Fremdsprachunterricht braucht innovative Lehrmethoden
Lesen Sie dazu einen Ausschnitt aus dem Themenheft Berufsorientiertes Deutsch von Christina Kuhn und Anne Sass (Heft 59 unserer Zeitschrift Fremdsprache Deutsch).
Veränderungen der Arbeitswelt
Politische Entscheidungen, wie z. B. Freihandelsabkommen oder die Freizügigkeit der Beschäftigten in der EU, fördern den internationalen Austausch von Gütern und Dienstleistungen, und die digitalen Medien erweitern die Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten. Beides trägt zur Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit über nationale und sprachliche Grenzen hinweg bei.Zudem gewinnen flexible und mobile Arbeitsformen wie Tele-, Team- oder Projektarbeit wachsende Bedeutung. Die zeitlich befristete Arbeit in international zusammengesetzten Projektteams gehört heute ebenso zu vielen Arbeitsbiografien wie der oftmals (Sprach-)Grenzen überschreitende Wechsel von Stellen, Unternehmen, Arbeitsbereichen oder Berufen. Auch die Produktion von Gütern findet oft regional arbeitsteilig statt.
[…] Bedingt durch die Vielzahl der Themen, Textsorten und Medien, über die und mit denen kommuniziert wird, lassen sich Kommunikationsflüsse in den Unternehmen heute kaum noch in speziellen Exportabteilungen mit entsprechenden fremdsprachlichen Kompetenzen konzentrieren. Fremdsprachliche Kommunikationsprozesse können in allen Unternehmensbereichen (Einkauf, Marketing, Vertrieb usw.) und auf allen Hierarchieebenen in Unternehmen stattfinden – quasi vom Management bis zum Empfangspersonal.
Deutschdidaktik Grundschule | 04.09.2018 |
Neue Herausforderungen für den Deutschunterricht der Grundschule | |
Derzeit werden in allen Bundesländern händeringend Grundschullehrer und -lehrerinnen gesucht. Dabei sind die Lehrpersonen heute mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert als noch vor einigen Jahrzehnten. Die gesellschaftlichen Veränderungen spiegeln sich in der Schule und müssen von Lehrkräften reflektiert werden. mehr … |
Studien belegen, dass die Bedeutung des Fremdsprachenlernens für den beruflichen Bereich zugenommen hat. Während im Jahr 2000 nur jeder fünfte Erwerbstätige in Deutschland (21 Prozent) eine Fremdsprache am Arbeitsplatz benötigte, ergab eine Befragung 2012, dass bereits 57,5 Prozent zumindest Grundkenntnisse einer Fremdsprache brauchen [...]. Dabei reicht Englisch als wichtige und am häufigsten im Unternehmenskontext verwendete und vermittelte Sprache oftmals nicht aus. Im Zitat des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt „If I am selling to you, I speak your language. If I am buying, dann müssen Sie Deutsch sprechen“ wird deutlich: Englisch ist zwar Weltwirtschaftssprache, doch Verkaufsgespräche finden häufig in der Sprache der Kundinnen und Kunden statt. So ist es nicht verwunderlich, dass oftmals die weiteren Fremdsprachen, wie z. B. Deutsch, im Wettbewerb der Unternehmen einen Vorteil darstellen.
Erweiterung der kommunikativen Anforderungen
Neben dem quantitativen Anstieg haben sich auch die fremdsprachlichen Anforderungen u. a. durch die Arbeitsorganisation qualitativ verändert. Betriebliche Mitsprache, die Verantwortung für den eigenen Arbeitsbereich, (inter-)nationale Qualitätssicherungsverfahren und die Notwendigkeit, sich angesichts immer kürzerer Innovationszyklen regelmäßig auch in einer Fremdsprache weiterzubilden – all dies erhöht die Anforderungen an die rezeptiven und produktiven kommunikativen Kompetenzen in der Erst- und Fremdsprache. Beschäftigte müssen heute eine Vielzahl von Themen in unterschiedlichen mündlichen und schriftlichen Texten fremdsprachlich bewältigen.Neben Textsortenkompetenz ist dazu eine kompetente Mediennutzung erforderlich, um Informationen aus analogen wie digitalen Quellen zu sammeln, zu verarbeiten und weiterzugeben. Wie zu erkennen ist, lassen sich die Anforderungen nicht mehr mit dem traditionellen fachsprachlichen Ansatz beschreiben, der sich auf strukturelle Merkmale von Fachsprache (Fachlexik, Grammatik) und ein Repertoire weniger Fachtextsorten konzentriert. Vielmehr erweitert sich die Kommunikation in der Arbeitswelt ständig modal und medial, wenn also die Sinneswahrnehmungen (u. a. sehen, hören, fühlen) und damit die kommunikativen Fertigkeiten (lesen, hören, schreiben, sprechen) mit dem Einsatz von Medien neu kombiniert werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn Beschäftigte einem Vortrag mit PowerPoint-Präsentation folgen, auf eine Anzeige am Maschinendisplay mit einer Dateneingabe reagieren oder bei der technischen Wartung eines Autos Augmented-Reality-Anwendungen mittels Datenbrille nutzen.
Zudem setzen internationale Kooperationen interkulturelle Kompetenz voraus, also die Fähigkeit, mit Individuen und Gruppen anderer Kulturen angemessen interagieren zu können, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Für die Mehrzahl der Beschäftigten steigt somit der Sprachbedarf, das heißt die kommunikativen Anforderungen in unterschiedlichen berufs- oder arbeitsplatzbezogenen Kontexten, die es zu bewältigen gilt und auf die der berufsorientierte Fremdsprachenunterricht vorbereiten soll. Und indem immer mehr Menschen eine oder mehrere Fremdsprache(n) in der Arbeitswelt benötigen, erweitern sich auch die Zielgruppen und Lernziele des berufsorientierten Fremdsprachen bzw. Deutschunterrichts.
Fremdsprache Deutsch Heft 59 (2018): Berufsorientiertes Deutsch
Verantwortliche Heftherausgeberinnen: Dr. Christina Kuhn, Anne Sass |
(ESV/Pa)
Programmbereich: Deutsch als Fremdsprache