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BGH: Der Wunsch, für die neue Hochzeitsfeier einen anderen Fotografen zu beauftragen, liegt nicht im Verantwortungsbereich der ursprünglichen Fotografin – ein Symbolbild (Foto: Евгений Вершинин / stock.adobe.com)
Corona und Störung der Geschäftsgrundlage

BGH zur Vergütung einer Fotografin bei coronabedingter Verschiebung der Hochzeitsfeier

ESV-Redaktion Recht
04.05.2023
Kann ein Brautpaar, das für seine Hoch­zeitsfeier eine Fo­to­gra­fin be­auf­tragt hat, seine An­zah­lung zurückverlangen, weil es die Feierlichkeiten aufgrund von Co­ro­na­­ verschoben hat und das Paar für den Folgetermin einen an­de­ren Fo­to­gra­fen einsetzen will, der am verschobenen Ter­min ver­hin­dert war? Einen solchen Fall hat der BGH kürzlich entschieden.
In dem Streitfall beauftragte ein Hochzeitspaar die Beklagte als Fotografin für ihre Feierlichkeiten im Sommer 2020. Die Vertragsparteien vereinbarten eine Vergütung von insgesamt 2.463,70 EUR mit einer Anzahlung von 1.231,70 EUR, die es auch entrichtet hatte.
 
Die Feier wurde allerdings coronabedingt um ein Jahr verschoben und die späteren Kläger teilten der Fotografin mit, dass sie für den neuen Termin einen anderen Fotografen beauftragen wollten, der an dem Sommertermin im Jahr 2020 Termin verhindert war.
 
Daraufhin regierte die Beklagte mit einer weiteren Honorarforderung 551,45 EUR. Diese lehnte das Brautpaar ab und verlangte nun die Rückzahlung der schon angezahlten 1.231,70 EUR. Zudem traten sie wegen einer „Störung der Geschäftsgrundlage“ von dem bezeichneten Vertrag zurück und kündigten diesen.
 
Da die Fotografin die Rückzahlung verweigerte, zog das Brautpaar erfolglos mit einer Zahlungsklage vor das AG Gießen, verbunden mit der Feststellung, dass es nicht verpflichtet sei, weitere 551,45 EUR an die Beklagte zu entrichten. Auch die Berufung vor dem LG Gießen hatte keinen Erfolg, sodass sich die Brautleute mit einer Revision an den BGH wendeten.

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BGH: Weder Störung der Geschäftsgrundlage noch Unmöglichkeit der Leistung gegeben

 
Doch auch vor dem VII. Zivilsenat des BGH erging es dem Klägerpaar nicht besser. Nach Auffassung des Senats hatte das Brautpaar keinen Anspruch auf Rückgewähr ihrer Anzahlung. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:
 
  • Leistungen der Fotografin nicht unmöglich: Das einschlägige Landesrecht hatte Hochzeiten und die Erbringung von fotografischen Dienstleistungen nicht verboten. Damit hätte die Beklagte ihre Leistungen erbringen können. Hieran ändern dem Senat zufolge auch die damals einzuhaltenden Mindestabstände von mindestens 1,5 Metern nichts.
  • Keine Störung der Geschäftsgrundlage: Auch aus den Aspekten der Störung der Geschäftsgrundlage oder der ergänzenden Vertragsauslegung folgt nach Auffassung des Senats kein Rücktrittsrecht der Kläger. Demnach ist die Verlegung der Hochzeit aufgrund von Corona kein Umstand, der die Kläger zum Rücktritt berechtigen würde. Vor allem liegt der Wunsch der Kläger – nach Absage des ursprünglichen Termins – einen anderen Fotografen einsetzen zu wollen, nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten. Daher kann dieser Wunsch unter redlichen Vertragspartnern auch nicht nach Treu und Glauben über eine ergänzende Vertragsauslegung berücksichtigt werden.
  • Rücktritt und Kündigung stehen Vergütungsanspruch nicht entgegen: Den „Rücktritt“ beziehungsweise die „Kündigung“ des Vertrags hatte die Vorinstanz zurecht als freie Kündigung des Vertrags im Sinne von § 648 Satz 1 BGB ausgelegt und daraus einen Vergütungsanspruch beklagten Fotografin in Höhe von 2.099 EUR hergeleitet. Somit ist dem Senat zufolge nicht nur ein Rückzahlungsanspruch der Kläger in Höhe von 1.231,70 Euro ausgeschlossen. Vielmehr ist auch die negative Feststellungsklage der Kläger, nach der diese der Beklagten keine weitere Vergütung von 551,45 Euro schulden würden, unbegründet.
Quelle: PM des BGH vom 27.04.2023 zum Urteil vom selben Tag – VII ZR 144/22


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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht