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Ab sofort dürfen auch auswärtige Touristen in Niedersachsen übernachten – hier in einem Strandhotel auf der sehr beliebten Insel Borkum (Foto: eddi_m / stock.adobe.com)
Corona und touristisches Beherbergungsverbot in Niedersachsen

Beherbergungsverbot für auswärtige Touristen in Niedersachsen gekippt

ESV-Redaktion Recht
20.05.2021
Beherbergungsverbote für Touristen aufgrund von Corona sind nach wie vor umstritten. Während die Verbote vor den Gerichten bisher überwiegend standhielten, hat nun das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht – in einer sehr ausdifferenzierten Entscheidung – eine Regelung der Corona-VO des Landes vorläufig außer Vollzug gesetzt, die nur auswärtige Besucher dem Verbot unterstellt hatte.
In dem Streitfall wohnt der Antragsteller in Nordrhein-Westfalen und hat ab dem 22.05.2021 einen Urlaub in einer Ferienwohnung auf Borkum gebucht. Nach § 8 Absatz 2 Satz 1, 1. Halbsatz der maßgeblichen Niedersächsischen Corona-VO dürfen aber nur Personen, die ihren Wohnsitz in Niedersachsen haben, in Hotels, Ferienwohnungen und -häusern, Campingplätzen und ähnlichen Einrichtungen übernachten.
 

Antragsteller: „Landeskinderregelung“ in Niedersachsen ist eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung

Die streitgegenständliche Infektionsschutzmaßnahme – auch „Landeskinderregelung“ genannt – hält der Antragsteller für eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, da sie in seinen Augen nicht notwendig ist.

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OVG Lüneburg: Verbot der Beherbergung von auswärtigen Touristen hat nur geringen Nutzen

Die obersten Verwaltungsrichter des Landes Niedersachsen – in diesem Fall der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG Lüneburg) – teilte die Auffassung des Antragstellers. Demnach ist das grundsätzliche touristische Beherbergungsverbot gegenüber Personen ohne Wohnsitz in Niedersachsen keine notwendige Schutzmaßnahme mehr. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:

Das bloße Verbot der Beherbergung von auswärtigen Besuchern trägt nur wenig zur Eindämmung der Pandemie bei, weil Tagestouristen trotzdem nach Niedersachsen kommen könnten – und zwar ohne Testpflicht. Zudem gelte das Verbot nicht für

  • Beherbergungen durch Private,
  • Beherbergungen zu nicht-touristischen Zwecken,
  • sowie nicht für die Nutzung von Immobilien, Wohnwagen, Wohnmobilen und ähnlichen Einrichtungen, die im Eigentum der Nutzungsberechtigten stehen oder dauerhaft angemietet wurden.
Aufgrund ihres beschränkten Nutzens hat der Senat hat auch erhebliche Zweifel daran, dass diese „Landeskinderregelung“ überhaupt erforderlich ist, was er wie folgt weiter ausgeführt hat:

  • Keine verlässlichen Daten: So liegen keine verlässlichen Daten darüber vor, wie viele Infektionen überhaupt auf Reisen innerhalb des Bundesgebiets zurückzuführen sind.
  • Weitere Beschränkungen sichern Einhaltung der Mindestabstände: Die Corona-VO beschränkt die Übernachtungskapazitäten bei Hotels, Campingplätzen und ähnlichen Einrichtungen schon auf 60 Prozent ihrer Kapazitäten. Weil zudem für Ferienwohnungen und -häuser eine Wiederbelegungssperre von einem Tag gilt, können dem Senat zufolge nur so viele Urlauber anreisen, dass die Mindestabstände gewahrt bleiben.
  • Corona-Tests als milderes Mittel: Als weitere Schutzmaßnahme bringt der Senat dann die zwingenden Corona-Tests ins Spiel – denn die Gäste müssen bei Beginn ihres Aufenthaltes zwingend negative Corona-Tests vorweisen und dem Vermieter oder Betreiber zusätzlich mindestens zwei Tests pro Woche vorlegen. Dies sieht der Senat als ein milderes Mittel an, das aber fast ebenso effektiv ist wie ein generelles Beherbergungsverbot.
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Nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung

Darüber hinaus sahen die Richter aus Lüneburg eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Personen mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in Niedersachsen und auswärtigen Personen. Demzufolge können Übernachtungen von Personen aus niedersächsischen Gebieten mit hoher Inzidenz und weite Anreisen innerhalb des Landes gefährlicher sein, als verbotene Übernachtungen von Personen aus Ländern mit geringerer Inzidenz.  

Unangemessenes Berufsverbot

Auch eine Abwägung des Senats zwischen den Interessen der Betreiber von Beherbergungsbetrieben mit den erwartungsgemäß geringen Auswirkungen auf die Verbreitung der Pandemie führte zu dem Ergebnis, dass die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen stehen, zumal das bisherige Beherbergungsverbot auch für Geimpfte und Genesene gelten sollte. 

Außervollzugsetzung allgemeinverbindlich

Die Außervollzusetzung hat allgemeinverbindlichen Charakter. Damit ist die betroffene Regelung in Niedersachsen zurzeit nicht zu beachten. Der Beschluss ist unanfechtbar.
 

Quelle: PM des OVG Lüneburg vom 18.05.2021 zum Beschluss vom selben Tag – 13 MN 260/21


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Im Wortlaut: § 8 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-VO 
1Übernachtungsangebote und Vermietungsangebote in Bezug auf eine Einrichtung oder Anlage nach Absatz 1 dürfen sich nur an Personen richten, die in Niedersachsen ihren Wohnsitz haben, es sei denn, die Übernachtungen oder Vermietungen dienen ausschließlich notwendigen Zwecken, wie zum Beispiel Dienst- oder Geschäftsreisen. 2Ausgenommen von der Beschränkung nach Satz 1 ist die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlichen Immobilienund von dauerhaft abgestellten Wohnwagen, Wohnmobilen und ähnlichen Einrichtungen ausschließlich durch die Nutzungsberechtigten.


(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht