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BGH: Vermieter haften für Pflichtverstöße eines Winterdienstes wie für eigenes Verschulden – auch bei der Beauftragung durch die Eigentümergemeinschaft (Foto: luna / stock.adobe.com).
Räum- und Streupflicht im Winter

BGH stärkt Mieterrechte: Beauftragter Winterdienst ist Erfüllungsgehilfe der Vermieterin

ESV-Redaktion Recht
17.10.2025
Stürzt eine Mieterin auf einem vereisten Weg des Gemeinschaftseigentums, stellt sich die Frage: Wer trägt die Verantwortung? Der BGH hat dies jetzt für den Fall klargestellt, in dem eine Eigentümergemeinschaft, zu der auch die Vermieterin gehört, einen Winterdienst beauftragt hat.
In dem Streitfall war die Klägerin beim Verlassen des Hauses auf dem Weg, der zum Haus führt und der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört, gestürzt. Herbei verletzte sich die Klägerin so sehr, dass langwierige medizinische Folgebehandlungen notwendig waren.

Der Weg war nicht vom Eis befreit, obwohl die Wettervorhersagen Glatteis angekündigt hatten. Für Gehwege auf dem Grundstück übernahm eine GmbH im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft den Winterdienst. Später verklagte die Mieterin die Vermieterin vor dem AG Wetzlar auf ein angemessenes Schmerzensgeld.

Das AG hat der Klage bezüglich der Hauptforderung in Höhe 12.000 € stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 16. Februar 2023 – 35 C 158/21). Hiergegen wendete sich die Beklagte mit einer Berufung an das LG Limburg an der Lahn, das die gesamte Klage mit Urteil vom 6. Oktober 2023  (3 S 32/23) abwies. Nach Meinung des Berufungsgerichts soll eine Haftung der Vermieterin nur in Betracht kommen, wenn diese ihre Überwachungs- und Kontrollpflichten in Bezug auf den Winterdienst verletzt hat. Hierfür konnte das LG keine Anhaltspunkte erkennen. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zog die Klägerin mit einer Revision vor den BGH.

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BGH: Vertragliche Nebenansprüche der Klägerin bleiben samt Schutzniveau unangetastet 


Das Rechtsmittel hatte vor dem VIII. Zivilsenat des BGH zum Teil Erfolg. Der Senat hat die  Berufungsentscheidung aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die tragenden Erwägungen des Senats:

  • Keine rechtsdogmatische Grundlage für Herabsetzung des Schutzniveaus im Wohnraummietrecht: Die Berufungsinstanz hat nicht ausreichend gewürdigt, dass die Vermieterin aufgrund des Mietvertrags verpflichtet ist, die betreffenden Wege im Winter zu räumen und zu streuen. Diese vertragliche Nebenpflicht trifft die Vermieterin auch dann, wenn sie Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Die Auffassung der Berufungsinstanz führt zu einer ungerechtfertigten Herabsetzung des Schutzniveaus im Wohnraummietrecht, für die es auch keine rechtsdogmatische Grundlage gibt, so der Senat.
  • Kein Ausschluss vertraglicher Nebenansprüche: Nach den bisher getroffenen Feststellungen der Berufungsinstanz haben die Parteien im Streitfall auch keine Vereinbarung getroffen, die von der grundlegenden gesetzlichen Verteilung der Vertragspflichten abweicht. Dem Mietvertrag lässt sich auch nicht eindeutig entnehmen, dass die Räum- und Streupflichten auf die Klägerin übertragen worden wären und vertragliche Ansprüche der Klägerin insoweit ausgeschlossen sein könnten. 
  • Winterdienst als Erfüllungsgehilfe der Beklagten: Die Miteigentümergemeinschaft – der die beklagte Vermieterin angehört – hatte für das streitgegenständliche Grundstück einen externen Winterdienst eingesetzt. Dieser ist auch Erfüllungsgehilfe der Beklagten im Sinne von § 278 Abs. 1 Satz 1 BGB (siehe unten) – mit der Folge, dass die Beklagte für dessen Verschulden wie für eigenes Verschulden einzustehen hat. 

Was das Berufungsgericht nun prüfen muss


Die Berufungsinstanz muss nun klären, ob

  • der Winterdienst eine Pflichtverletzung begangen hat,
  • eine etwaige Verletzung der Vermieterin zuzurechnen ist,
  • dadurch ein Schaden entstanden ist
  • und ggf. ein Mitverschulden der Mieterin vorliegt.
Auch die Feststellungen der Ausgangsinstanz zu den genannten Punkten muss die Berufungsinstanz dabei bewerten.


Anmerkung der Redaktion


Zwar hatte das erstinstanzliche Gericht bereits entschieden, dass die Vermieterin haftet. Hierbei muss es auch die dafür notwendigen Tatsachen festgestellt haben. Das Berufungsgericht hat diese Feststellungen aber offenbar nicht übernommen oder nicht ausreichend gewürdigt. Dies muss es nun nachholen.

Quelle: PM des BGH vom 15.10.2025 zum Urteil vom 06.08.2025 – VIII ZR 250/23


juris Miet- und Wohnungseigentumsrecht


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1 Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. […]


(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht