
Die entscheidende Sekunde: Kammergericht zum qualifizierten Rotlichtverstoß
KG: Lückenhafte Beweiswürdigung der Ausgangsinstanz
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Reaktionszeitverzögerung: Allein die Reaktionszeitverzögerung würde bei einer Zeitmessung mit Stoppuhr nach gefestigter Rechtsprechung schon 0,3 Sekunden betragen.
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Gangungenauigkeit der Stoppuhr: Zudem, so der Senat weiter, sei eine etwaige Gangungenauigkeit – die sogenannte Verkehrsfehlergrenze – auszugleichen. Dieser Ausgleich bestimme sich nach § 22 Absatz 2 Satz 2 MessEV in Verbindung mit § 46 Absatz 1 Nr 3 MessEG und der Nr. 12.10 der „Regeln und Erkenntnisse des Regelermittlungsausschusses“ (Stand 27.10.2016), sowie in Verbindung mit § 33 Absatz 4 der Eichordnung in der 31.12.2014 geltenden Fassung mit der zugehörigen Anlage 19 („Zeitzähler – Stoppuhren“).
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Gangungenauigkeit
Das AG, so das OLG weiter, hätte also den kleinsten Skalenwert oder den kleinsten Ziffernschritt der verwendeten Stoppuhr ermitteln müssen. Im Weiteren stützte der Senat seine Entscheidung auf folgende weitere Gedankenspiele:
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Skalenwert 0,01 Sekunden: Wäre der benannte Ziffernschritt eingeteilt in 0,01 Sekunden, würde sich die Fehlergrenze bei der gemessenen Zeit von 1,5 Sekunden auf genau 0,01075 Sekunden belaufen. Nach den genannten Regeln bemisst sich die Verkehrsfehlergrenze nach dem Doppelten der Eichfehlergrenze – also nach dem kleinsten Skalenwert/Ziffernschritt zuzüglich 0,5 Promille der gemessenen Zeit. Bei einem beispielhaft gedachten Ziffernschritt von 0,01 wären dies 0,0215 Sekunden.
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Skalenwert 0,1 Sekunden: Würde sich der kleinste Skalenwert allerdings auf 0,1 belaufen, so würde sich eine Fehlergrenze 0,2015 Sekunden errechnen. Bildet man hieraus die Summe mit dem Wert für die mögliche Reaktionsverzögerung von 0,3 Sekunden, beliefe sich die Fehlergrenze auf insgesamt 0,5015 Sekunden.
Zwar sei bei einer geeichten Stoppuhr ein Skalenwert von 0,1 nicht wahrscheinlich, aber auch nicht auch nicht auszuschließen so das KG weiter. Dann aber läge kein „qualifizierter“ Rotlichtverstoß mehr vor.
Was das Amtsgericht nun prüfen muss
Quelle: Beschluss des KG Berlin vom 28.03.2018 AZ: 3 Ws (B) 91/18
Die vollständigen Entscheidungsgründe |
Lesen Sie demnächst die vollständigen Begründung KG in vrsdigital.de oder in VRS Band auf Seite 141 in Band 133/17 |
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(ESV/bp)
Programmbereich: Verkehrsrecht, -wirtschaft, -technik