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Dr. Martin Krause im Interview zu den Änderungen des KAGB (Foto: privat)
Nachgefragt bei: Dr. Martin Krause (Rechtsanwalt und Steuerberater)

„Die nach dem OGAW-V-UmsG möglichen Kreditfonds eröffnen neue Chancen“

ESV-Redaktion Recht
27.04.2016
Was hat sich durch die OGAW-V-Reform geändert? Darüber gab der Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Martin Krause Auskunft im Interview mit der ESV-Redaktion.


Neue Chancen für Anlager - Diesen Schluss zieht Dr. Martin Krause aus der OGAW-V-Reform. Die Änderungen unterwerfen Organismen für gemeinsame Anlagen (OGAWs) seit dem 18.03.2016 neuen Regeln. Im Juli 2014 hatte die Europäische Union für Investmentfonds, die in gesetzlich definierte Arten von Wertpapieren und weitere Finanzapparate investieren, die OGAW-V-Richtlinie (RL 2014/91/EU) erlassen. Diese hat der deutsche Gesetzgeber mit dem OGAW-V-UmsG umgesetzt. Dabei wurden viele Regelungen des KAGB geändert.  Intention der Richtlinie ist es, u.a. die Bestimmungen über die Aufgaben und die Haftung der Verwahrstellen, die Vergütungspolitik und die Sanktionen zu vereinheitlichen. Dabei sollen weiterhin die Marktintegrität und Anlegersicherheit gewährleistet bleiben. 

Herr Dr. Krause, das KAGB wurde in vielen Punkten geändert. Zieht der Gesetzgeber damit Konsequenzen aus der Finanzkrise?

Martin Krause: Die EU-Richtlinie, welche das deutsche Gesetz umzusetzen hatte, versteht sich in der Tat – auch – als Reaktion auf die Finanzkrise. Ob allerdings eine immer engmaschigere Regulierung tatsächlich zu Verbesserungen für Anleger führt, wird die Zukunft erst noch erweisen müssen. Festzuhalten bleibt, die OGAWs sind während der Krise unauffällig gewesen.

Was ändert sich grundsätzlich für Kapitalverwaltungsgesellschaften nach OGAW-V?

Martin Krause: Fundamentale Änderungen ergeben sich nicht. Neu ist die Möglichkeit der Auflage von Kreditfonds. Neuerungen gibt es bei der Regelung der Vergütungspolitik, wobei vieles schon antizipiert sein dürfte

Sehen Sie weiteren Reformbedarf nach OGAW-V?

Martin Krause: Nach der Reform ist vor der Reform. Bereits 2012 hat die Kommission ein Konsultationspapier und eine Roadmap für die weitere Agenda für OGAW-VI vorgezeichnet, wo es um Geldmarktfonds, Liquiditätsmanagement und die Schattenbankendiskussion ebenso wie um fortgeschrittene Managementtechniken wie Wertpapierleihe, Pensionsgeschäfte und Derivate gehen soll. Ein weiteres Thema ist die Frage, ob der EU-Pass auf Verwahrstellen ausgedehnt wird.

Die OGAW-V-Reform hat die neue Produktklasse der Kreditfonds in das Gesetz aufgenommen. Welche Möglichkeiten eröffnen sich durch diesen gesetzgeberischen Schritt v.a. für geschlossene Spezial-AIF? Gibt es steuerliche Besonderheiten bei diesen Fonds zu beachten?

Martin Krause: Finanzierungskonzeptionen befinden sich heutzutage in einer Umbruchphase. Insbesondere bei langfristigen Finanzierungsprojekten können Investmentvermögen hier Partner und Ergänzung der Banken sein, indem sie – anders als die Bank – mit einem hohen Eigenkapitalanteil Projekte finanzieren. Für langfristig orientierte Fondsanleger ergibt sich hier eine neue attraktive Renditemöglichkeit. Allerdings werden vor allem steuerbefreite Fondsanleger, wie z.B. Pensionskassen, aufmerksam verfolgen, ob die Finanzverwaltung bei einem Kreditfonds in Gestalt einer Investment-Kommanditgesellschaft Gewerbesteuer erheben wird.

Wie beurteilen Sie das Entfallen der vertraglichen Haftungsbefreiung oder –beschränkung für OGAW-Verwahrstellen?

Martin Krause: Die Haftungsverschärfung für Verwahrstellen ist eines der Kernelemente von OGAW-V. Die BaFin hatte im Verwahrstellenrundschreiben deshalb bereits dessen Überarbeitung angekündigt, was nunmehr erfolgen dürfte. Flankiert wird diese Entwicklung durch die Delegierte Verordnung (EU) 2016/438 in Bezug auf die Pflichten der Verwahrstellen. Die Anforderungen an Verwahrstellen erhöhen sich kontinuierlich, was sich letzten Endes im Preis widerspiegeln wird. Den vermeintlichen Zugewinn an Sicherheit wird der Anleger mit Renditeminderung bezahlen müssen.

Der Gesetzgeber hat die Bußgeldvorschriften des § 340 KAGB neu gefasst. Er hat zum Beispiel neue Ordnungswidrigkeiten eingeführt. Auch Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften werden verstärkt geahndet. Welche Auswirkungen kann dies auf die zivilrechtliche Haftung haben ?

Martin Krause: In der Tat sind aufsichtsrechtliche Vorschriften danach zu differenzieren, ob sie lediglich eine allgemeine Ordnungsfunktion haben oder auch und gerade den einzelnen Anleger schützen sollen. Wer etwa Investmentgeschäfte ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin betreibt und Anlegern einen Schaden zufügt, muss allein wegen dieses Verstoßes mit Schadensersatzforderungen rechnen – selbst wenn sein Investmentverhalten korrekt gewesen sein sollte und der Schaden für ihn unvorhersehbar war. Hintergrund hierfür ist, dass die Erlaubnispflicht für Investmentgeschäfte nicht nur einen allgemein ordnungspolitischen, sondern konkret anlegerschützenden Charakter hat.

Wie ist das genau zu verstehen?

Martin Krause: Ob ein anlegerschützender Charakter im Einzelfall vorliegt, muss für jede Norm im Wege einer Einzelwürdigung ermittelt werden. Die Frage der Sanktionierung einer Norm durch eine Geldbuße spielt dabei keine Rolle und stellt dementsprechend kein Indiz dar.

Was ändert sich mit der Neuregelung für Fondsgesellschaften und deren Risikobewertung?

Martin Krause: Die Bewertung und Steuerung von Risiken wird in Zeiten wachsender Unsicherheit und immer höheren Volatilitäten an den Märkten zu einem immer wesentlicheren Erfolgsfaktor. Die Professionalität der Kapitalverwaltungsgesellschaften kann dem Anleger im Vergleich zur Eigenanlage hier einen erheblich besseren Schutz bieten.

Welche Bedeutung haben die §§ 261 bis 263 KAGB für die Bemessungsgrundlage bei geschlossenen Publikums-AIF?

Martin Krause: Diese Normen regeln das Investmentuniversum und die Hebelung geschlossener Publikums-Investmentvermögen. Der Gesetzgeber musste hier die renditesteigernde Anlageliberalität gegen substanzschützende Investmentrestriktionen austarieren.

Wo wird das besonders deutlich?

Martin Krause: Besonders augenfällig wird dies bei der Hebelung. Kann ein profitables Geschäft durch den Einsatz von Fremdkapital im Umfang erhöht werden, so steigt die Fondsperformance überdurchschnittlich. Erweist sich das Geschäft allerdings als unprofitabel, verliert das Investmentvermögen überproportional an Wert. Der vom Gesetzgeber gewählte Mittelweg zwischen Liberalität und Schutz erscheint angemessen.

Mit welchen konkreten Auswirkungen müssen Anleger rechnen?

Martin Krause: Wenn Anleger noch effektive Stücke haben, sollten sie diese bis Jahresende in die Sammelverwahrung geben, um deren Kraftlosigkeit zu vermeiden. Von diesem Sonderfall abgesehen, liegt eine konkrete Betroffenheit der Anleger nicht vor. Die Auswirkungen werden eher mittelbarer Natur sein. Eine Erhöhung der Regulierungsdichte geht mit Renditeschmälerungen einher.

Wie bewerten Sie die Reform abschließend?

Martin Krause: Der Gesetzgeber hatte OGAW-V umsetzen, wobei sein Spielraum einigermaßen begrenzt war. Als positiv zu bewerten ist indes, dass der Gesetzgeber die Gelegenheit genutzt hat, im Bereich Alternativer Investmentfonds (AIFs) Modernisierungen vorzunehmen und insbesondere Kreditfonds zuzulassen – das ist sehr im Sinne der Anleger.


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Zur Person
Dr. Martin Krause ist Rechtsanwalt, Dipl.-Kfm., Steuerberater und Partner der Norton Rose Fulbright LLP. Er hat sich auf offene und geschlossene Fonds einschließlich Alternative Investments sowie auf regulatorische Fragen von Marktteilnehmern auf der Buy-Side und der Sell-Side spezialisiert. Martin Krause berät u.a. internationale Investmentbanken, Asset Manager und Kapitalverwaltungsgesellschaften sowie Versicherer (Solvency II) und andere institutionelle Anleger. 


(ESV/bp)

Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht