LAG Düsseldorf: „Selbständige Arbeitsweise” kein Zeugnisbrauch bei internationaler Großkanzlei
Nachdem die Klägerin aus ihrem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, begehrte sie in ihrem Zeugnis unter anderem, dass ihr Arbeitszeugnis um das Merkmal „selbstständige Arbeitsweise“ ergänzt wird.
Die umstrittenen Textpassagen im Wortlaut (Auszug) |
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Zudem beantragte die Klägerin, die Beurteilung ihres Verhaltens so zu ergänzen, dass auch ihr Verhalten gegenüber ihren Vorgesetzten einwandfrei war.
Beklagte: Merkmal „selbstständig“ kein Zeugnisbrauch
Die beklagte Kanzlei bestritt allerdings nicht, dass die Klägerin selbstständig arbeiten würde. Vielmehr berief sie sich darauf, dass eine „selbstständige Arbeitsweise“ kein sogenannter „Zeugnisbrauch“ sei.Die Ausgangsinstanz, das Arbeitsgericht Düsseldorf, hatte der Klage mit Urteil vom 16.09.2016 - AZ: 14 Ca 1460/16 - stattgegeben. Darauf hin ging die Beklagte in die Berufung.
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LAG Düsseldorf: Zeugnisbrauch nur wenn Merkmale besonders gefragt sind
Das LAG Düsseldorf schloss sich hinsichtlich der Ergänzung um die selbstständige Arbeitsweise der Beklagten an. Danach ist es für einen Zeugnisbrauch notwendig, dass die ausdrückliche Bescheinigung bestimmter Merkmale in einem bestimmten Berufskreis üblich ist.Nur wenn diese Merkmale besonders gefragt sind, würde der allgemeine Brauch bestehen, diese im Zeugnis zu erwähnen. In diesem Fall, so das Gericht weiter, könne die Nichterwähnung als sogenanntes beredtes Schweigen ein erkennbarer Negativhinweis für den Zeugnisleser sein.
- Selbstständiges Arbeiten selbstverständlich? Zu ihrem Ergebnis kamen die Düsseldorfer Richter nach Beteiligung der Rechtsanwaltskammern Düsseldorf, Köln, und Hamm. Auf Ersuchen des Gerichts führten diese Umfragen zu dem behaupteten Zeugnisbrauch bei Rechtsanwaltskanzleien mit internationaler Ausrichtung durch. Danach bestand der von der Klägerin vorgetragene Zeugnisbrauch nicht. Es wäre selbstverständlich, dass die Klägerin als Assistentin auf Ebene eines Partners einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei selbstständig arbeiten würde, so das LAG nach den Umfragen. Eine derartige Arbeitsweise könne man von der Klägerin erwarten, so dass die Nichterwähnung beim Leser keine negative Assoziation erzeugen würde.
- Einwandfreies Verhalten gegenüber Vorgesetzten nicht selbstverständlich? In dem weiteren Punkt schloss sich das Düsseldorfer Gericht aber der Auffassung der Klägerin an. Hiermit, so das Gericht, würde der Arbeitgeber das Sozialverhalten eines Mitarbeiters bewerten. Würde diese Position ausgelassen, könne dies ein Negativhinweis für den Leser sein, führte das LAG hierzu aus.
Standpunkt - Ass. jur. Bernd Preiß, ESV-Redaktion Recht |
Das Urteil wirft Fragen auf:
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(ESV/bp)
Programmbereich: Arbeitsrecht