Fremdevaluierung von Aufsichtsräten?
Die Mitglieder der Financial Experts Association haben sich in einer aktuellen Befragung mit klarer Mehrheit dafür ausgesprochen, den Nominierungsprozess für Aufsichtsräte zu standardisieren und zu professionalisieren.
77 Prozent der Befragten votierten für klare Vorgaben (vgl. FEA-Meldung vom 06. Dezember 2012). Ferner wurde die Meinung vertreten, dass Bank-Aufsichtsräte strenger reguliert werden sollten als andere Aufsichtsräte, umgekehrt sollten die Anforderungen in nicht börsennotierten Familienunternehmen eher niedriger angesetzt werden.
Der 2008 gegründete Berufsverband „FEA – Financial Experts Association e.V.“ entwickelt derzeit mit dem Deutschen Institut für Normung (DIN) einen Praxisleitfaden für die Arbeit in Aufsichtsräten und -gremien, in dem auch der Nominierungsprozess spezifiziert werden soll. Der Standard soll im Frühjahr 2013 in deutscher und englischer Sprache vorgestellt werden. Nur 18 Prozent halten die in der EU-Kommission diskutierte Fremdevaluierung von Aufsichtsräten alle drei oder fünf Jahre für überflüssig. 44 Prozent votieren für eine freiwillige Fremdevaluierung, 38 Prozent für eine Verpflichtung. Prof. Dr. Nick Gehrke, der mit mehreren Teams den Praxisleitfaden entwickelt, sieht die Fremdevaluierung als eine hervorragende Chance, die Qualität und Effizienz in der Aufsichtsratsarbeit zu sichern.
71 Prozent der Befragten waren dafür, Aufsichtsräte von Banken stärker zu regulieren als andere Aufsichtsräte. Dieser Forderung trägt ein am 22. August 2012 von der Bundesregierung verabschiedeter Gesetzentwurf, der noch vor dem 1. Januar 2013 in Kraft treten soll, bereits Rechnung. Das Kreditwesengesetz soll Aufsichtsräte von Kreditinstituten künftig verpflichten, jeweils einen Nominierungs-, Prüfungs-, Risiko- und Vergütungskontrollausschuss einzurichten. Dabei soll der Nominierungsausschuss nicht nur die Nachfolgeplanung übernehmen, sondern auch Struktur, Größe, Zusammensetzung und Leistung von Vorstand und Aufsichtsrat überprüfen – auch die Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitglieder.
Eine knappe Mehrheit von 56 Prozent war dagegen der Auffassung, dass Aufsichtsräte von nicht börsennotierten Familienunternehmen weniger streng reguliert werden sollten als börsennotierte Unternehmen. Gefordert wird ferner insbesondere eine stärkere Berücksichtigung des „Think-Small-First“-Gedankens in der Abschlussprüfung – in der Konsequenz bedeutet das an die Größe des zu prüfenden Unternehmens angepasste Prüfungsstandards und mithin -umfänge (sofern das kleine bzw. mittelständische Unternehmen nicht der PIE-Kategorie zuzuordnen ist). Der Mittelstand darf also auf Entlastungen hoffen.
Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern