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Die Nichtberücksichtigung des klagenden Rentners war vereinbar mit der Generationengerechtigkeit, so das LAG Hamm (Foto: nmann77 / stock.adobe.com)
Entschädigung nach AGG

LAG Hamm zur Entschädigung nach AGG, wenn Bewerber die Regelaltersgrenze überschritten hat

ESV-Redaktion Recht
12.11.2024
Wird ein schwerbehinderter Bewerber, der die Regelaltersgrenze überschritten hat, diskriminiert, wenn der potenzielle öffentliche Arbeitgeber ihn nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und eine jüngere Mitbewerberin eingestellt hat? Zu dieser Frage hat sich das LAG Hamm in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil geäußert.
Die Parteien stritten um eine Entschädigung im Sinne von § 15 Absatz 2 AGG. Der 67-jährige Kläger meinte, in einem Bewerbungsverfahren wegen seiner schweren Behinderung und seines des Alters diskriminiert worden zu sein.
 
Die Beklagte – Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband – schrieb Anfang Februar 2023 eine Stelle als „Sachbearbeiter/in für die Verwaltung der A (m/w/d)“ in Vollzeit oder Teilzeit aus. Die Stelle sollte nach  Entgeltgruppe 6 TVöD mit einem Verdienst von monatlich 2.683,45 EUR brutto vergütet werden und auf 24 Monate mit etwaiger Verlängerung befristet sein. Bewerbungen von Schwerbehinderten sollten bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt werden.
 
Der Kläger, der die Regelaltersgrenze überschritten hatte, ist ausgebildeter Großhandelskaufmann und hatte sich am 06.02.2023 ohne Erfolg auf die Stelle beworben. Er sah in seiner Nichtberücksichtigung eine Diskriminierung. Dabei berief er sich unter anderem auf § 165 Satz 3 SGB IX und machte geltend, dass er für die Stelle nicht offensichtlich ungeeignet wäre. Deshab sei die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach der benannten Vorschrift dazu verpflichtet gewesen, ihn mindestens zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Weil dies unterblieben ist, müsse  eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermutet werden. Daher verlangte er von der Beklagten eine Entschädigung von 8.176,98 EUR. Nachdem seine Klage vor dem ArbG Bochum erfolglos blieb, zog er mit einer Berufung vor das LAG Hamm.

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LAG Hamm: Nichtberücksichtigung des Klägers vereinbar mit der Generationengerechtigkeit 

Die 6. Kammer des LAG Hamm folgte der Ansicht des Klägers nicht. Nach Auffassung der Kammer  musste  der Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden – und zwar unabhängig von seiner Behinderung. Die Kammer zufolge blieb der Kläger nicht wegen seiner Behinderung, sondern wegen seines Alters unberücksichtigt. Die Nichtberücksichtigung sah die Kammer aber mit Blick § 10 AGG als zulässig an. Die wesentlichen weiteren Erwägungen der Kammer im Überblick:
 
  • Legitimes Ziel der Beklagten: Der Kammer zufolge hatte sich die Beklagte zum Ziel gesetzt, eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen und jüngere Mitarbeiter zu fördern. Dieses Ziel sah die Kammer als legitim an.
  • Generationengerechtigkeit: Im Anschluss hieran bringt die Kammer die Konzeption der Altersgrenzenregelung ins Spiel, die auch der Generationengerechtigkeit dienen soll. Demnach hat der jüngere, gleich qualifizierte Bewerber Vorrang vor dem älteren Mitbewerber, wenn dieser die Regelaltersgrenze überschritten hat. In diesem Fall soll primär dem jüngeren Bewerber die Möglichkeit seiner weiteren beruflichen Entwicklung eingeräumt werden. Nur wenn ein solcher Bewerber nicht vorhanden ist, kann die Einstellung eines Bewerbers, der die Altersgrenze bereits überschritten hat, die Generationengerechtigkeit nicht beeinträchtigen.
Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und aufgrund einer anderslautenden Entscheidung des LAG Niedersachsen vom 01.08.2018 (17 Sa 1302/17) zugelassen.
 
Quelle: Urteil des LAG Hamm vom 06.08.2024 – 6 SLa 257/24


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(ESV/bp)


 

Programmbereich: Arbeitsrecht