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Die Generalanwälte unterstützen den EuGH in Form von Rechtsgutachten (Foto: Gerichtshof der Europäischen Union und AllebaziB)
Verschuldensunabhängige Produkthaftung

Generalanwalt am EuGH zur Haftung einer Tageszeitung wegen falscher Gesundheitstipps

ESV-Redaktion Recht
19.04.2021
Wann haftet eine Tageszeitung unabhängig von ihrem Verschulden für fehlerhafte Gesundheitsempfehlungen? Über diese Frage besteht aktuell in Österreich Streit. Der Fall wird demnächst vor dem EuGH verhandelt und der Generalanwalt am EuGH, Gerard Hogan, stellte nun seine Schlussanträge.
In dem Streitfall hatte die österreichische Kronen-Zeitung einen Beitrag von „Kräuterpfarrer Benedikt“ veröffentlicht. Darin empfahl der Pfarrer, Rheumaschmerzen mit einer Auflage aus geriebenem Meerrettich zu lindern. Die Dauer der Auflage hatte die Zeitung allerdings falsch wiedergegeben. Laut Empfehlung in dem abgedruckten Beitrag sollte die Auflage zwei bis fünf Stunden dauern. Richtig wäre aber eine Dauer von zwei bis fünf Minuten gewesen. Eine Abonnentin befolgte die veröffentlichete Empfehlung wörtlich und erlitt durch die Senföle, die im Meerrettich enthalten sind, eine toxische Kontaktreaktion und verlangte Schadensersatz.

Der Fall erreichte schließlich den Obersten Gerichtshof in Österreich. Dieser legte den Fall dem EuGH vor und wollte klären lassen, ob in diesem Fall die verschuldensunabhängige Haftung nach der Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25.07.1985 greift.

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Generalanwalt: Gesundheitstipps keine fehlerhaften Produkte

Nach Auffassung des Generalanwalts, Gerard Hogan, ist eine Tageszeitung mit unrichtigen Gesundheitstipp kein „fehlerhaftes Produkt“ im Sinne der benannten Produkthaftungsrichtlinie. Die tragenden Gründe seiner Empfehlung:

  • Gesundheitsempfehlung ist geistiger Inhalt: Zunächst bemerkte Hogan, dass eine Zeitung als solche zwar ein körperliches Produkt ist. Hiervon abzugrenzen wären aber deren abgedruckte Beiträge als geistige Inhalte, wozu auch Gesundheitsempfehlungen gehören.
  • Geistiger Inhalt kein körperliches Produkt: Diese geistigen Inhalte haften aber dem körperlichen Produkt nicht unmittelbar an, wie zum Beispiel Heftklammern oder giftige Tinte.
  • Dienstleistungscharakter im Vordergrund: Vielmehr geht es Hogan zufolge merht um eine Dienstleistung und weniger um ein Produkt im klassischen Sinne, so Hogan weiter.
  • Richtlinie 85/346/EWG nur auf körperliche Merkmale anwendbar: Zwar ist die benannte Richtlinie grundsätzlich auch auf Tageszeitungen anwendbar – aber eben nur auf deren körperliche Merkmale und nicht auf deren geistige Inhalte. Damit liegt nach Hogans Auffassung kein „fehlerhaftes Produkt“ im Sinne der Produkthaftungsrichtlinie vor.
Die Generalanwälte unterstützen den EuGH in Form von Rechtsgutachten, die als Schlussanträge bezeichnet werden. Der EuGH ist an das Votum des Generalanwalts zwar nicht gebunden, in der Regel folgen die Luxemburger Richter aber den Schlussanträgen der Generalanwälte.

Quelle: PM des EuGH vom 15.04.2021 zu den Schlussanträgen des Generalanwalts im Verfahren C-65/20

Update

11.06.2021
EuGH schließt sich Votum des Generalanwalts an

Kann eine Tageszeitung für fehlerhafte Gesundheitsempfehlungen unter dem Gesichtspunkt der verschuldensunabhängigen EU-Produkthaftung in Anspruch genommen werden? Nachdem der Generalanwalt am EuGH, Gerard Hogan, diese Frage im April 2021 verneinte, hat sich nun die Erste Kammer des EuGH dem Votum des Generalanwalts angeschlossen. mehr …



Haftung hat Grenzen

Produzentenhaftung

Das Handbuch „Produzentenhaftung“ erörtert, was im Schadensfall rechtserheblich ist und verdeutlicht damit zugleich, wie Gefahrenpotenziale bereits im Vorfeld einzugrenzen sind. Ein wertvolles Nachschlagewerk für die tägliche Praxis.

Den heute oft globalen Handelsbeziehungen wird selbstverständlich Rechnung getragen, die rechtliche Situation vieler Länder ist umfassend und detailliert erläutert. Aktuell beispielsweise das Produkthaftungsrecht in Japan und die  Produkthaftpflicht der Niederlande

Guter Überblick - umfassend und praxisnah:

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