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Gibt Denkanstöße auch in unsicheren Zeiten: Prof. Dr. Thomas Deelmann. (Foto: privat und Coloures-Pic/stock.adobe.com)
Kolumne 6.2020

Deelmanns Denkanstoß: Das zweite Beratungshalbjahr: Noch grau, aber aufhellend

Prof. Dr. Thomas Deelmann
15.06.2020
Professor Thomas Deelmann berichtet in seiner Kolumne regelmäßig aus und über die Welt der Berater.
Die im Rahmen der Corona-Krise eingeführten Einschränkungen im privaten und wirtschaftlichen Leben werden teilweise gelockert und aufgehoben. Dies wird auf die Gesamtwirtschaft und auch auf die Beratungsbranche Auswirkungen haben. Einige Daten zur aktuellen Entwicklung und zu den Erwartungen für die nächsten Wochen beziehungsweise für das Gesamtjahr habe ich zusammengetragen, um einen groben Ausblick auf das zweite Halbjahr zu wagen.

Geschäftsklima: Blick wieder etwas positiver

Das zweite Quartal 2020 geht zu Ende und die Wirtschaftsforschungsinstitute kommunizieren ihre Einschätzungen zur aktuellen Lage und zur erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung. Das ifo-Institut beispielsweise ermittelt monatlich den Geschäftsklimaindex. Für den Dienstleistungsbereich ist er jüngst auf -21,0 angestiegen (05/2020). Das ist wahrlich kein guter Wert, aber eine Verbesserung gegenüber den -34,2 Indexpunkten aus dem Vormonat.

Das ZEW (Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) liefert seine Konjunktureinschätzungen zwar „nur“ quartalsweise, dafür geht es aber konkreter auf einzelne Dienstleistungsbereiche ein. Der Sektor „PR-/Unternehmensberatung“ (die PR-Beratung macht nur einen kleinen Teil aus) zeigt im jüngsten Branchenreport aus dem Mai bei der Beurteilung der Umsatzsituation im Q1 einen Saldo von nur 12,7. Dieser Saldo ergibt sich aus den 30,4 Prozent der Befragten, die für das Q1 einen Umsatzanstieg angegeben haben, und den 17,7 Prozent, die einen Umsatzrückgang notiert haben. Für das zweite Quartal erwarteten 21,1 Prozent einen Umsatzanstieg und 23,3 Prozent einen Rückgang. Das wiederum führt zu einem Saldo von -1,2. Die Talsohle scheint also noch nicht erreicht.

Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. ermittelt regelmäßig das Geschäftsklima für die Consultingbranche und hat ebenfalls seine Ergebnisse für das zweite Quartal veröffentlicht. Erfreulicherweise ist das Klima von 70,4 im ersten Quartal auf 75,7 Punkte im zweiten Quartal 2020 angestiegen. Grundsätzlich ist das ein gutes Zeichen, allerdings liegt die aktuelle Verbesserung noch deutlich unter den Daten der vergangenen Dekade. Von Ende 2009 bis 2019 lag der Indexwert immer zwischen 96,5 und 112,7 Punkten. Da ist also noch „Luft nach oben“ und die Potenziallücke ist groß!

Konjunktur: Erwartungen leicht verschlechtert

Vor ungefähr einem Vierteljahr habe ich an dieser Stelle verschiedene Prognosen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland für 2020 wiedergegeben. Mittlerweile wurden fast alle Voraussagen turnusmäßig überarbeitet und neue Entwicklungen berücksichtigt. Das BMWi sprach im Rahmen seiner Jahresprojektion im Januar noch von einem Wachstum von 1,1 Prozent und im März von einem Stopp des leichten Aufwärtstrends. In der Zwischenzeit hat das Ministerium in der Frühjahrsprojektion seine Prognose für 2020 auf eine BIP-Entwicklung von -6,3 Prozent angepasst. Der Arbeitskreis Steuerschätzung aus dem Nachbarressort BMF geht in seiner 157. Sitzung vom Mai 2020 von einer BIP-Entwicklung von -4,7 Prozent für das Gesamtjahr 2020 aus.

