BSG: Keine Extras als Wahltarif
- Ein- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus,
- Zahnersatz, Zahnvorsorgeleistungen, kieferorthopädische Leistungen,
- Brillen und Zuzahlungen,
- oder für ergänzende Leistungen der häuslichen Krankenpflege.
Klägerin: Wahltarife greifen unzulässig in Berufsfreiheit ein
Hiergegen klagte die Continentale Krankenversicherung. Die Klägerin sieht sich durch die besonderen Tarife der Beklagten unzulässig in ihrer Freiheit zur Berufsausübung eingeschränkt.Keine Einigkeit bei Instanzgerichten
Die erste Instanz – das Sozialgericht (SG) Dortmund – wies die Klage ab. Die Berufungsinstanz, das Landessozialgericht (LSG) Essen, untersagte der AOK Rheinland/Hamburg das Angebot – mit Ausnahme der Tarife für Zahngesundheit und häusliche Krankenpflege. Der Grund: Für betreffenden offenen Wahltarife gebe es keine Ermächtigungsgrundlage. Damit mache die Beklagte AOK der Klägerin insoweit unzulässige Konkurrenz.Im Wortlaut: § 53 Absatz 4 SGB V – Wahltarife |
(…) (4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht. (…) |
Der kostenlose Newsletter Recht - Hier können Sie sich anmelden! |
Redaktionelle Nachrichten zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps. |
BSG: Alle Wahltarife unzulässig
Klagebefugnis bejaht: Regelungen zu Gestaltungsleistungen für gKV drittschützendFraglich war zunächst, ob die Continentale Krankenversicherung überhaupt klagebefugt war. Dies bejahte der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG). Danach kann sich die Klägerin auf einen allgemeinen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch berufen, denn die Regelungen über Gestaltungsleistungen für gesetzliche Krankenversicherungen in Form von Wahltarifen kraft Satzung haben für Private Krankenversicherungen drittschützenden Charakter. Die weiteren Überlegungen des Senats:
- Schutz vor unzulässigem Marktzutritt: Die Möglichkeit der gesetzlichen Krankenkassen, selektiv und abschließend zusätzliche freiwillige Leistungen in ihren Satzungen vorzusehen, schützt dem Senat zufolge gleichzeitig die privaten Versicherungen vor nicht autorisierten Marktzutritten.
- Keine Ausdehnung des Leistungskataloges: Der Gesetzgeber habe ausschließlich Wahltarife mit höherer Kostenerstattung entsprechend der GOÄ einführen wollen. Eine Ausdehnung des Leistungskatalogs sei damit nicht verbunden, so der Senat weiter.
- Wahltarife nur für komplette Leistungsbereiche zulässig: Zulässig sind Wahltarife daher nur für komplette Leistungsbereiche, zum Beispiel für die Zahnbehandlung oder die stationäre Krankenhausbehandlung. Ausgewählte Einzelleistungen, wie Zahnersatz oder Einzelzimmer in Krankenhaus blieben den privaten Versicherern vorbehalten.
Quelle: PM des BSG vom 30.7.2019 zum Urteil vom selben Tag – B 1 KR 34/18 R
WzS Wege zur SozialversicherungWegweisend
Testen Sie WzS kostenlos und unverbindlich. |
|
Zum Verlagsprogramm | Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht |
(ESV/bp)
Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung