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Das Bild zeigt das Modell eines Elektroautos mit austauschbarer Batterie für den Antrieb (Foto: Herr Loeffler / stock.adobe.com)
Unangemessene Benachteiligung durch AGB

BGH: ABG-Klausel zur Fernabschaltung einer Autobatterie durch Vermieter unwirksam

ESV-Redaktion Recht
03.11.2022
Weil Batterien für E-Autos teuer sind, bieten manche Hersteller an, die Energiespender über ihre Hausbank zu leasen oder zu mieten. Doch darf die Bank die Batterie nach einer Vertragskündigung über einen digitalen Fernzugriff abschalten? Einen solchen Fall hat der BGH aktuell entschieden.
In dem Streitfall verlangte der Kläger – ein Verbraucherschutzverein in Sachsen – von einer französischen Bank, die Verwendung einer AGB-Klausel zu unterlassen, die die Vermietung von Batterien für Elektrofahrzeuge betraf. Die beklagte Bank ist eine Tochter von Renault und vermietet Batterien für E-Fahrzeuge, die ihre Kunden bei ihr gekauft oder geleast haben. Nach den umstrittenen AGB darf die Bank als Vermieterin nach einer außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags die Auflademöglichkeit der Batterie über einen Fernzugriff sperren. Voraussetzung hierfür ist eine entsprechende Ankündigung gegenüber dem Mieter.
 
Die Verbraucherschützer sehen darin eine unangemessene Benachteiligung der Mieter und halten die Klausel daher für unwirksam. 

OLG Düsseldorf: Sperrung der Auflademöglichkeit ist verbotene Eigenmacht

Vor der Ausgangsinstanz – dem LG Düsseldorf – hatte die Beklagte Erfolg. Auch das OLG Düsseldorf schloss sich als Berufungsgericht dem Ergebnis der Vorinstanz an. Demnach ist die Möglichkeit, den Aufladevorgang zu sperren, eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Absatz 1 BGB (siehe unten). Für einen solchen Eingriff in die unmittelbare Sachherrschaft des Besitzers ist ein staatlicher Vollstreckungstitel erforderlich. Gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf zog die Beklagte mit einer Revision vor den BGH.
 
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BGH: Abschaltung der Batterie führt zur Entwertung eines höherwertigen Vermögensbestandteils des Mieters

Auch der BGH schloss sich im Ergebnis der Entscheidung der Berufungsinstanz an. Allerdings hat der XII. Zivilsenat des BGH sein Ergebnis anders begründet. Die tragenden Erwägungen des Senats: 

Unangemessene Benachteiligung des Mieters

Die fragliche Klausel ist eine einseitige Vertragsgestaltung. Mit dieser möchte die Beklagte ihre Interessen missbräuchlich auf Kosten der Mieter durchsetzen – und zwar ohne die Mieterinteressen angemessen zu berücksichtigen. Darin sieht der Senat jedenfalls dann eine unangemessene Benachteiligung des Mieters, wenn dieser an der Weiterbenutzung seines E-Fahrzeugs, das er gesondert erworben hat, gehindert wird oder der Mieter die Nutzung der Batterie nur über eine gerichtliche Geltendmachung erreichen kann. Hier die weiteren Überlegungen des Senats hierzu: 
 
  • Interessenlage: Dem grundsätzlich berechtigten Interesse des Vermieters, dass er die Nutzung des Mietobjekts mit einer wirksamen Beendigung des Mietvertrags unterbinden und damit dessen Verfall entgegenwirken kann, steht das Interesse des Mieters entgegen, sich die weitere Vertragserfüllung zu sichern. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn die Wirksamkeit der Kündigung umstritten ist. Würde sich der Mieter zum Beispiel auf eine Mietminderung oder ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln berufen, würde er riskieren, dass der Vermieter die Kündigung erklärt und das Mietobjekt per digitalem Fernzugriff sperrt.
  • Gesetzliche Risikoverteilung: Dementsprechend trägt der Vermieter bei Mietverträgen nach den gesetzlichen Vorgaben auch das Risiko der fortgesetzten Abnutzung des Mietobjekts nach Vertragsende. Hiergegen, so der Senat weiter, kann er sich aber durch eine Mietkaution absichern. Weiterhin wäre der Vermieter durch den Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB geschützt.
  • Mittelbarer Zugriff der Vermieterin auf das Fahrzeug: Die vorliegende Vertragsklausel schafft dem Vermieter aber nicht nur einen Zugriff auf die Batterie, sondern mittelbar auch auf das E-Fahrzeug. Und dieses wird für den Mieter aufgrund der  Batteriesperrung nutzlos. Zudem ist die Batterie herstellergebunden und mit dem E-Fahrzeug verknüpft. Darum kann der Mieter die gesperrte Batterie auch nicht durch ein anderes Fabrikat ersetzen.
  • Entwertung eines höherwertigen Vermögensbestandteils des Mieters: Mit dem E-Fahrzeug wird somit auch ein höherwertiger Vermögensbestandteil für den Mieter ihn unbrauchbar.
  • Verstoß gegen § 307 Absätze 1 und 2 BGB: Eine AGB-Klausel, die die Klagelast – unter den benannten Umständen und abweichend von der gesetzlichen Risikoverteilung – auf den Mieter abwälzt, verstößt gegen § 307 Absätze 1 und 2 BGB (siehe ebenfalls unten). Eine derartige Gestaltung lässt sich nach Ansicht des Senats auch nicht mit dem oben benannten Sicherungsinteresse des Vermieters rechtfertigen.

Keine Entscheidung über Frage der verbotenen Eigenmacht

Die Frage der vebotenen Eigenmacht, auf die das OLG Düsseldorf sein Ergebnis gestützt hatte, musste der VII. Zivilsenat des BGH aus seiner Sicht daher nicht mehr entscheiden.

Quelle: PM des BGH zum Urteil vom 26.10.2022 – XII ZR 89/21


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Im Wortlaut: § 858 BGB Absatz 1 – Verbotene Eigenmacht 
(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht). [...] 

§ 866 BGB Mitbesitz
 
Besitzen mehrere eine Sache gemeinschaftlich, so findet in ihrem Verhältnis zueinander ein Besitzschutz insoweit nicht statt, als es sich um die Grenzen des den einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt.
 
§ 307 Absätze 1 und 2 BGB – Inhaltskontrolle
 
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
 
(2)  Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
 
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
 
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

 
(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht