
BGH: IP-Adressen sind personenbezogene Daten
Bundesregierung: Speicherung notwendig, um Angriffe abzuwehren
Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Speicherung erforderlich, um den sicheren Betrieb der Webserver zu ermöglichen. Vor allem wolle man gegebenenfalls Angriffe abwehren und Angreifer identifizieren. Im Übrigen sei eine Identifizierung der Angreifer ohne Hilfe der Zugangsprovider nicht möglich, zumal die IP-Adressen dynamisch vergeben werden.Das Landgericht (LG) Berlin hatte Anfang 2013 als Berufungsinstanz die Speicherung nur für den Fall untersagt, dass der Website-Betreiber selbst von den IP-Adressen auf die Besucher schließen kann. Anschließend hatten beide Streitparteien Revision zum BGH eingelegt.
BGH leitet Vorlageverfahren zum EuGH ein
Wegen der europarechtlichen Bedeutung des Falles, schaltete der BGH den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die höchsten deutschen Zivilrichter baten den EuGH unter anderem um Klärung der Frage, ob IP-Adressen personenbezogene Daten im datenschutzrechtlichen Sinne sind.EuGH: Speicherung von IP-Adressen nur unter Interessenabwägung
- Der EuGH meinte hierzu, dass die Speicherung von IP-Adressen als personenbezogene Daten nur europarechtskonform sei, wenn die Speicherung die generelle Funktionsfähigkeit der Dienste gewährleistet. Hierzu gehöre es auch, Angriffe effektiv abzuwehren.
- Allerdings, so die Richter aus Luxemburg weiter, wäre im Weiteren noch eine Abwägung mit dem Interesse und den Grundrechten und -freiheiten der Nutzer notwendig.
BGH: Berufungsgericht muss neu verhandeln
Der VI. Zivilsenat des BGH schloss sich diesen Ausführungen an und stellte klar, dass auch er dynamische IP-Adressen von Webseiten-Besuchern für geschützte personenbezogene Daten hält.Allerdings, so der Karlsruher Richterspruch weiter, habe das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen zur Entscheidung des Falls getroffen. So habe der Senat nicht selbst abschließend entscheiden können, ob die Speicherung der IP-Adressen über das Ende einer Nutzung hinaus erforderlich ist, um die generelle Funktionsfähigkeit der in Anspruch genommenen Dienste zu gewährleisten.
Wie es weitergeht
- Das LG Berlin muss nun den Fall neu verhandeln.
- Dabei hat die Bundesregierung nun darzulegen, wie hoch die Gefahr bei den Diensten ist, die die Adressen speichern.
- Erst dann, so der BGH weiter, könne das Berufungsgericht zwischen dem Interesse der Beklagten an der Speicherung der Adressen und dem Interesse des Klägers abwägen. Hierbei wären auch Gesichtspunkte der Generalprävention und der Strafverfolgung zu berücksichtigen.
Privatsphäre im Zeitalter digitaler Vernetzung |
Das Buch Zukunft der informationellen Selbstbestimmung behandelt den Schutz der Privatsphäre im Zeitalter digitaler Vernetzung. Was können Staat und Recht leisten? Wo müssen die Bürger als Datensubjekte selbst agieren? Wie lassen sich Innovationen fördern und Daten zum Allgemeinwohl nutzen, ohne dass dabei die Grundrechte der Datensubjekte leiden? Diesen Fragen stellt sich die unabhängige Stiftung Datenschutz als Herausgeberin mit Band 1 der Schriftenreihe DatenDebatten, in dem es um die Zukunft der informationellen Selbstbestimmung geht. |
(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht