Ausscheidende Mitarbeiter
Den richtigen Gesprächs-Zeitpunkt finden
Genauso wichtig, wie der Einstieg, ist aus Sicht der Compliance auch der Ausstieg eines Mitarbeiters. Dementsprechend sollte der Compliance-Officer rechtzeitig das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen, der das Unternehmen verlässt. Das Gespräch sollte nicht in der Hektik der letzten Arbeitswoche stattfinden, sondern idealerweise etwa einen Monat vor dem Ausscheiden.Da sich Compliance-Officer und der ausscheidende Mitarbeiter idealerweise bereits kennen, kann der Gesprächsgrund offen angegeben werden – was für den weiteren Gesprächsverlauf förderlich ist: Die Compliance möchte letzte Informationen gewinnen, aber auch ein offenes Feedback für die eigene Tätigkeit erhalten. Taktische Aussagen von Seiten der Mitarbeiter sind auch nicht mehr notwendig, da der Mitarbeiter in der Regel keine Rücksicht mehr nehmen muss.
Aber Vorsicht: Eine absolute Wahrheit kann es nie geben! Der Informationsgehalt der Aussagen ist dennoch ein anderer als bei Gesprächen, in denen immer bewusst ist, dass auch die Compliance über Sanktionsmöglichkeiten verfügt. Wichtig – und das muss auch zugesichert werden: Das Gespräch bleibt vertraulich und der ehemalige Vorgesetzte des Mitarbeiters darf nicht über den Verlauf informiert werden.
Ausstiegs-Gespräch: Worum geht es?
An erste Stelle geht es darum, an den Erfahrungen des Gesprächspartners teilzuhaben. Dabei steht die Compliance im Mittelpunkt. Wie wurden die Vorgaben im Arbeitsalltag erlebt? Wo wurde die Tätigkeit erleichtert, wo erschwert? Welche Veränderungen wurden im Zeitablauf erfahren? Explizit sollte Verbesserungspotential angesprochen werden. Dabei hat der Gesprächsverlauf bewusst allgemeinen Charakter.Auch der Compliance-Officer sollte ein eigenes Feedback einbringen. Wie hat der Mitarbeiter auf ihn gewirkt? Wo war eine kooperative Zusammenarbeit möglich? Wo gab es Hindernisse, Misstrauen, ja Widerstände? Zwar mag der Mitarbeiter nicht mehr vom Feedback beruflich profitieren, allerdings kann dieser seine Motive erläutern, damit der Compliance-Mitarbeiter diese nachvollziehen kann. Dabei sollte auch das eigene Austreten thematisiert werden. Zwar kann es ein Compliance-Officer nicht allen rechtmachen. Wo aber Differenzen die fachliche Dimension überschritten haben, besteht Erklärungs- und Handlungsbedarf.
Sicherlich besteht seitens der Compliance auch Interesse an möglicherweise kritischen Vorgängen aus der Vergangenheit, die bisher weder angegeben, noch aufgedeckt wurden. Auf dieses Thema zu drängen, wird selten erfolgreich sein. Eher sollte eine langsame Über-leitung erfolgen, die das Nachfragen nach Schwachstellen der Internen Revision als auch der Compliance bei einzelnen Prüfungen in den Mittelpunkt stellt.
Hier große Erwartungen zu hegen, führt aber eher zu Enttäuschungen. Trotzdem sollten die Hinweise ernst genommen werden. Ergeht sich der Gesprächspartner in Andeutungen, kann durchaus offensiv reagiert werden, wenn diese für konkrete Schritte nicht ausreichen.
Ohne weitere Informationen sind der Compliance aber die Hände gebunden. Auf nebulöse Vorwürfe und Verdächtigungen sollte der Compliance-Officer allerdings nicht eingehen. Möchte der Mitarbeiter nicht konkreter werden, wird auf die Möglichkeit verwiesen, auch nach Ausscheiden aus dem Unternehmen den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Der Fairness halber gilt es, darauf hinzuweisen, dass auch Ehemalige nach dem Ausscheiden zivil- und strafrechtlich haftbar gemacht werden können.
Serie Mitarbeiter-Compliance
Teil 1: "Compliance: Ein Thema aller Mitarbeiter"Teil 2: "Was Compliance-Verantwortliche von Geheimdiensten lernen können"
Teil 3: "Die Welt vor Compliance"
Teil 4: "Einstieg ins Unternehmen"
Weitere Informationen zu dem Thema gibt das Buch "Mitarbeiter Compliance", welches im Erich Schmidt Verlag erschienen ist.
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