BAG: Forderung nach Konfessionszugehörigkeit kann Diskriminierung sein
Klägerin: Diskriminierung aus religiösen Gründen
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie aus Gründen der Religion abgelehnt wurde und verlangte Schadenersatz in Höhe von mindestens 9.788,65 Euro nach § 15 Absatz 2 AGG.
Vorinstanzen uneins
Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin verurteilte den beklagten Kirchenträger zu einer Zahlung von 1.957,73 EUR. Demgegenüber hob die Berufungsinstanz – das LArbG Berlin – das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab.
BAG spielt Ball zum EuGH
Nach einer Revision des Beklagten legte der Achte Senat des BAG legte die Sache dem EuGH vor. Die Kernfragen:
- Verstößt das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gegen Art. 4 Absatz 2 der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie (Richtlinie 2000/78/EG) und wenn ja, welche Ausnahmen gibt es?
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Inwieweit sind berufliche Anforderungen, bei denen sich religiöse Organisationen auf das Privileg ihrer kirchlichen Selbstbestimmung berufen, gerichtlich überprüfbar?
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EuGH: Verlangen von Konfessionszugehörigkeit ist gerichtlich überprüfbar
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Zur Bedingung gemacht werden darf eine Religionszugehörigkeit nur, wenn dies für die entsprechende Tätigkeit objektiv geboten ist.
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Verlangen die Arbeitgeber eine Konfessionszugehörigkeit, muss deren Erfordernis gerichtlich kontrolliert werden können.
BAG: Konfessionszugehörigkeit nicht gerechtfertigt
Aus der Luxemburger Entscheidung folgt zunächst, dass die Erfurter Richter § 9 Absatz 1 Alternative 1 AGG nicht anwenden durften. Dennoch hatte der Achte Senat des BAG die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung nach § 9 Absatz 1 Alt. 2 AGG zu prüfen. Nach Auffassung des Senats lagen aus folgenden Gründen keine Rechtfertigungsgründe im Sinne der genannten Norm vor:
- Unterschiedliche Behandlungen wegen der Religion sind – in unionsrechtskonformer Auslegung – nur zulässig, wenn die Religion eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung ist.
- Konfessionszughörigkeit muss geboten sein: Dieses bestimmt sich danach, ob eine Konfessionszugehörigkeit angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft im Hinblick auf die Tätigkeit und die Umstände ihrer Ausübung notwendig ist. Mit anderen Worten: Die Konfessionszughörigkeit muss für die Tätigkeit absolut und objektiv geboten sein.
- Keine Gefahr für Ethos der Kirche: Hieran hatte das BAG erhebliche Zweifel. Jedenfalls sahen die höchsten deutschen Arbeitsrichter im konkreten Fall keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr, die das Ethos des Beklagten beeinträchtigen würde. Dies folgerte der Senat im Wesentlichen daraus, dass der jeweilige Stelleninhaber in einen „internen Meinungsbildungsprozess beim Beklagten eingebunden war und deshalb in Fragen, die das Ethos des Beklagten betrafen, nicht unabhängig handeln konnte“.
Quelle: PM des BAG vom 25.10.2018 zum Urteil vom selben Tag – 8 AZR 501/14
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20.04.2018 |
| Neues aus Luxemburg, Karlsruhe, Berlin und Koblenz | |
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Autoren: Dr. Friedrich H. Heither und Dr. Martin Heither – Begründet von: Prof. Dr. jur. Fritz Auffarth und Dr. jur. Rudolf Schönherr |
(ESV/bp)
Programmbereich: Arbeitsrecht