BaFin überarbeitet Diskussionspapier zu Leitfaden für aufsichtliche Beurteilung von bankinternen Risikomanagementverfahren
Durch den Single Supervisory Mechanism (SSM) und die daraus resultierenden neuen Aufgaben der EZB sowie die Leitlinien zur aufsichtlichen Überwachung und Bewertung der EBA, kurz SREP, haben sich europäische Aufsichtsstruktur und -praxis erheblich verändert, so die BaFin. Dies würde sich auch auf die bankaufsichtliche Beurteilung des internen Bankenrisikomanagements (ICAAP) nicht unerheblich auswirken.
Der Rechtsrahmen |
Risikomanagement - Internal Capital Adequacy Assessment Process – ICAAP: Banken sind nach Artikel 73 der EU-Bankenrichtlinie (Richtlinie 2013/36/EU) dazu verpflichtet, solide, wirksame und umfassende Strategien und Verfahren anzuwenden, mit denen sie die Höhe, die Arten und die Verteilung des internen Kapitals, das sie zur Absicherung ihrer Risiken für angemessen halten, fortlaufend bewerten und auf einem ausreichend hohen Stand halten. Überwachung durch Aufsicht - Supervisory Review and Evaluation Process – SREP: Nach Artikel 97 der EU-Bankenrichtlinie gehört die kontinuierliche Überprüfung der Angemessenheit und Wirksamkeit des ICAAP zum bankaufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess. Konkretisierung durch EBA-Leitlinien für SREP: Diesen Bewertungsprozess hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA in ihren Leitlinien zu gemeinsamen Verfahren und Methoden für den SREP (EBA/GL/2014/13 vom 19.12.2014) konkretisiert. Demnach sollen die Aufsichtsbehörden den ICAAP regelmäßig überprüfen und dessen Solidität, Wirksamkeit und Vollständigkeit beurteilen. Ferner müssen sie bewerten, wie der ICAAP in das Gesamtrisikomanagement und das strategische Management einschließlich der Kapital- und Liquiditätsplanung integriert ist. Deutsche Umsetzung durch § 25 a KWG und MaRisk: Umgesetzt hat der deutsche Gesetzgeber diese EU-Vorgaben in § 25a Absatz 1 Satz 3 Nr. 2 KWG. Hierzu steckte die Aufsicht durch die gemeinsam mit der Praxis entwickelten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) einen grundsätzlichen Rahmen ab. Dieser räumt den Instituten aber noch Spielräume für eine individuelle Umsetzung ein. Zudem stellen zahlreiche Öffnungsklauseln sicher, dass auch kleinere Institute die Anforderungen flexibel umsetzen können. |
Grundsätze der aufsichtlichen Beurteilung
Nach einer Einleitung in die Thematik legt das Diskussionspapier die Grundsätze der aufsichtlichen Beurteilung von Risikomanagementsystemen dar. Ausgangspunkt der Beurteilung sind danach die Prinzipien der Solidität, Wirksamkeit und Vollständigkeit:Solidität: Hier geht es um die Frage, ob anhand der Verfahren, Methoden und Prozesse des Risikotragfähigkeitskonzepts die Angemessenheit der Kapitalausstattung beurteilt und die Risikotragfähigkeit sichergestellt werden kann.
Wirksamkeit: Bei der Wirksamkeit geht es dem Papier zufolge darum, wie Verfahren, Methoden und Prozesse des Risikotragfähigkeitskonzepts in die Gesamtbanksteuerung integriert sind und wie diese für das Risikomanagement und das Kapitalmanagement genutzt werden.
Vollständigkeit: Die Verfahren, Methoden und Prozesse sollen alle wesentlichen Risiken des Instituts abdecken und die rechtlichen Anforderungen an das Risikotragfähigkeitskonzept erfüllen.
Perspektiven des ICAAP
Sodann behandelt das Papier die Perspektiven des ICAAP und unterscheidet hier zwischen der normativen und der ökonomischen Perspektive.Normative Perspektive
Die normative Perspektive betrachtet die Gesamtheit der regulatorischen und aufsichtlichen Anforderungen und der hierauf basierenden internen Anforderungen. Relevante Steuerungsgrößen sind danach vor allem Kapitalgrößen wie Kernkapitalanforderung, SREP-Gesamtkapitalanforderung, kombinierte Pufferanforderung, Eigenmittelzielkennziffer sowie alle Strukturanforderungen an das Kapital, wie zum Beispiel die Höchstverschuldungsquote und Großkreditgrenzen.Ausgangspunkt sind die regulatorischen und aufsichtlichen Kennzahlen sowie deren Berechnungslogik. Diese kann dem aufsichtlichen Meldewesen entnommen werden. Weiterhin umfasst die normative Perspektive folgende Kriterien:
Risikodeckungspotenzial: Das Risikodeckungskapital besteht aus regulatorischen Eigenmitteln sowie aus etwaigen weiteren Kapitalbestandteilen, soweit diese aufsichtlich zur Abdeckung von Kapitalanforderungen und -erwartungen anzuerkennen sind. Dies ergibt sich vor allem aus § 340 f HGB (Vorsorge für allgemeine Bankrisiken).
Risikoarten und Risikoquantifizierung: Die Verfahren zur Risikoquantifizierung ergeben sich für Marktpreisrisiken, operationelle Risiken und Adressrisiken aus den Anforderungen der CRR. Hieraus können dann risikogewichtete Positionsbeträge ermittelt werden.
Kapitalplanung: Die Kapitalplanung muss sich über mindestens drei Jahre erstrecken. Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Planszenario (Basisszenario) und Adversen Szenario.
Planszenario |
Adversen Szenario |
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Ökonomische Perspektive des ICAAP
Diese Perspektive betrachtet das Risikodeckungspotenzial losgelöst von der Abbildung in der externen Rechnungslegung. Hier einige Beispiele:- So wären bei einer barwertigen Ermittlung des Risikodeckungspotenzials sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts zu ermitteln. Hierzu gehören auch außerbilanzielle Positionen.
- Ertragsbestandteile, die auf einem geplanten Neugeschäft beruhen, dürfen nicht angesetzt werden.
- Bei der Ermittlung des Barwerts für Aktiva sind erwartete Verluste, wie zum Beispiel Ausfallrisiken, operationelle Risiken und Bestandskosten zu berücksichtigen.
- Erwartete Verluste können beispielsweise durch Anpassung der Zahlungsströme oder die Verwendung risikogerechter Zinssätze bei der Abzinsung der Cashflows erfolgen.
Weitere Aspekte und Anhang
Das Papier schließt mit Ausführungen zu Stresstests und Steuerungsaspekten für beide Perspektiven. Weiterhin ist dem Papier ein Anhang zum Umgang mit bestehenden Ansätzen beigefügt.Interessierte Marktteilnehmer können bis zum 17.10.2017 ihre Stellungnahmen zu dem Papier abgeben.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht