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In dem Fall vor dem KG in Berlin hatten einzelne Mitglieder einer Facebook-Gruppe Hassmeldungen und Morddrohungen gepostet (Bild: xyz+ / stock.adobe.com)
Persönlichkeitsrechte in sozialen Netzwerken

KG in Berlin: Anspruch auf Löschung ganzer Facebook-Gruppen nur in extremsten Fällen

ESV – Redaktion Recht
30.12.2025
Wie weit reicht der Schutz vor Hass und Bedrohungen in sozialen Medien? Darf ein Plattformbetreiber ganze Gruppen löschen, wenn einzelne Mitglieder Hassmeldungen und sogar Morddrohungen posten? Das Kammergericht (KG) in Berlin hat sich mit dieser Frage befasst und eine Grundsatzentscheidung zur Reichweite von Löschungsansprüchen in sozialen Netzwerken getroffen.
In dem Streitfall hatte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) von dem Social-Media-Pionier Facebook die Löschung zweier Gruppen verlangt. In den Gruppen setzten sich die Nutzer mit den Zielen und dem Auftreten der DUH auseinander.

Allerdings kam es wiederholt zu Schmäh-Beiträgen aus den Gruppen und sogar zu Mord- und Gewaltandrohungen gegen den Kläger. Nach seiner Auffassung reichen die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten – einzelne Beiträge zu melden oder gegen einzelne Nutzer vorzugehen – nicht aus.

Daher verlangte er von Facebook die Löschung beider Gruppen und zog vor das LG Berlin II.  Weil sein Anliegen dort keinen Erfolg hatte – Urteil vom 21.11.2023 - 27 O 97/229 – wendete er sich  mit einer Berufung an das KG in Berlin. Dort beantragte er erstmals auch die Verpflichtung der Beklagten, beide Gruppen zu überwachen.

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KG in Berlin: Rechtswidrige Beiträge von einzelnen Mitgliedern rechtfertigen noch keine Löschung der kompletten Gruppe


Der 10. Zivilsenat des KG hat die Entscheidung der Ausgangsinstanz bestätigt und stütze seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

  • Kein Löschungsanspruch aus Nutzungsvertrag oder Gemeinschaftsstandards: Der Senat betonte zunächst, dass die Gruppen selbst weder durch ihre Namen noch durch ihre Beschreibung oder durch ihre Titelbilder gegen die Standards von Facebook verstoßen. Jedenfalls rechtfertigen unrechtmäßige Beiträge einzelner Mitglieder noch keine Löschung der gesamten Gruppe – denn die Löschung würde unverhältnismäßig in die Rechte anderer Nutzer eingreifen, so der Senat weiter.
  • Kein Anspruch aus allgemeinem Persönlichkeitsrecht: Auch allein die bloße Möglichkeit, Gruppen zu bilden, verletzt den Kläger nicht. Insoweit führte der Senat aus, dass in den Gruppen ein sachbezogener Diskurs stattfindet. Verletzungen des Persönlichkeitsrechts würden jedoch erst durch einzelne Beiträge entstehen und nicht schon durch die Existenz der Nutzer-Gruppen.
  • Ausnahmen nur in Extremfällen: Die Grenzen wären dem Senat zufolge aber dann überschritten, wenn Gruppen allein den Zweck hätten, Rechte des Betroffenen zu verletzen oder wenn diese überwiegend rechtswidrige Inhalte aufweisen würden. An dieser Voraussetzung fehlte es jedoch nach Ansicht des Senats.
  • Rechtsschutz bleibt bestehen: Auch die Belastungen, die dadurch entstehen, dass der Kläger unmittelbar gegen die betreffenden Beiträge vorgeht, rechtfertigen nach Senatsansicht keine Löschung der gesamten Gruppe.
  • Hilfsantrag auf Überwachung unbeachtlich:  Zwar hatte der Kläger erstmals im Berufungsverfahren noch die dauerhafte Überwachung der betreffenden Gruppen verlangt. Hierüber war dem Senat zufolge aber aus prozessualen Gründen nicht zu entscheiden.
Die Entscheidung ist – Stand 23.12.2025 – noch nicht rechtskräftig.

Quelle: PM des KG in Berlin vom 23.12.2023 zum Urteil vom selben Tag – 10 U 190/23


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(ESV / Bernd Preiß)

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