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat im März ein V-Szenario mit einer BIP-Entwicklung von -4,5 Prozent und ein U-Szenario mit -9 Prozent präsentiert. Am 19. Mai wurden die Szenarien kombiniert und die Erwartung auf -7,1 Prozent konkretisiert. Für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (die „Wirtschaftsweisen“) spricht ihr Vorsitzender Lars Feld von einem erwarteten Rückgang des BIP, der zwischen 6 und 7 Prozent liegen wird, und korrigiert die Prognose des Gremiums damit nach unten. Die Konjunkturforscher scheinen also durchweg aktuell etwas skeptischer zu sein als noch im ersten Quartal und passen ihre Prognosen nach unten an.

Marktprognosen: Erwartungswerte nähern sich an

Für den deutschen Beratungsmarkt ist noch im März eine sehr große Spannbreite von Erwartungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise zu beobachten gewesen (siehe nochmal hier für meinen März-Denkanstoß oder hier für eine grafische Aufbereitung). Das Marktforschungsunternehmen Source Global Research hat Ende März und Anfang April einen Rückgang des Marktvolumens von 28 Prozent vorausgesehen. Dieser Wert hat sich zwischenzeitlich auf -18 Prozent verbessert. Der BDU hat seine erste Marktprognose inklusive Corona-Effekt mit einem leichten Wachstum von 1,7 Prozent abgegeben, dann Ende April von -10 Prozent (oder schlechter) gesprochen und sieht zwischenzeitlich wieder eine „schwarze Null“.

Geschätzter Rückgang des Beratungsmarktvolumens bei ca. 4,2 Prozent

Selber habe ich im März die langjährige relative Performanz des Beratungsmarktes in Krisenzeiten (circa 2,3 Prozentpunkte besser als die gesamtwirtschaftliche Entwicklung) mit den BIP-Prognosen (-6 Prozent) gekoppelt. Dies würde auf einen Rückgang des Beratungsmarktes um 3,7 Prozent hinauslaufen. Mit Blick auf die jüngsten BIP-Schätzungen der Konjunkturexperten kann diese Vorgehensweise wiederholt und die Rechnung angepasst werden. Hierbei wird dann ein Rückgang von 6,5 Prozent angenommen. Dieser Wert liegt im Korridor der Wirtschaftsweisen, wird vom BMWi gestützt, ist etwas besser als die IfW-Entwicklung, jedoch schlechter als die Annahmen der Steuerschätzer. Der Rückgang des Beratungsmarktvolumens 2020 gegenüber dem Vorjahr würde dann durch die Anpassung und mit Hilfe des Performanzfaktors bei 4,2 Prozent liegen beziehungsweise eine Entwicklung des Marktvolumens von 35,7 Mrd. Euro in 2019 auf 34,2 Mrd. Euro in 2020 bedeuten.

Festzuhalten bleibt, dass dieser Wert weiterhin über dem Marktvolumen von 2018 (33,8 Mrd. Euro) liegen würde. Selbstredend ist zu ergänzen, dass diese Kalkulation spekulativ ist und keine Aussagen über die Beeinträchtigung einzelner Berater, Kundenbranchen oder Beratungsfelder trifft. Eine Orientierungsfunktion scheint aber weiterhin gegeben. Weiterhin ist aktuell zu erwarten, dass der Markt in 2021 wieder sichtbar wächst. Nach dem aktuell eher grauen Ausblick ist dies eine aufhellende Prognose.

Bitte denken Sie mit: Wie haben sich (Ihre) Auftragslage und (Ihr) Backlog in den letzten Wochen entwickelt? Wie wird sich die wirtschaftliche Lage der Branche in den kommenden Monaten entwickeln?

Fragen, Anmerkungen und Anregungen sind gerne gesehen! Bitte schreiben Sie an Redaktion.Consultingbay@esvmedien.de oder auf Twitter: @Ueber_Beratung

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Programmbereich: Management und Wirtschaft