgeltbemessung und Entgelttransparenz.

Gibt es auch Nutzungseinschränkungen für die betreffenden Daten, etwa für kommerzielle Zwecke? Was meinen Sie Frau Ludin?

Anna Ludin: Grundsätzlich gilt ein Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. ein Diskriminierungsverbot. Das DNG fördert die möglichst uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit von Daten des öffentlichen Sektors für sämtliche Akteure. Nutzungsbedingungen (Lizenzen) sind möglich, soweit diese objektiv, verhältnismäßig, nichtdiskriminierend und durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt sind. Die Lizenz darf dabei nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.

Herr Hartl, welche Rolle kann dabei insbesondere das Urheberrecht spielen?

Andreas Hartl: Geistiges Eigentum von Dritten, also weder von Datenbereitstellern noch von dem Datennutzer, führt zur Nichtanwendbarkeit des Datennutzungsgesetzes. Geistiges Eigentum umfasst Urheberrechte und verwandte Schutzrechte sowie gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Gebrauchsmuster oder Marken. Im Fall von urheberrechtlich geschützten Werken oder Datenbanken ist das DNG nicht anwendbar, das Datennutzungsgesetz verleiht dann kein Datennutzungsrecht. Bei gemeinfreien amtlichen Werken wie Gesetzen und Verordnungen sowie Bekanntmachungen und amtlichen Werken, die aus amtlichem Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht sind, besteht ein Anspruch auf Datennutzung. 

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Frau Werthschulte, kommen wir zu den Betriebsgeheimnissen. Wie sind diese geschützt?

Christina Werthschulte: Für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gibt es eine Ausnahme im Open-Data-Gesetz über den Verweis auf § 6 des Informationsfreiheitsgesetzes in § 12a Absatz 3 Nr. 1a EGovG. Steht der Schutz von Geschäftsgeheimnissen der Datennutzung entgegen, gilt auch das Datennutzungsgesetz nicht. Insgesamt wurde darauf geachtet, zwischen den berechtigten Interessen Dritter und der Notwendigkeit, möglichst viele (offene) Daten bereitzustellen, einen angemessenen Ausgleich und, wo notwendig, klarstellende Regelungen zu treffen.

Wieder an Herrn Hartl, demnächst erscheint im Rahmen der Reihe der Berliner Kommentare Ihr Werk zum Datennutzungsgesetz (DNG) im Erich Schmidt Verlag. Was ist das Besondere daran?

Andreas Hartl: Uns ging es darum, praxisrelevantes Wissen kompakt zusammenzustellen. Wir waren im Gesetzgebungsprozess eingebunden und hatten Kontakt zu vielen Stakeholdern aus der Praxis. Wir haben gehört, wo bei Datenbereitstellern und Datennutzern der Schuh drückt. Unser Kommentar hat den Anspruch, rechtswissenschaftlich akkurat und gleichzeitig strikt praxisrelevant zu sein. Die Ausführungen in dem Kommentar geben selbstverständlich allein unsere persönliche Auffassung wieder.

Und an wen richtet es sich, Frau Ludin und Frau Werthschulte?

Anna Ludin: Der Kommentar soll insbesondere Anwendern in der Praxis im Verständnis des neuen Regelwerks unterstützen, d.h. datenbereitstellende Behörden und öffentliche sowie private Unternehmen der Daseinsvorsorge.

Christina Werthschulte: Die Ausführungen zum Open-Data-Gesetz sollen vor allem der Bundesverwaltung weiterhelfen, wenn in Einzelfällen Unklarheiten bestehen. Ich kann mich selbst noch zurückerinnern, wie es war, als ich das erste Mal mit der Materie befasst war und mir die Frage gestellt hab, was ist jetzt eigentlich Open Data und auf was muss ich bei der Erhebung, Erfassung und Bereitstellung konkret achten? Auf diese und weitere Detailfragen wollten wir möglichst ausführliche und klare Antworten geben.

Abschließende Frage an alle, sehen Sie noch Schwachstellen oder wird das Gesetz seine Ziele erreichten?

Christina Werthschulte: Wie ich bereits angesprochen habe, gilt es im Bereich der Datenbereitstellung und -nutzung immer, einen möglichst praktikablen und für alle Seiten vertretbaren Kompromiss zwischen Nutzen einerseits und Arbeitsaufwand, Datenschutz und anderen berechtigten Interessen Dritter andererseits zu finden. Die Regelungen zu offenen Daten der Verwaltung könnten daher natürlich noch umfangreicher sein. Ich glaube, gerade in Deutschland haben viele großen Respekt vor den datenschutzrechtlichen Regelungen. Hier können wir auf jeden Fall noch ansetzen.

Eine große Hilfe könnten zum Beispiel das Dateninstitut sein, das nach dem Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung errichtet werden soll. Die Bundesregierung hat außerdem angekündigt, die Datenstrategie von Februar 2021 zeitnah zu erneuern und mit einem Transparenzgesetz gesetzliche Ansprüche auf Open Data zu schaffen. Es gibt in jedem Fall noch großes Potential in diesem Bereich.  

Anna Ludin: Das DNG wird die Zielsetzung, mehr Innovationen zu ermöglichen, dann erfüllen, wenn insbesondere mehr Daten des öffentlichen Sektors verfügbar sind. Dafür sollte das DNG kontinuierlich durch Bereitstellungspflichten und Zugangsrechte zu Daten des öffentlichen Sektors ergänzt werden. Die breitere Verfügbarkeit ist Vorbedingung für die bessere Nutzbarkeit, die das DNG bewirkt.

Andreas Hartl: Absolut. Das DNG kann nur so gut sein wie die Menge an bereitgestellten Daten. Ein weiterer Aspekt: Das DNG ist ein „Kind der 19. Wahlperiode“, und die aktuelle Open-Data-Richtlinie ist noch von der Juncker-Kommission initiiert worden. Seither ist in Europa und Deutschland schon viel geschehen und wichtige Verbesserungen stehen an. Christina verwies bereits auf Dateninstitut und Transparenzgesetz. Ich persönlich würde sehr begrüßen, wenn Gesundheitsdaten eine stärkere Rolle spielen. Gesundheit ist ein elementares Bedürfnis. Gerade hier ist datenpolitisch endlich einiges in Bewegung, etwa durch den europäische Gesundheitsdatenraum. Daten sind nicht alles, aber ohne mehr Datennutzung lassen wir Möglichkeiten ungenutzt.


Neues Recht aus erster Quelle


DNG

Der Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors kommt im Rahmen der Digitalisierung sämtlicher Bereiche des Lebens eine zunehmende Bedeutung zu. Zudem ist der öffentlich zugängliche Datenbestand durch die Ausweitung des Open-Data-Gesetzes des Bundes weiter angewachsen. Das neue Datennutzungsgesetz (DNG) regelt, wie offene Daten des öffentlichen Sektors genutzt werden dürfen. Über eine Anfang 2023 in Kraft getretene Durchführungsverordnung werden für hochwertige Datensätze zudem besondere Regeln gesetzt.

Einblicke der federführenden Akteure (*)

Der Berliner Kommentar DNG verschafft Ihnen einen schnellen Überblick über die neuen Rechte und Pflichten. Die Autorinnen und der Autor waren federführend an der Entstehung des Gesetzes beteiligt und klären hier u.a. folgende Fragen:

  • Was müssen Behörden und Unternehmen der Daseinsvorsorge bei der Bereitstellung von Daten beachten?
  • Welche Rechte habe ich als Datennutzer?
  • Was gilt, wenn ich von Behörden bereitgestellte Open Data nutzen will?

Neben der einschlägigen Rechtsprechung behält das Werk auch Querbezüge zu anderen Rechtsgebieten und spezialgesetzlichen Regelungen im Blick.

(*) Das Werk spiegelt ausschließlich die persönlichen Meinungen der Autor/-innen wider.

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(ESV/bp)

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